S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone
hatten sich seine Welt und die der Menschen daheim voneinander entfernt.
Er schüttete den Rest des Kaffees in einen Strauch und stand auf. Der Unterschlupf, den er in den letzten Wochen errichtet hatte, lag gerade mal zwei Kilometer vom Zonenrand entfernt. Bäume und dichtes Gestrüpp schützten das Zelt vor der Luftüberwachung und den Militärpatrouillen. Nur wenn man ganz genau hinsah, konnte man den grünen Zeltstoff zwischen den Blättern erkennen - aber bis jetzt hatte noch niemand so genau hingesehen.
Es war warm und sonnig an diesem Augustmorgen, trotzdem verzichtete David nicht auf seine Jacke. Das jahrelange Versteckspiel hatte ihn vorsichtig gemacht. Und wer konnte schon sagen, ob heute nicht der Tag sein würde, an dem das Militär seinen Unterschlupf entdeckte? Er hatte schon einige Male in Jeans und T-Shirt im Wald übernachtet und wusste, wie kalt die Nächte im Spätsommer werden konnten.
David nahm einen leeren Rucksack und ging los. Normalerweise mied er Ausflüge ins nahe gelegene Dorf, aber er hatte sich seine Vorräte schlecht eingeteilt und brauchte dringend Wasser. Aus den Flüssen und Bächen in der Umgebung wagte er nicht zu trinken. Er tastete nach den Scheinen in seiner Hosentasche. Fünfzig Dollar, mehr besaß er nicht. Vor über einem Jahr hatten ihm zwei Journalisten tausend Dollar gegeben. Im Gegenzug hatte er ein paar Fotos von den Leichen in den zerstörten Städten geschossen. Er hatte sparsam gelebt, aber das Geld war fast aufgebraucht. Er würde sich etwas einfallen lassen müssen, um über den Winter zu kommen.
Der Weg durch das Unterholz war mühsam, aber sicherer als der Trampelpfad, den die Soldaten benutzen. David kannte das Gelände inzwischen so gut, dass er keinen Kompass mehr benötigte. Nach zwanzig Minuten sah er die Zonenabsperrung zwischen den Bäumen auftauchen.
So weit entfernt von allen Straßen waren die Sicherheitsmaßnahmen relativ gering. Mannshohe Stacheldrahtrollen und Metallpfeiler, an deren Spitzen Kameras kreisten, sollten Neugierige und Schmuggler davon abhalten, die Zone zu betreten. David wusste jedoch, dass der Stacheldraht an vielen Stellen längst durchschnitten worden war und die meisten Kameras nicht mehr funktionierten.
Er ging an der Absperrung entlang, bis er die Stelle fand, die er mit einem in den Boden gesteckten Ast markiert hatte. Irgend-jemand hatte den Stacheldraht hier so geschickt aufgeschnitten, dass es kaum auffiel. David nahm an, dass es sich um einen der Plünderer gehandelt hatte, die nach der Katastrophe immer wieder versucht hatten, bis zur Stadt vorzudringen. Monatelang hatte er fast jeden Tag ihre Überreste auf den Minenfeldern gefunden.
David bog den Stacheldraht auseinander und zuckte zusammen, als er hinter sich lautes Motorengeräusch durch den Wald hallen hörte. Es war das klassische Wummern eines Diesel betriebenen UAZ-Transporters. Die Patrouillen mussten ihren Zeitplan umgestellt haben. Normalerweise war die erste um diese Uhrzeit schon längst durch.
David blickte zurück zum sicheren Unterholz, von dem ihn etwa zwanzig Meter trennten. Der Weg von der Absperrung bis in den Wald war kaum weiter. Er schätzte, dass die Patrouille ungefähr drei Minuten entfernt war, genug Zeit also, um in die Zone zu gelangen.
Vorsichtig tauchte er unter der ersten Stacheldrahtrolle hindurch. Die Kamera, die auf einem Metallpfosten in der Nähe festgeschraubt war, surrte und drehte sich in seine Richtung. Instinktiv duckte er sich, sah jedoch im nächsten Moment, dass jemand das Objektiv geschwärzt hatte. Er atmete auf, machte einen weiteren Schritt in den Stacheldraht hinein und stoppte abrupt, als ihn etwas zurückhielt.
Er drehte den Kopf. Sein Rucksack hatte sich in einer der Stacheldrahtrollen verfangen. Er zog daran, doch die Widerhaken gruben sich nur noch tiefer in den Stoff. Hinter ihm wurde das Motorengeräusch lauter. Der Transporter fuhr viel schneller als sonst. Anscheinend hatten die Soldaten nicht den Zeitplan geändert, sondern sich verspätet und versuchten, die verlorene Zeit wieder aufzuholen.
David verfluchte seinen Leichtsinn. Er hätte ins Unterholz zurückgehen sollen, anstatt sich darauf zu verlassen, dass sich alles so abspielen würde, wie er es erhoffte. Mit einer Hand griff er über seine Schulter hinweg und versuchte, die Widerhaken aus dem Rucksack zu lösen. Stoff riss unter seinen Fingern ein, einige Stacheln kamen frei, doch die meisten blieben hängen.
David blickte zurück zum Wald. Der
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