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Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
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erleichtern, die Brücke lahmlegen und die Feuernester, die das erste Bataillon flankieren, in unserer Hand haben!
    Aber wie soll man das schaffen?
    6
    Am Abend schicke ich alle, die nicht in der vordersten Linie beansprucht werden, nach Minen. Gut, daß ich einen Wagen habe. Man kann damit in der Dunkelheit die Minen beinahe bis an den Damm heranfahren. Natürlich unter Gefahr. Aber es ist dennoch möglich. Von da aus ist es nicht so schwer, sie zu tragen. Gegen zehn Uhr sind schon an dreihundert Stück neben dem Rohr aufgestapelt. Zu dieser Zeit kommen auch die Pioniere, vier Soldaten und ein Sergeant, der mit dem Schnurrbart–Garkuscha.
    Sie sitzen in der Ecke, knabbern Sonnenblumenkerne und werfen sich ab und zu ein Wort zu. Sie sehen müde aus.
    »Wir haben den ganzen Tag den Tunnel ausgehöhlt, und wenn wir morgens zurückkommen, heißt es wieder, die Hacke zur Hand nehmen. Man spürt weder Hände noch Rücken mehr.«
    Garkuscha streckt die Hand aus, eine rauhe, harte, schwielige, wie aus Horn.
    Als von der vierten Kompanie mitgeteilt wird, daß etwa hundert Minen herübergebracht worden sind, steht Garkuscha auf und schüttelt die Schalen von den Knien.
    »Also! Gehen wir, solange der Mond noch nicht scheint. Wer führt uns?«
    Wir klammern uns mit den Händen an den Büschen und dem stechenden, trockenen Grase fest und kriechen direkt zur vordersten Linie hinunter. Die Gräben ziehen sich als einzelne Spalten von zwei bis drei Meter Länge gerade in der Mitte des Abhanges entlang.
    Welcher Dummkopf mag sich so was ausgedacht haben? Warum hat man sie nicht etwa zwanzig Meter zurück verlegt und höher? Die Schußmöglichkeiten wären dort besser, die Verbindung leichter, und den Deutschen würde es schwerer fallen, an sie heranzukommen.
    Die Soldaten graben, man sieht sie in der Dunkelheit nicht, aber man hört die Spaten klirren.
    »Was zum Teufel grabt ihr denn hier, Karnauchow? Hier ist es doch ganz flach.«
    Unwillkürlich werde ich gereizt. So ist es immer, wenn man fühlt, daß nicht nur die anderen schuld sind, sondern man selbst auch. Ich vergesse sogar, daß man hier nur im Flüsterton sprechen darf.
    Karnauchow antwortet nicht. Ich erfahre erst später, daß der Zugführer Sendezkij auf eigene Initiative angefangen hat zu graben. »Die Soldaten waren steif gefroren, darum habe ich befohlen zu graben, damit ihnen wärmer würde.«
    Ich befehle sofort, die Leute mehr nach oben zu holen. Sie sollen sich dort eingraben. Einerlei, diese Gräben sind nicht einen Groschen wert. Hier müssen zwei bis drei Soldaten zum Schutze zurückgelassen werden.
    Die Soldaten kriechen, ächzend und halblaut schimpfend, nach oben und schleppen Mäntel, Spaten und Säcke hinter sich her.
    »So etwas nennt sich nun Vorgesetzter …«
    Das ist auf mich gemünzt, aber ich tue so, als hätte ich es nicht gehört. Ein Glück, daß der Mond nicht scheint. Wenn er schiene, wäre mindestens die Hälfte der Leute umgekommen …
    Wir lassen uns noch tiefer hinunter. Der Abhang ist steil, und der harte Lehm, der schon anfängt zu frieren, rollt ständig unter den Füßen weg. Die Pioniere schleppen etwa zwanzig Minen im Sack mit sich. Von Zeit zu Zeit rattert das wachhabende deutsche Maschinengewehr, das oberhalb der Schlucht aufgestellt ist. Aber die Garben fliegen hoch über uns hinweg, knacken über unseren Köpfen. Sprengkugeln.
    Wir stoßen auf Schlamm – anscheinend das Bett eines Baches; es ist schon lange kein Regen gefallen. Unter den Füßen quabbelt es. Eine Rakete steigt hoch. Wir klatschen mit Gesicht, Händen und Bauch in den klebrigen, kalten Matsch. Den Kopf unter dem Ellbogen, verfolge ich den langsam schwebenden, zitternden, grellen Stern am schwarzen Himmel.
    »Nun, wo fangen wir an?«
    Der Sergeant, der mit der Schulter auf mich gefallen ist, atmet mir direkt ins Ohr. Nach dem grellen Licht ist ringsherum nichts zu erkennen. Nicht einmal sein Gesicht. Ich spüre seinen warmen, nach Sonnenblumenkernen riechenden Atem.
    »Sobald eine Rakete aufflammt, guck nach links.« Meine Stimme zittert vor Spannung. »Du wirst eine eiserne Tonne sehen … Fängst bei ihr an. Und rechts etwa fünfzig Meter … in drei Reihen … schachbrettartig … wie verabredet.«
    Die Worte kommen nur mit Mühe heraus, man muß jedes beinahe mit Gewalt hervorstoßen.
    Garkuscha antwortet nicht, sondern kriecht weg. Ich höre es nur, sehen kann ich nichts. Eine Minute später fühle ich wieder seinen Atem auf meinem Gesicht.
    »Genosse

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