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S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno

S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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und versuchte dort, das Innerste nach außen zu kehren.
    Von einem Atemzug zum anderen baute sich hinter seiner Stirn ein enormer Druck auf, der von innen auf die Augäpfel drückte. David entfuhr ein Stöhnen. Instinktiv schüttelte er den Kopf, um das über ihn hereinbrechende Gefühl abzuwehren. Doch es half nichts, der Schmerz wühlte weiter in ihm.
    Was als nächstes geschah, konnte er selbst nicht erklären, obwohl er mit jeder Faser spürte, dass es aus ihm selbst heraus passierte. Irgendwo, aus einem verborgenen Winkel seiner Selbst, brach plötzlich ein warmes Pulsieren hervor, das sich explosionsartig nach allen Seiten ausbreitete.
    Der fremde Einfluss, der ihn körperlich lahmte, versuchte sich weiter in ihm festzukrallen, doch Davids Abwehrreaktion war stärker. Er konnte regelrecht spüren, wie sein mentaler Gegenschlag gegen den Scheitel hämmerte.
    Kim stieß einen Schrei aus, gleichzeitig zuckte sie wie unter einer Ohrfeige zurück. Erst da wurde ihm klar, dass sie nach seinen Gedanken getastet hatte.
    Von diesem Moment an wusste David, warum es der Armee nicht mehr gelang, die Stalker zu infiltrieren. Weil sie jeden Spion mühelos enttarnen konnte. Sie, die Tochter der Marina Volchanova, dem stärksten russischen PSI-Talent seit Bestehen der Abteilung Acht.
    Deshalb hatte Plichko befohlen sie zu töten - weil sie Dutzende seiner Kameraden auf dem Gewissen hatte.
    Einen Moment lang brachte David kein Wort hervor, dann schlug seine Verblüffung in blanken Zorn um.
    „Was fällt dir eigentlich ein?", brüllte er Kim an. „Ich hau dich aus der Scheiße raus, und dafür versuchst du mich mental zu vergewaltigen?"
    Seine Worte trafen sie härter als Fausthiebe, das sah er sofort. Alles Blut wich aus Kims Gesicht. Sie wurde kalkweiß und stolperte zwei Schritte zurück. Einen Moment lang sah es so aus, als wollte sie anfangen zu weinen, dann schlug ihre Reaktion ins genaue Gegenteil um.
    „Was...?", brach es aus ihr hervor. „Was sagst du da? Verge..."
    Er wusste auch später nicht mehr, wie sie es gemacht hatte, doch auf einmal hielt sie ihre Sig Sauer in der Hand. Mit einer routinierten Daumenbewegung schob sie den Sicherungshebel nach vorne und stieß David die kalte Mündung gegen die Stirn.
    „Sag das nie wieder!", brüllte Kim ihn an. „Nicht dieses Wort! Nicht, nach dem, was mir beinahe passiert wäre!"
    In ihren Augen wallte es feucht auf, bis sich die erste Träne aus dem Augenwinkel löste. Kims Hand zitterte, doch die zwei Kilo Stahl, die auf seinen Schädel drückten, bewegten sich keinen Millimeter. Den Kopf tief in den Nacken gelegt, sah er genau, wie ihr gekrümmter Zeigefinger sich langsam weiß zu verfärben begann. Kim hatte den Druckpunkt beinahe erreicht. Von nun an reichte die geringste Muskelkontraktion, um sein Leben auszulöschen.
    Davids Hirn war vollkommen blockiert. Da gab es weder Bilder aus seinem Leben, die im Bruchteil einer Sekunde vorüberzogen, noch Gedanken, die sein Schicksal beklagten. Er dachte tatsächlich an nichts. An absolut gar nichts.
    „Du bist wirklich das Undankbarste, was mir je begegnet ist", drang es über seine Lippen, er wusste selbst nicht, warum.
    Zwei endlos lange Sekunden rechnete er damit, gleich in eine tiefe, alles verschlingende Schwärze zu stürzen. Stattdessen löste sich die kalte Mündung von seiner Stirn, und Kim wankte zurück. Die Tränen rannen ihr nun in Strömen über die Wangen, und sie schluchzte laut auf. Zum Glück nahm sie den Finger vom Abzug, bevor sie sich an den Rand des ausgehobenen Eingangs setzte.
    All die Schrecken und Anspannungen der vergangenen Stunden brachen plötzlich aus ihr heraus. Sie weinte hemmungslos. David wischte sich über den Mündungsabdruck an seiner Stirn und stand ansonsten hilflos vor ihr. Ein Teil von ihm wollte sie tröstend in die Arme schließen, ein anderer erkannte glasklar, dass diese Geste momentan völlig fehl am Platze war.
    „Tut mir leid", sagte er. „Ich hab's nicht so gemeint."
    Er streckte seine Hand aus, um ihr beruhigend an die Schulter zu fassen, doch sie wich der Berührung aus. Langsam rutschte sie an dem einen halben Meter tiefen Absatz herab, bis sie ganz am Boden kauerte, das Gesicht tief zwischen den Armen verborgen.
    David nahm ihr vorsichtig die Pistole aus der Hand, sicherte sie und legte sie neben ihr ab.
    „So ist gut", sagte er. „Lass den ganzen Mist ordentlich raus ..."
    Die letzten vier Jahre hatten aus ihm einen stammelnden Idioten gemacht. Bevor er sich also

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