Stalins Geist
Rudi war groß und kantig, und er hatte ein Gesicht wie ein Beefsteak und einen kränklichen Schnurrbart. Er war der Motorradfahrer, der ihn mit einem herzhaften »Scheiß auf Moskau« in Twer willkommen geheißen hatte.
»Manchmal bringt jemand ein Motorrad zur Reparatur und kommt dann nicht mehr wieder«, sagte Arkadi. »Haben Sie so eine Maschine?«
Rudi nahm eine Schaufel und hielt sie in den Händen wie eine Axt. »Zuerst nehme ich mir Ihren Wagen vor.«
»Ich will doch nur ein Motorrad.« Das Letzte, was Arkadi gebrauchen konnte, war eine Prügelei mit einem, der größer und hässlicher war als er.
»Alles in Ordnung!«, schrie Rudi plötzlich an ihm vorbei.
Arkadi drehte sich um und sah einen alten Mann, der mit einer Mistgabel auf ihn zukam. Der alte Mann musste geschrumpft sein, denn seine Kleider sahen aus, als wären sie an ihm festgebunden. »Alles in Ordnung, Großvater. Danke. »
»Ist das Fritz?«, fragte der Alte. »Nein, das ist nicht Fritz.«
»Achte auf Panzer.«
»Ich halte die Augen offen, Großvater.«
»Die werden wiederkommen.« Der alte Mann schüttelte seine Mistgabel und trat den Rückzug an. »Diesmal werden wir vorbereitet sein.«
»Worauf?«, fragte Arkadi.
»Auf die Deutschen«, sagte Rudi. »Wenn die Deutschen wiederkommen, ist er vorbereitet. Wo waren wir stehen geblieben?«
»Ich will ein Motorrad«, erinnerte Arkadi ihn.
Rudi warf einen Blick in die Richtung, in der sein Großvater verschwunden war.
»Rühren Sie sich nicht.« Rudi legte die Schaufel weg, tastete Arkadi ab und fand seinen Ausweis. »Ein leitender Ermittler aus Moskau. Ermitteln Sie gegen mich?«
»Nein.«
»Woher kennen Sie überhaupt meinen Namen?«
»Sie stehen im Telefonbuch.«
»Oh. Okay. Nichts passiert.«
Arkadi war dankbar. Rudi hatte die Arme eines Mannes, der schwere Motorräder stemmte. Auf der rechten Schulter trug er ein rundes BMW-Tattoo, auf der linken den Maserati-Dreizack. Keine Mädchen, keine Waffen, kein OMON-Tigerkopf.
Der Großvater erschien wieder in der Tür; jetzt trug er eine Jacke mit Kriegsorden. Er salutierte vor Arkadi. »Rudenko meldet sich zur Stelle.«
Als Arkadi den Salut erwiderte, sagte Rudi: »Ermuntern Sie ihn nicht. Er glaubt, er kennt Sie.«
»Woher?«
»Keine Ahnung. Aus seiner Vergangenheit. Beachten Sie ihn nicht. Sie wollen wirklich ein Motorrad kaufen?«
»Ja.«
»Ich habe drei.« Rudi zog die Segeltuchplanen von einer flammend roten Kawasaki, einer Yamaha mit Tigerstreifen und einer schlammfarbenen Ural mit Seitenwagen.
»Richtige Schönheiten. Die Japaner, meine ich. Zweihundert auf gerader Strecke, und sie kreischen wie Düsenjäger.«
»Und die Ural?«
»Wollen Sie mit einer Ural schnell fahren? Dann fahren Sie sie über eine Steilwand. »
Es war eine Tatsache, dass eine Ural kein Rennpferd war. Sie war das Maultier unter den Motorrädern, und in ihrem Seitenwagen beförderte man zusammengebundene Hühner oder die Bäuerin. Weil ihr jeglicher Charme fehlte, nannte man sie auch Kosak.
»Sie ist in Twer zugelassen?«
»Ja, sehen Sie selbst«, sagte Rudi. »Zweitausend Euro für eine der getunten japanischen Maschinen, zweihundert für die beschissene Ural.«
»Sie braucht einen neuen Vorderreifen.«
»Irgendwo hab ich noch einen runderneuerten.« Rudi deutete mit unbestimmter Handbewegung auf einen Stapel Reifen vor der Tür. »Sie sind wirklich risikofreudig, das sehe ich schon.«
»Würden Sie noch einen Helm mit Visier drauflegen?«
»Kein Problem.« Rudi wühlte in einer Mülltonne und fischte einen Helm mit einem Riss in der Mitte heraus. »Leicht gebraucht.«
»Können Sie heute Abend liefern? Sagen wir, gegen zehn?«
»Um das Ding loszuwerden? Wo Sie wollen. Ich schlage vor, an der Puschkin-Statue am Fluss. Nachts ziehen da die Schwulen auf, und die Miliz zieht ab.« Rudi erschrak plötzlich. »Pass auf, Großvater. Nein, nein. Nicht hereinkommen.«
Mit einer Papiertüte im Arm stolperte der alte Mann in der Ecke gegen ein Bündel Schaufeln und Stangen, und alles fiel klappernd zu Boden.
»Großvater, warum machst du das immer wieder?«
»Sie kommen mir bekannt vor«, sagte der alte Mann zu Arkadi. »Waren Sie einundvierzig hier?«
»Einundvierzig war ich noch nicht geboren.«
»Würden Sie wohl wissen, ob das Fritz ist?« Der alte Mann öffnete seine Tüte und nahm einen Totenschädel mit einem Loch im Hinterkopf heraus.
»Für meinen Großvater heißen alle Deutschen Fritz«, sagte Rudi.
»Ich habe keine Ahnung«,
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