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Stalins Geist

Stalins Geist

Titel: Stalins Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Steinen nach. Er fuhr im Bogen zum Uferdamm zurück und wurde auf der Straße am Fluss schneller, aber das einzige offene Geschäft, das er bisher gesehen hatte, war ein Kasino, das rund um die Uhr geöffnet war. Verglichen mit denen, die es in Moskau gab, hatte es den Charme einer japanischen Automatenspielhalle.
    Als er an einer Verkehrsampel anhielt, stoppte ein Porsche-Kabrio neben ihm. Urman saß am Steuer und sah aus wie ein Polizist aus Miami, nicht wie einer aus Moskau. Er war so sehr damit beschäftigt, sein windzerzaustes Haar glatt zu streichen, dass er Arkadi nur einen flüchtigen Blick zuwarf. Vielleicht hatte er das Motorrad überhaupt nicht wahrgenommen. Als die Ampel grün wurde, schoss der Porsche davon wie eine Rakete. Sechs Straßen weiter betrat Urman ein Hotel, als Arkadi vorbeifuhr.
    Arkadi wendete und fuhr gemächlich zurück bis zu einem Spielplatz mit Wippen, Zwergen und Kiosken, der dem Hotel gegenüberlag. Der Porsche stand in der Einfahrt. Das Hotel Obermeier war eine Festung aus Backsteinen. Nur das Erdgeschoss bestand aus Glasscheiben und Springbrunnen, und Arkadi hatte einen weiten Ausblick auf die Rezeption und das Podium des Portiers, auf die Aufzüge, die Bar und das Restaurant. Alles war dunkel bis auf einen Fenstertisch im Restaurant, wo Urman sich eben zu Isakow, Eva und Staatsanwalt Sarkisian setzte. Zwei Kellner hockten zusammengesunken an einem Ecktisch.
    Die Party hatte das Stadium von Brandy und Zigarren erreicht, möglicherweise schon vor ein paar Stunden, aber Sarkisian redete und redete. Urman lachte und goss sich Brandy in einen Schwenker. Ging es um lustige Morde oder um die Wahlchancen des Heimathelden? Isakow hörte mit stoischer Miene zu, während Eva sich überhaupt keine Mühe gab, ihren Abscheu zu verbergen. Sarkisian legte einen Finger an den Nasenflügel, um seinen armenischen Durchblick zu symbolisieren. Als er sein Glas hob, taten Isakow und Urman es auch.
    Eva stand auf, trat ans Fenster und zündete sich eine Zigarette an. Arkadi hoffte, dass die Scheibe auf ihrer Seite verspiegelt war. Isakow winkte sie an den Tisch zurück, aber sie ignorierte ihn und legte die Stirn an das Fensterglas. Es war kein Bild des Glücks.
    Isakow winkte ihr noch einmal, sie solle an den Tisch zurückkommen, doch sie beachtete ihn weiterhin nicht. Urman überspielte den Augenblick und hielt Sarkisian bei Laune, bis Eva schließlich ohne ein Wort zu den Aufzügen ging, auf einen Knopf drückte und hinter einer Stahltür verschwand. Die Männer blieben verdattert sitzen. In einem Zimmer in der Mitte des ersten Stocks ging das Licht an. Die Kellner schliefen weiter, die Köpfe in den Armen vergraben.
    Sarkisian deutete in die Richtung, in der Eva verschwunden war, und was er sagte, war offenbar alles andere als ein Kompliment, denn Isakow nahm eine Gabel und drückte sie dem Staatsanwalt an den Hals. Arkadi erinnerte sich, was Ginsberg über Isakows Ruhe gesagt hatte; seine Bewegungen waren ohne Hast, und er schien die Stimme nicht zu heben, aber er wirkte überzeugend. Anscheinend erklärte er Sarkisian, was er nie wieder tun oder sagen dürfe, und der Staatsanwalt nickte mit nachdrücklicher Zustimmung. Die Kellner schliefen.
    Urman trat an das Fenster, an dem Eva gestanden hatte, legte die gewölbten Hände an die Scheibe und spähte hinaus. Er sah etwas, denn er ging durch das Restaurant und die Lobby zur Eingangstreppe des Hotels und ließ den Blick über den Spielplatz wandern. Die Zwerge sahen nachts größer und bedrohlicher aus, als wären sie auf dem Marsch. Was kleiner erschien, war der Kiosk. Schaute das Vorderrad der Ural hervor? Das Hinterrad? Arkadi begriff, dass Urman auf ein vorbeifahrendes Auto wartete. Er wartete auf das Scheinwerferlicht.
    Aber Urman musste sich abwenden, als Isakow aus dem Hotel kam. Halb scherzhaft, halb gewaltsam schleppte er Sarkisian zu dem Porsche. Sie waren wieder dicke Freunde, auch wenn die Augen des Staatsanwalts weiß vor Angst waren. Zusammen packten die beiden Polizisten ihn in das Kabrio und schnallten ihn an.
    Arkadi hörte, wie der Staatsanwalt sagte: »… größte Mühe.«
    »Weit kann er nicht sein«, sagte Isakow. Sarkisian blubberte etwas, das Arkadi nicht verstand.
    »Ich würde ihn lieber als Erster finden«, sagte Urman.
    Er setzte sich ans Steuer und ließ den Motor an, der die weitere Unterhaltung übertönte. Der Wagen fuhr an, und bei jedem Schalten heulte der Motor auf, die ganze Straße hinunter bis zum Ende.
    Isakow

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