Stahlhart
verdächtig?«, begann der Journalist, immerhin war Angriff die beste Verteidigung.
»Solange wir keinen Täter haben, ist jeder verdächtig, der aus dem Umfeld von Rainer West stammt«, konterte Hauptkommissarin Hansen.
»Wird das hier also eine Vernehmung?«
»Herr Goldstein, Sie kennen sich doch in den Gepflogenheiten der Polizei bestens aus. Dies ist keine Vernehmung, sondern eine einfache Befragung.«
»Na, dann schießen Sie mal los und befragen.«
»Sie scheinen ja recht zuversichtlich zu sein.«
»Bin ich auch, denn ich habe nichts zu verbergen.«
»Dann fangen wir mit den Alibis an. Sie wissen, reine Routine.«
Es stellte sich heraus, dass Jens Goldstein Alibis für alle entsprechenden Zeiten vorbringen konnte, bis auf eine. Für den letzten Überfall hatte er einen überzeugenden Zeitnachweis, den es noch zu überprüfen galt. Aber er hatte über eine kulturelle Veranstaltung berichtet, bei der auch Bremens Bürgermeister Böhrnsen zugegen gewesen war. Jens Goldstein hatte Böhrnsen interviewt. Einen besseren Fürsprecher konnte er nicht finden.
»Sie scheinen mir sehr gut vorbereitet. Es kommt relativ selten vor, dass jemand ad hoc erklären kann, wo er zu einer bestimmten Zeit war, besonders, wenn die fragliche Stunde etwas zurückliegt. Die meisten müssen erst nachdenken. Die Sache mit Böhrnsen ausgenommen, die ja eine Besonderheit darstellt, erschienen mir Ihre Erklärungen ziemlich flott. Haben Sie sich vorher alles zurechtgelegt?«, hakte Frau Hansen nach.
»War nicht klar, dass Sie irgendwann auf mich kommen würden? Da erschien es mir sicherer, vorbereitet zu sein, als solch ein Schicksal zu erleiden wie Rainer West«, lautete die Antwort Jens Goldsteins.
»Natürlich müssen wir die Angaben noch überprüfen«, erklärte Hauptkommissarin Hansen.
»Selbstverständlich, tun Sie sich keinen Zwang an.
»Eine weitere Frage, Herr Goldstein: Wussten Sie von dem besonderen Kuli von Rainer West?«
»Sicher, jeder wusste davon. Rainer ist öfter darauf angesprochen worden. Vor diesem Griechenland-Urlaub hatte er sich oft einen Stift geliehen und dann vergessen zurückzugeben. Ist bei Feuerzeugen ähnlich. Später stellt man fest, dass in einer Schublade Massen von Kugelschreibern liegen und man kann sie nicht mehr zuordnen.«
»Sie kriegen doch sicher Stifte von der Zeitung gestellt?«
»Ja, wir haben zweimal wöchentlich eine Materialausgabe, bei der wir uns Arbeitsutensilien besorgen können.«
»Also brauchte Rainer West später keine Stifte mehr?«
»Nein, das fiel den meisten gleich auf, dass Rainer nur noch mit seinem Schreiber arbeitete. Deshalb wurde er angesprochen, und so verbreitete sich die Nachricht, dass man vor Rainer als Stiftedieb sicher ist. Jeder wusste von Brittas Geschenk.«
»Hätten Sie Gelegenheit gehabt, an den Stift zu kommen?«
»Ja, sicher, jeder hätte das gehabt. Wenn man sich Notizen macht und dann kurzfristig zum Beispiel zum Chef gerufen wird, legt man seine Sachen ab, wo man gerade ist, und kommt dem Termin sofort nach. Bei uns wird nicht geklaut, sieht man mal von Rainers Sucht vorher ab.« Jens lachte.
»Der Kugelschreiber lag dann also offen auf dem Schreibtisch?«, fragte Hauptkommissarin Hansen.
»Ja, wenn er ihn nicht vorsorglich eingesteckt hat.«
»Und, hat er das?«
»Manchmal ja, manchmal nein.«
»Etwas anderes, wie kam Rainer West mit seinen Kollegen zurecht? Gab es irgendwelche Spannungen, Ärger?«
»Nicht dass ich wüsste. Aber da müssen Sie Rainer selbst fragen.«
»Sie fahren Motorrad?«
»Ein Hobby von mir, das den Vorteil hat, dass ich vor allem in der Stadt wesentlich schneller und beweglicher bin als mit dem Auto. Ich komme sogar in Geländeteile, die mit dem Auto nicht erreichbar sind.«
»Etwa so wie in Harpstedt.«
»Ja, etwa so wie in Harpstedt. Aber vergessen Sie nicht, Frau Hauptkommissarin, da war ich bei Böhrnsen.«
»Eine Frage habe ich noch: Sie haben Probleme mit Rainer West?«
»Probleme würde ich das nicht nennen. Es ist nur nicht sehr angenehm, wenn man alles versucht, um gute, ja, sehr gute Arbeit zu leisten, aber ein anderer wird einem ständig vor die Nase gesetzt. Und Rainer West hatte von Anfang an einen Draht zu Dr. Koschnick, ihm fiel alles in den Schoß. Da kann man schon mal sauer werden.«
»Sie aber wurden nicht nur sauer, sondern auch aggressiv.«
»Ach, das haben Sie auch gehört? Na denn, irgendwann ist eben das erträgliche Maß überschritten.«
»Schön, Herr Goldstein, für’s Erste
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