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S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno

S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Handvoll Rubel verdienen könnten. Und da soll ich mich über drei Tote mehr aufregen, wo hier Tag für Tag ein Dutzend neuer Kadaver in der Sonne faulen und es mit jedem Monat schlimmer wird? Nein, David, Typen wie Krol interessieren mich schon lange nicht mehr, die sind selbst für ihr Unglück verantwortlich. Mich interessiert der Rest der Menschheit, der nicht einmal ahnt, wie nah die gesamte Welt am Abgrund steht."
    Alexander ließ sich zurück in den gepolsterten Drehstuhl fallen. Sein Blick ging plötzlich ins Leere, der Brustkorb hob und senkte sich im raschen Takt seiner Atemzüge. Es war nicht schwer zu erraten, woran er gerade dachte. Sicher an seine tote Frau und seine beiden Kinder, denen er nicht hatte helfen können.
    David nahm endlich das bereitstehende Glas Wasser und trank es zur Hälfte aus.
    „Es war nicht meine Idee, die drei Wärter zu opfern", erklärte Marinin mit entrücktem Blick. „Ich habe den Plan aber auch nie angefochten." Entgegen allen vorherigen Beteuerungen schimmerte nun doch ein wenig Bedauern in der Stimme durch. „Ich habe allem zugestimmt, was General Simak wollte, weil mir die Zeit davonläuft, David. Du bist nicht der Einzige, auf den ein Anschlag verübt wurde. Ich habe mir durch meine beharrlichen Nachforschungen selbst viele Feinde gemacht."
    David sah erschrocken auf, doch noch ehe er Gelegenheit fand, eine Frage zu stellen, deutete Marinin auf eine Stelle unterhalb seiner linken Achsel. „Messerstich", erklärte er knapp. „Zum Glück nur eine Fleischwunde. Die Klinge ist von den Rippen abgerutscht. Kaum der Rede wert. Schlimm ist nur, dass der Attentäter ein Vertrauter von mir war. Sergeant Revutsky, ein guter Mann, der sich weiter in die Zone vorgewagt hat als jeder andere von uns. Eines Tages kehrte er nicht zurück und blieb eine Woche verschwunden. Wir hatten ihn schon als Vermisst im Einsatz geführt, als er plötzlich wieder auftauchte. Ein wenig verwirrt zwar, sonst aber kerngesund. Dachten wir zumindest. Bis er hier in der Basis Amok lief."
    Marinin tauchte kurz hinter dem Schreibtisch ab und zog eine Schublade auf. Gleich darauf saß er wieder aufrecht und hielt drei großformatige Fotos in der Hand. Er warf sie auf die Tischplatte. Die Abzüge zeigten einen kräftigen Mann mit nacktem Oberkörper, der auf einem verchromten Seziertisch mit umlaufender Blutablaufrinne lag. In seiner Brust klafften zwei hässliche Löcher, die nach großem Kaliber aussahen.
    Den linken Unterarm zierte eine augenfällige Tätowierung, eine durch Punkte abgegrenzte Buchstabenkombination, die den Schriftzug S. T.A. L.K. E.R. ergab. Zwei Großaufnahmen hoben jedes einzelne Detail hervor.
    „Was ist das?", fragte David, in einem Anflug von Zynismus. „Eine neue Strafe für Kerle, die ihre Ex-Freundin am Telefon terrorisieren?"
    „Das Wort hat nichts mit dem englischen Begriff Stoiker gemein", erklärte Alexander eilig. „Es ist vielmehr eine Abkürzung, die für ..."
    „Geschenkt", unterbrach ihn David. „Ich habe in der Gefängnisbibliothek gearbeitet. Da gab es die Tageszeitung." Aus diesem Grunde wusste er auch, dass die Buchstaben S. T.A. L.K. E.R als Abkürzung für Scavenger, Trespasser, Adventurer, Loner, Killer, Explorer und Robber dienten und in ihrer Gesamtheit die freischaffenden Söldner bezeichneten, die innerhalb der Zone illegal nach Anomalien und Mutationen jagten und sie an den Meistbietenden verschacherten.
    Im Gefängnis hatte er sich vor allem Gedanken über die schleichende Anglisierung osteuropäischer Staaten gemacht, die ukrainische Journalisten dazu trieb, ein lokales Phänomen mit englischen Begriffen zu beschreiben. Hier und jetzt, konfrontiert mit den Bildern des Toten, stellten sich weitaus wichtigere Fragen.
    „Warum lässt sich ein Elitesoldat die Abkürzung für Aasgeier, Landstreicher, Abenteurer, Einzelgänger, Mörder, Forscher und Räuber eintätowieren?", wollte er von Alexander wissen. „Abgesehen von Abenteurer und Forscher sind das ja nicht gerade schmeichelhafte Bezeichnungen."
    „Das wüssten wir auch gerne." Marinin zuckte mit den Schultern. „Vermutlich hängt das mit Revutskys Gehirnwäsche zusammen."
    „Gehirnwäsche?", echote David verblüfft.
    „Anders ist sein Gesinnungswandel nicht zu erklären", fuhr Marinin fort. „Außerdem ist er nicht der Einzige, der unsere Reihen unterwandert hat. Das macht Simak und seine Genossen ja so nervös, dass sie ohne zu zögern Leute wie Krol über die Klinge springen lassen.

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