S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno
nicht gewollt, das musst du mir glauben. Aber die Zustände in der Zone verschärfen sich von Woche zu Woche, das macht viele nervös.
Es kann deshalb sein, dass du ab jetzt deines Lebens nicht mehr sicher bist, wenn du im Strafvollzug bleibst."
David spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Na, das waren ja schöne Aussichten! Auf Dauer konnte man solchen Attacken wie der von Plichko nicht entgehen. Heute hatte er nur mit viel Glück überlebt, das konnte schon morgen anders aussehen.
„Wie lange braucht ihr, um mich herauszuholen?", fragte er.
Auf Marinins Gesicht erschien etwas, das dort nur noch selten zu sehen war: ein zufriedenes Lächeln. Entspannt lehnte er sich zurück und sah auf seine Armbanduhr. „Noch etwa fünfzehn Minuten. Der Wärter hat deine Sachen bereits in den Gefangenentransporter geladen. Du wirst in eine Basis der Spetsnaz verbracht. Offiziell, um in einem Militärgefängnis einzusitzen. In Wirklichkeit bereiten wir dich dort auf deinen Einsatz in der Zone vor."
Obwohl sich David nichts sehnlicher wünschte, als Ostrov zu verlassen, kochte er vor Wut. „Du hast meine Zelle bereits räumen lassen?", begehrte er auf. „Und was wäre, wenn ich nein gesagt hätte?"
Marinin seufzte vernehmlich. „Das versuche ich dir schon die ganze Zeit zu erklären. Wir haben keine Zeit für ein Nein. Jede Minute zählt!"
David spürte, wie ernst es dem Freund war, darum nickte er als Zeichen seines endgültigen Einverständnisses. Danach ging alles sehr schnell. Krol, der seine Sachen bereits im gepanzerten Fahrzeug verstaut hatte, holte ihn im Büro ab und bestieg mit ihm die Fahrgastzelle.
Das Letzte, was David sah, bevor die schwere Tür zugeschlagen wurde, war Marinin, der von einem Panoramafenster aus die Abfahrt im Hof beobachtete.
Eine Minute später begann die Fahrt ins Ungewisse.
4.
Quälend langsam glitt das Tor der Strafanstalt auf. Die bewaffneten Posten auf den Wachtürmen warteten, bis das Fahrzeug den Durchlass passiert hatte, dann aktivierten sie die Elektromotoren erneut, um die Pforte zu schließen. Krachend landeten die schweren Metallflügel an ihrem alten Platz.
Undurchdringliche Barrieren. Unüberwindlich. Ein stählerner Albtraum für alle Häftlinge, die sich nach der Freiheit sehnten.
Vom nahen Flughafen aus startete ein Passagierjet, um sich seinen Weg durch die Wolken zu bahnen und irgendwohin in die Ferne zu entschwinden. Für den Gefangenen im hinteren Teil des Transporters war diese Möglichkeit so weit entfernt, wie ein Mittagessen in Peking. Er befand sich auf dem Weg ins nächste Gefängnis, für ihn gab es keine Möglichkeit zu einem Kurswechsel.
Davon ging Maxim Volvach, der die Mercedes-Spezialanfertigung lenkte, jedenfalls genauso aus wie sein Begleiter, der junge Weißrusse Eugen Boyko. Beide hatten für ein dickes Rubelbündel bei der Schlägerei ein Auge zugedrückt, ohne zu fragen, in welchem Auftrag Krol handelte. In Ostrov gab es für die Wärter immer wieder etwas nebenbei zu verdienen, das war nichts Besonderes. Deshalb machten sie sich auch keine Sorgen, dass etwas schiefgehen könnte.
Der Deutsche, der hinten angekettet auf der Sitzbank hockte, war das beste Beispiel dafür, wie wenig man ihnen anhaben konnte. Er hatte zwar den Mordanschlag überlebt, aber das brachte sie nicht in Schwierigkeiten. Im Gegenteil. Maxim und Eugen hatten ihr Geld kassiert, und trotzdem kutschierten sie den Deutschen in ein Militärgefängnis, in dem es sicher eine Ecke härter zuging, als in Ostrov, das sie für das reinste Sanatorium hielten.
Ihr Mercedes fuhr eine Weile die schmale Zufahrt der abseits gelegenen Anstalt entlang, bevor die erste Plattenbausiedlung aus sozialistischen Zeiten nahte. Dort schlängelten sie sich durch das Labyrinth der engen Straßenschluchten, vorbei an verdreckten Rasenflächen, zusammengetretenen Sitzbänken und an Hauseingängen, in denen Vandalen jede Klingel einzeln aus der Gesamttafel gerissen hatten. Die Gegend war nur noch spärlich bewohnt und sollte eigentlich schon seit Jahren einem neuen Industriekomplex weichen. Noch stritten aber Unternehmer und Behörden über die Abrisskosten, und so gab es noch vereinzelte kleine Läden, vor denen sich die Berufsalkoholiker zum Zechen versammelten.
Maxim bog gerade in die Straße ein, die zum Fernschnellweg führte, als ihm ein parkender LKW den Weg versperrte. Zum Glück gab es an dieser Ecke kaum Verkehr.
Maxim trat aufs Gaspedal und bretterte entschlossen an der
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