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Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
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dann erzähle ich.«
    »Hundert Gramm zusätzlich.« Tschumak verzieht das Gesicht beim Kosten des Schnapses. »Stark, zum Teufel …«
    »Zuwenig.«
    »Dann behalt’s für dich. Nach dem ersten Becher wirst du’s sowieso ausplaudern. Gib die Becher her, Ingenieur!«
    Ich reiche die Becher hin. Wir haben im ganzen zwei. Werden reihum trinken müssen. Tschumak schenkt ein, gießt Wasser aus dem Teekessel dazu.
    »Nun, was für eine Neuigkeit?« fragt der narbige Leutnant.
    »Ich habe gesagt, eine wunderbare … Habe soeben in der Maschine Nummer sechzehn die Nachrichten abgehört …«
    »Ist Hitler krepiert, ja?«
    »Noch schöner …«
    »Ist der Krieg zu Ende?«
    »Gerade umgekehrt … hat erst richtig angefangen …« Und nach einer Pause: »Die Unseren haben Kalatsch eingenommen! Und außerdem noch Kriwaja … Kriwaja …«
    »Kriwaja Musga?«
    »Musga … Musga … Und noch etwas … mit ›G‹ …«
    »Doch nicht etwa Abganerowo?«
    »Eben, eben … Abganerowo …«
    »Lügst du auch nicht?«
    »Warum sollte ich lügen? Dreizehntausend Gefangene … Vierzehntausend Tote!«
    »Großartig!«
    »Wann war denn das?«
    »In den letzten drei Tagen … Kalatsch, Abganerowo und noch etwas. Ein ganzer Haufen Namen.«
    »Jetzt ist’s aus. Der Fritz ist kaputt!«
    Tschumak schlägt mir so kräftig mit der Hand zwischen die Schulterblätter, daß ich beinahe die Zunge verschlucke.
    »Trinken wir aufs ›Kaputt‹, Jungs!«
    Und wir trinken alle auf einmal, aus Bechern oder Flaschen, spülen es mit Wasser herunter, direkt aus dem Teekessel.
    »Das ist eine Sache! Wein saufen …«
    In der Tür steht Lissagor. Er sperrt den Mund auf vor Verwunderung.
    »Ich sprenge dort die Waggons, und ihr sauft hier Wodka …«
    Ich reiche ihm den Becher. Mit einem Ruck gießt er den Inhalt hinter, schließt die Augen, ächzt, tastet nach einer Brotkruste, riecht daran.
    »Ihr demoralisiert euch, und um fünf Uhr ist der An griff … Wißt ihr das? Den Bataillonen hat man schon das Frühstück gebracht.«
    »Verflucht noch mal …«
    »Guckt doch hin, was sich dort am Ufer tut.«
    Die Panzermänner springen hoch, ohne die Wurst zu Ende zu kauen.
    »Schirjajew schimpft schon, weil wir die Durchfahrten für die Panzer nicht fertiggemacht haben.«
    »Was für ein Schirjajew?«
    »Was für einer? Der Stabschef, Oberleutnant.«
    »Herrgott im Himmel … Wo ist denn der hergekommen?«
    »Ihr werdet noch den ganzen Krieg verschlafen …«, lacht Lissagor.
    »Er ist aus dem Lazarett hergelaufen gekommen. Jetzt brüllt er dort am Ufer.«
    Tschumak läuft hinaus.
    Ich ziehe die Stiefel an, suche die Pistole, blicke nach der Uhr. Drei Viertel drei.
    »Sind die Durchfahrten fertig?«
    »Ja.«
    »In voller Breite?«
    »In voller Breite. Schön glatt werden sie durchfahren …« Die Panzermänner lassen die Motoren anspringen, laufen geschäftig hin und her. Das ganze Ufer ist weiß. Fällt wieder Schnee? Von links her dringt Schirjajews Stimme Er schreit jemanden an:
    »Daß du in fünf Minuten wieder hier bist und Meldung erstattest. Verstanden? Eins, zwei …«
    Tschumak läuft vorbei und knöpft im Laufen seine Jacke zu.
    »Der neue Stabschef schimpft ordentlich. Behaupte dich, Ingenieur …«
    Schirjajew steht am Eingang zum Stabsunterstand. Die Hand im Dreieckverband. Unter der Mütze blinkt weiß eine Binde hervor. Als er mich sieht, winkt er mit der gesunden Hand.
    »Im Galopp nach vorn, Jurka! Hilf den Panzermännern … Niemand weiß da vorn, wo eure Durchfahrten sind.«
    »Was macht die Hand?« frage ich.
    »Später, später … Los! Es sind nur noch zwei Stunden Zeit.«
    »Zu Befehl, Genosse Oberleutnant. Gestatten Sie, daß ich gehe?«
    »Los, gestreifter Teufel! … Lissagor soll herkommen …«
    Ich grüße, mache linksum kehrt, knalle mit den Hacken, reiße beim ersten Schritt die Hand vom Mützenschirm.
    »Kommando zurück! Zwei Stunden exerzieren …«
    Ein kalter, fester Schneeball trifft mich am Hinterkopf, zerfällt, und der Schnee dringt hinter den Kragen.
    Ich springe auf die erste Maschine. Walega ist schon da, macht gerade eine Flasche am Gürtel fest.
    Ein Panzer nach dem anderen richtet sich aus und fährt am Ufer entlang, passiert den Schlagbaum, die gesprengten Waggons und fährt auf das Kopfsteinpflaster. Gleich werden die Deutschen das Feuer eröffnen – die Panzer dröhnen wütend …
    Langsam drehen sich die Schneeflöckchen in der Luft und fallen zu Boden.
    Wie ein schwerer weißer Brocken schimmert der

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