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S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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seine Tochter bereits drauf und dran war, eine der kleinen Schachteln aus dem Drahtständer zu fischen. Wie üblich hörte sie nicht auf seine Mahnung, sondern verdoppelte ihre Anstrengungen, um ans Ziel zu gelangen.
    Auf beiden Zehenspitzen balancierend, die Zunge vor Anstrengung zwischen die Lippen gepresst, tastete sie die Schachteln entlang. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sie an die Hand zu nehmen und wegzuziehen.
    Susanna stampfte mit dem Fuß auf und sah ihn wütend unter vorgewölbten Augenbrauen heraus an.
    „Wenn du jetzt schön brav bist, kaufe ich dir draußen ein Eis", versprach er, denn ein weinendes Kind an der Hand untergrub die Autorität jedes Ermittlers.
    Susannas Miene hellte sich schlagartig auf. „Mit Vanille und Schokolade?", fragte sie.
    „Ja, aber nur, wenn du ab sofort still bist."
    Was folgte, war die wundersame Wandlung eines widerborstigen Kindes zur liebsten und folgsamsten Tochter der Welt. Gerade noch rechtzeitig, bevor sich der Apotheker hinter seinen Regalen hervorbequemte und an seinen alten, noch aus der Vorkriegszeit stammenden Holztresen schlurfte.
    „Ja? Was darf's sein?" Kein Wunder, dass sich die meisten Kunden ihre Nasentropfen inzwischen im Supermarkt holten. Anatole Timoschenko - der Name stand auf einem in Brusthöhe angehefteten Blechschild - gab sich noch genauso mufflig wie zu Zeiten des Arbeiter- und Bauernstaates. Vermutlich, weil er keinen großen Wert auf Abnehmer kleiner Mengen legte, sondern lieber in größeren Dimensionen dachte und handelte.
    Alexander zückte seinen Dienstausweis und registrierte mit Genugtuung, wie die ohnehin pigmentarme Haut des Apothekers noch stärker erblasste. Timoschenko war vom alten Schlag, er wusste noch um die Allmacht des Polizeiapparates.
    „Ich benötige einige Informationen", erklärte Marinin mit falLächeln und legte den Frachtgutschnipsel, den er im Betonwerk gefunden hatte, auf den Tresen. „Laut Auskunft des Ministeriums für Gesundheit und Körperertüchtigung gehört diese Nummer zu einer Mammutlieferung, die an Ihr Geschäft ging."
    Fordernd tippte er auf das Kästchen mit den verräterischen Ziffern.
    Timoschenko nahm den Zettel mit spitzen Fingern auf, drehte und wendete ihn ein wenig, als könne er nicht entscheiden, wie herum er zu lesen sei und betrachtete ihn schließlich mit ausgestreckten Armen, weil er zu faul oder zu eitel war, um die Brille aufzusetzen, die in der Brusttasche seines weißen Kittels steckte.
    „Das soll zu einer meiner Bestellungen gehören?", fragte er schließlich, um einen gleichmütigen Tonfall bemüht.
    Marinin schätzte es nicht, wenn ihn jemand hinzuhalten versuchte.
    „Die vierstellige Zahl in der Mitte ist der Code Ihres Ladens", klärte er den Apotheker auf. „Den werden Sie doch wohl wiedererkennen, oder?"
    Timoschenko sah das Fragment erneut an. „Ach so, ja klar erkenn ich den wieder. Aber warum interessieren Sie sich dafür? Die Lieferung wurde pünktlich bezahlt."
    „Es geht hier nicht um Sie", versicherte Marinin, um den Mann in Sicherheit zu wiegen. „Ich interessiere mich lediglich für den ominösen Großkunden, der Ihren Umsatz in den letzten sechs Monaten verdreifacht hat."
    Die letzte, betont gleichgültig eingeflochtene Information war ein genau kalkulierter Tiefschlag. Timoschenko zuckte wunschgemäßzusammen, wie ein Mann, der aus Versehen in die Steckdose gefasst hat.
    Marinin lächelte ihn an. Freundlich, aber kühl. Sehr kühl.
    Timoschenko begann zu schwitzen. Legionen feiner Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn und vereinigten sich zu einem feuchten Film, der das Deckenlicht widerspiegelte.
    Susanna zupfte Marinin am Ärmel. Ihr war langweilig, und sie wartete auf das versprochene Vanille-Schokoladen-Eis.
    „Großkunden?", wiederholte der Apotheker, um seine Sprachlosigkeit zu überspielen. „Nun, da gibt es mehrere. Aber die kann ich Ihnen nicht so einfach nennen. Immerhin gibt es so etwas wie Datenschutz und Geschäftsgeheimnis. Ohne richterliche Anordnung kann ich da -"
    „Deine westlichen Moden interessieren mich einen Scheiß!", unterbrach ihn Marinin. Bei dem Wort Scheiß er seiner Tochter die Ohren zu. Sie hörte es trotzdem und kicherte fröhlich. „Rück sofort den Namen raus, oder ich komme am Montag mitmeiner ganzen Abteilung wieder. Dann stellen wir deinen kleinen Scheißladen so lange auf den Kopf, bis wir irgendetwas - egal was - gefunden haben, womit wir dich zehn Jahre hinter Gitter bringen können. Und sollten wir

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