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Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
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sicher, als ob er nicht zum ersten Male hier wäre. Vor Karnauchows Unterstand bleibe ich stehen. Der Oberst dreht sich ungeduldig um.
    »Warum bleibst du stehen?«
    »Hier ist ein Kompaniegefechtsstand.«
    »Nun gut, laß ihn sein … Wo sind die Gräben?« »Weiter vorn, dort hinter jenen Schornsteinen.« »Führe!«
    Die Gräben sind jetzt gut sichtbar, unsere und die deutschen. Der Mond scheint hell.
    »Legt euch hin.«
    Wir legen uns hin, der Oberst neben uns, den Kopf auf die Hände gestützt. Ich erkläre ihm, wo die Gräben früher waren und wo ich jetzt neue graben lasse. Er sagt nichts. Er fragt, wo die Maschinengewehre sind. Ich zeige es ihm. Wo die Granatwerfer sind? Ich zeige. Er schweigt, hustet ab und zu verhalten, bemüht, es zu unterdrücken.
    »Wo legst du die Minen?«
    »Dort, mehr nach links, in der Schlucht.«
    »Aufhören, die Leute zurückholen!«
    Ich verstehe nicht.
    »Hast du gehört, was ich gesagt habe? Die Leute zurückholen …«
    Ich schicke Walega nach unten. Sie sollen mit einem Holzstückchen die rechte Flanke markieren und zurückkehren. Geräuschlos kriecht Walega auf dem Bauch nach unten.
    Wir schweigen. Man hört das schwere Atmen der Soldaten, die da unten graben. Irgendwo hinter dem Hügel kreischt widerwärtig der »Esel«, ein sechsläufiger Granatwerfer. Sechs rote, langschwänzige Minen fliegen langsam über unsere Köpfe wie Kometen und platzen mit betäubendem Krach hinten im Abschnitt des Fleischkombinats. Die Luftwelle pflanzt sich bis zu uns fort. Der Oberst hebt nicht einmal den Kopf, hüstelt.
    »Siehst du seine Maschinengewehre? Auf der Anhöhe.«
    »Ja.«
    »Gefallen sie dir?«
    »Nein.«
    »Mir auch nicht.«
    Pause. Ich verstehe nicht, worauf er anspielt.
    »Sie gefallen mir gar nicht, Bataillonskommandeur … ganz und gar nicht.«
    Ich antworte nicht. Mir gefallen sie auch nicht. Aber Artillerie habe ich keine. Womit soll ich sie zum Schweigen bringen?
    »Also dann … morgen sollst du dort sein.«
    »Wo … dort?«
    »Dort, wo diese Maschinengewehre sind. Klar?«
    »Klar«, antworte ich, aber mir ist völlig unklar, wie ich dort hinkommen soll.
    Der Oberst springt behende hoch, auf Jungenart, indem er sich mit den Händen aufstützt.
    »Wir wollen gehen.«
    Genauso leicht und schnell, ohne zu stolpern, geht er durch die Trümmer zurück. Im Gefechtsstand zündet er sich eine dicke aromatische Zigarette an, meiner Meinung nach »Unsere Marke«, und blättert in dem auf dem Tuch liegenden »Martin Eden«, schaut sich den Schluß an und zieht unzufrieden die Augenbrauen zusammen.
    »Dummkopf …«
    Er richtet die Augen auf mich: »Deins?«
    »Gehört dem Chef der vierten Kompanie.«
    »Hast du es gelesen?«
    »Keine Zeit, Genosse Oberst.«
    »Wenn du’s gelesen hast, gibst du es mir. Hab es mal gelesen, aber wieder vergessen. Ich weiß nur noch, daß er ein hartnäckiger Bursche war. Nur der Schluß gefällt mir nicht, ein schlechter Schluß, nicht wahr, Borodin?«
    Borodin lächelt verlegen mit seinen fleischigen, vollen Lippen.
    »Weiß nicht mehr … schon lange her, daß ich’s gelesen habe, Genosse Oberst.«
    »Du lügst. Hast es überhaupt nicht gelesen. Nach mir liest du es. Vielleicht werde ich Neujahr damit fertig sein. Und später werde ich ein Examen veranstalten wie über das Reglement … Man kann vieles lernen von diesem Martin … Ein hartnäckiger, beharrlicher Bursche war er.«
    Er klappt geräuschvoll das Buch zu und heftet die Au gen auf mich, denkt ein Weilchen nach, die Stirn in Falten gelegt.
    »Eine Artillerievorbereitung schenken wir uns. Sobald es dunkel wird, schickst du einen Spähtrupp los. Ich glaube, eure Burschen sind nicht übel.« Er wendet den Kopf leicht in die Richtung des Majors.
    »Kampferprobt, Genosse Oberst.«
    »Also denn. Schick den Spähtrupp los, sobald es dunkel wird. Wann geht der Mond auf?«
    »Nach Mitternacht.«
    »Nach Mitternacht. Gut. Gegen halb elf werden wir die ›Kukurusniks‹ schicken. Tschuikow hat mir welche versprochen, wenn es nötig sein sollte. Um elf Uhr beginnst du mit dem Angriff. Verstanden?«
    »Jawohl.« – Mein Ton ist nicht sehr sicher.
    »Ohne ›Hurra‹. Ohne Geräusch. Alles auf dem Bauch kriechend. Nur überraschend kannst du die Stellung einnehmen. Du verstehst mich? Hast du noch Matrosen?«
    »Habe ich, etwa zehn Mann.«
    »Nun, dann wirst du’s schon schaffen.«
    Und seine dünnen, farblosen Lippen scheinen wieder zu lächeln. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie ich mit

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