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Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
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lautete: die Wassertürme angreifen«, unterbricht mit trockener, hölzerner Stimme Abrossimow, ohne die Augen von der Wand zu wenden. »Und die Leute gingen nicht in den Angriff …«
    »Du lügst!« Der Major schlägt mit der Faust auf den Tisch, daß der Löffel im Glase klirrt. Beherrscht sich aber sofort.
    Er schlürft den Tee aus dem Glase. »Die Leute gingen zum Angriff … aber nicht so, wie du es wolltest. Die Leute gingen mit Verstand, mit Überlegung. Und was hast du gemacht? Hast du nicht gesehen, wozu der erste Angriff geführt hatte? Aber da war es nicht anders möglich. Wir hatten auf die Artillerievorbereitung gerechnet. Wir mußten sofort, bevor der Gegner zur Besinnung kommen konnte, den Schlag gegen ihn führen. Es ist nicht gelungen. Der Gegner hat sich als stärker und schlauer erwiesen, als wir dachten. Es ist uns nicht gelungen, seine Feuernester zu zerschmettern. Ich habe den Ingenieur in das zweite Bataillon geschickt. Dort war Schirjajew, ein Bursche mit Kopf. Er hatte noch während der Nacht alle Vorbereitungen für die Besetzung der deutschen Gräben getroffen. Hatte alles klug vorbereitet.
    Und du … Und was hat Abrossimow gemacht?« Abrossimows Lippe fängt an zu zucken.
    Borodins Gesicht, für gewöhnlich weich und gutmütig, wird rot, die Wangen zittern.
    »Ich weiß, wie du dort gebrüllt hast … Wie du mit der Pistole gedroht hast.«
    Er trinkt wieder Tee aus dem Glase.
    »Der Befehl im Kriege ist heilig. Die Nichtausführung eines Befehls ist ein Verbrechen. Es wird immer der letzte Befehl ausgeführt. Die Leute haben ihn ausgeführt – und liegen jetzt vor unseren Gräben. Und Abrossimow sitzt hier.
    Er hat seinen Regimentskommandeur betrogen. Er hat seine Machtbefugnisse überschritten. Und die Leute sind umgekommen… Das ist alles. Meiner Meinung nach genug.« Der Major läßt sich schwer auf den Hocker nieder.
    Abrossimow sitzt, wie er gesessen hat, die Hände auf den Knien, die Augen zur Wand gerichtet. Astafjew schreibt emsig und schnell, den Kopf gesenkt.
    Es sprechen noch einige Leute, dann ich. Nach mir Abrossimow. Er macht es kurz. Er steht auf dem Standpunkt, daß die Wassertürme nur durch einen massierten Angriff einzunehmen waren. Und er hat verlangt, daß dieser Angriff durchgeführt wurde. Die Bataillonskommandeure wollen ihre Leute schonen und lieben deshalb keine Angriffe. Die Wassertürme aber konnten nur durch einen Angriff eingenommen werden. Er ist nicht daran schuld, daß sich die Leute gewissenlos und feige verhalten haben …
    »Feige?« ertönt es aus der Tiefe des Rohres.
    Alle drehen sich um. Ungeschickt, einen Kopf größer als alle ihn Umgebenden, drängt sich Farber in seinem lächerlich kurzen Mantel zum Tisch durch.
    »Feige, sagen Sie? Schirjajew feige? Karnauchow feige? Sprechen Sie von denen?«
    Farber schnappt nach Luft, zwinkert mit seinen kurzsichtigen Augen – seine Brille hat er gestern zerbrochen –, kneift die Augen zu.
    »Ich habe alles gesehen … Mit eigenen Augen gesehen … Wie Schirjajew gegangen ist … und Karnauchow und … wie sie alle gegangen sind … Ich bin kein Redner … Ich kenne sie nicht lange, Karnauchow und die anderen … Wie bringen Sie es fertig, so etwas zu sagen! Tapferkeit besteht nicht darin, daß man mit nackter Brust gegen Maschinengewehre rennt … Abrossimow … Hauptmann Abrossimow sagte, der Befehl laute, die Wassertürme angreifen … Nicht angreifen, sondern sich ihrer bemächtigen. Die von Schirjajew ausgedachten Laufgräben waren keine Feigheit, sondern ein Kunstgriff. Ein richtiger Kunstgriff. Er hätte Menschen geschont … Geschont, damit sie weiterkämpfen können. Jetzt sind sie nicht mehr … Und ich finde …«
    Seine Stimme bricht ab, er sucht nach einem Trinkglas, findet es nicht, winkt mit der Hand ab. »Ich finde … solche Leute dürften nicht … sie dürfen nicht kommandieren …«
    Farber findet keine Worte, wird verwirrt, errötet, sucht wieder das Glas und platzt plötzlich heraus:
    »Sie selbst sind ein Feigling. Sie sind nicht in den Angriff gegangen. Und mich haben Sie auch noch bei sich behalten. Ich habe alles mit angesehen …«
    Er zuckt mit den Schultern und zwängt sich nach hinten durch, bleibt mit den Haken seines Mantels an dem des Nachbars hängen.
    Ich trete nach ihm hinaus. Er steht ans Rohr gelehnt.
    »Du hast gut gesprochen, Farber.«
    Er zuckt zusammen.
    »Was heißt hier gut! Ist alles im Kopf durcheinandergeraten. Wenn ich ihn nur ansehe, dann, wissen Sie …

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