Stahlhart
dich Erledigungen durchführt, ich mache das.«
»Jetzt schleimst du aber ganz schön rum. Das brauchst du doch gar nicht.«
»So sollst du das nicht auffassen.«
»Eigentlich sehe ich das auch nicht so, aber da kannst du mal sehen, wie schnell man in den falschen Verdacht des Arschkriechens kommt«, erklärte Rainer West.
»Ja, ja, ich habe es kapiert. Was machen wir nun?«
»Jens, ich hol erst einmal zwei Bier, dann setzen wir uns hin und analysieren. Kann ich dir etwas zu Essen anbieten? Ich habe Tomatensuppe da.«
»Nein danke, aber wenn du essen willst, lass dich nicht von mir davon abhalten.«
»Die Tomatensuppe ist selbst gemacht, nicht so ein chemischer Kram. Ich habe sie aus passierten Tomaten zubereitet. Allerdings stand nicht auf dem Etikett, was den Tomaten passiert ist.« Rainer grinste.
»Danke, lass man.«
»Okay, dann nicht, trinken wir erst mal ein Bier. Ich bin sehr froh und dankbar, dass du an Bord bist.«
Nachdem im Grunde auszuschließen war, dass private Gründe die Ursache für Brittas Verschwinden sein konnten, sprachen beide andere Möglichkeiten durch. Dabei war der Bankenungeheuer-Fall Dreh- und Angelpunkt.
»Inzwischen sind wir– und damit meine ich gleichfalls Polizei, Koschnick, ich und wahrscheinlich du selbst– der Meinung, dass die Angelegenheit irgendwas mit dir zu tun hat«, fasste Jens Goldstein zusammen.
»Kein Widerspruch«, kam von Rainer. »Weiter ist die Polizei der Meinung, bei den Schüssen auf dich sei der Täter gestört worden, sonst hätte er sein Werk vollendet. Dafür spricht, dass der Zeuge, dein Nachbar, den Täter hat weglaufen sehen. Er war wahrscheinlich durch den Zeugen aufgeschreckt worden. Wäre es da nicht logisch, wenn sich der oder die Täter Brittas bemächtigt haben, um besser an dich ranzukommen?«
»Aus dem Blickwinkel habe ich das noch nicht gesehen. Ich hatte noch gar keine Zeit, um über mich nachzudenken. Mir erschienen die Schüsse auf mich paradox. Ich vermutete einen Junkie, der einbrechen wollte, aber durch mich gestört wurde. Sonst bot sich keine Erklärung für mich an. In Bremen finden viele Straftaten durch Junkies statt. Aber du hast recht. Das wäre logisch. Dann müssten sich der oder die Täter doch bei mir melden. Sie wissen wahrscheinlich gar nicht, wie schwer ich verletzt bin und wie lange ich im Krankenhaus liege. Die Polizei hält ja aus sogenannten ermittlungstaktischen Gründen solche Informationen zurück. Das hieße gleichzeitig eine unsagbar lange Qual für Britta.«
»Nicht unbedingt«, antwortete Jens, führte aber nicht weiter aus, warum. Rainer schaute einen Moment konsterniert, bis ihm klar wurde, was Jens ausdrücken wollte.
»Du meinst, der oder die Täter könnten Britta…«, weiter konnte Rainer nicht sprechen.
»Das muss ja nicht so sein«, versuchte Jens zu beruhigen. »Aber wir müssen das berücksichtigen.«
»Wie sollen wir den Täter finden, wenn das die Polizei nicht mal schafft?«, fragte Rainer.
»Es muss irgendeinen Hinweis geben, der bisher von uns allen übersehen oder falsch gewichtet wurde«, stellte Jens fest.
Draußen war es inzwischen tiefe Nacht. Die beiden gingen noch einmal verbissen die bekannten Fakten des Falles durch.
Obwohl Angst oder Panik keinen Dauerzustand darstellte, sondern in Wellen kam und ging, dauerten bei Britta die Pausen ziemlich kurz, bis eine neue Attacke sie beherrschte. Den Tod vor Augen, Ausweglosigkeit und Abscheu vor der Person des Täters gaben ihr keine Chance zum Frieden. Inzwischen war die Dunkelheit hereingebrochen, Kälte kroch in ihr hoch. Sie spürte ihre Gliedmaßen nicht mehr, die durch eine stramme Fesselung eingeschnürt waren. Geschäftige Fabrikgeräusche aus der Ferne waren ihre einzige Ablenkung. Britta hoffte, die Nacht zu überstehen, darauf, dass der Täter so bald nicht wiederkäme. Sie hörte, wie sich eine Tür öffnete und geschlossen wurde. Sie vernahm die fast lautlosen Gummisohlen, die in der Stille der Halle wie Gongschläge in ihrem Kopf dröhnten. Sie wusste, er war da. Eine Taschenlampe leuchtete in Brittas Gesicht.
»Hallo, Schatz, da bin ich wieder.«
Hauptkommissarin Hansen bat nur kurz: »Sehen Sie nach, ob er zu finden ist! Dann schaffen Sie ihn her!«
Sie erreichte ein Anruf aus dem Krankenhaus.
Rainer West und Jens Goldstein saßen immer noch dabei, Details des Bankenungeheuer-Falls durchzuarbeiten. Sie wühlten sich durch die kleinsten Informationen, hatten eine Landkarte aus Norddeutschland auf dem
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