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S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse

S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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übertragen hatten, zu entfernen.
    Alles, wonach er sich sehnte, fand er gut zwei Kilometer entfernt in der von Stacheldraht und hohen Metallzäunen umgebenen Siedlung, die sich vor ihm am Horizont ausbreitete. Sonderlich einladend sah es nicht gerade aus. Aber was wirkte hier in der Zone schon verlockend?
    Die ehemalige Kolchose hatte schon trist und abstoßend ausgesehen, als sie in den Sechziger Jahren errichtet worden war. Großporiger, mit minderwertigem Zement gegossener Beton war der Baustoff jener Zeit, aus dem fast alle Gebäude dieser Gegend bestanden.
    Gebrannte Ziegel? Dachpfannen? So etwas verwendete doch nur der dekadente Klassenfeind. Billige Eisenträger und überhastet hergestelltes Wellblech ― daraus wurden sozialistische Einheitsbauten erstellt. Hässlich, aber funktionell. Und extrem pflegebedürftig. Der erste Flugrost musste schon entfernt werden, bevor der örtliche Parteibonze die Schere zückte und das rote Band auf der Einweihungsfeier durchschnitt. Das gehörte damals dazu, wie der billige Schaumwein, der zu solchen Anlässen ausgeschenkt wurde.
    Alexander konnte sich noch gut an diese Zeiten erinnern. Und jetzt? Die Jahre nach der Reaktorkatastrophe hatten den ohnehin vorprogrammierten Verfall noch weiter beschleunigt. Die leer stehenden Gebäude waren in Windeseile zu Ruinen verfallen. Größtenteils entglast und verwittert, von undichten Rohrleitungen und eisernen Aufbauten durchzogen, wirkte die ganze Anlage wie eine prähistorische Stätte, die noch ihrer Entdeckung harrte. Meterhoch wucherndes Unkraut, das an vielen Stellen bis an die Regenrinne reichte, bildete einen der beiden Farbtupfer in dieser Tristesse, die großen roten Flecken, die sich an einem ovalen Wassertank abzeichneten, den anderen. Man musste diese Gegend schon sehr gut kennen, um zu ahnen, dass sie die Stellen markierten, an dem die Konstruktion vollkommen durchgerostet war.
    „Und da leben Menschen?" Davids Stimme klang, als würde sie von oben herabschallen.
    Verwundert warf der Major einen Blick über die Schulter. Und tatsächlich. Statt dem Jungen ins Gesicht zu sehen, starrte er ihm auf den Brustkorb. Seine Füße schwebten einen halben Meter über dem abschüssigen Boden.
    „Bist du verrückt geworden? Wenn das irgendjemand sieht, haben wir in Kürze jeden freien Stalker zwischen Tschernobyl und Prypjat auf dem Hals! Willst du das?"
    Es war nicht gerecht, David so anzufahren, das wusste er, noch während die Worte aus ihm herausbrachen. Die Zone hatte den Jungen hart gemacht, härter als jemand seines Alters sein sollte, doch tief in seinem Inneren hatte er sich einen Rest jugendlicher Unbekümmertheit bewahrt.
    Eigentlich war das ein Zeichen der Hoffnung. Doch sie befanden sich nun einmal in der Zone, am schlimmsten Platz auf Erden, der beinahe der Hölle gleichkam. Und an dem jeder Fehler unbarmherzig bestraft wurde.
    „Nur die Ruhe!" David klang verletzt. „Ich wollte mir bloß einen besseren Überblick verschaffen." Langsam sank er auf den Boden zurück. Mittlerweile beherrschte er den Nachtstern so gut, das er sich nur entsprechend konzentrieren musste, um mühelos einen halben Meter auf- und wieder abzusteigen.
    Autobauer aus aller Welt würden für dieses Artefakt töten, wenn sie nur davon wüssten. Wer seine physikalischen Eigenschaften analysierte, war in der Lage schwebende Fahrzeuge zu bauen. Und wer das exklusive Patent auf solch eine Neuheit besaß, beherrschte über Nacht den Markt. Soviel stand fest.
    „Es ist schließlich nicht meine Schuld, dass wir den Monolith-Stalkern in die Arme gelaufen sind."
    Er hätte David erklären müssen, dass er ihm keine Vorwürfe machte, doch dafür fehlte Alexander plötzlich die Luft. Ein dreifaches Stechen durchfuhr seinen Brustkorb, das erst wich, als er die entsprechenden Stellen mit seinem Handballen massierte. Alexander kannte diesen Schmerz besser, als ihm lieb war. Was er nun dringend gebraucht hätte, wäre ein weiteres Steinblut-Artefakt, doch er hatte seinen gesamten Vorrat zur Heilung ihrer Schusswunden aufgebraucht.
    „Es konnte nun wirklich niemand ahnen, dass sich die Feuerkäfer gegen uns wenden", fuhr David fort.
    „Das macht dir doch auch niemand zum Vorwurf", entgegnete Alexander krächzend.
    „Und warum bist du dann so gereizt?"
    „ Weil mir die Zeit davonläuft.” Endlich, der Krampf löste sich. Er konnte wieder durchatmen.
    „Scheiße", fluchte David leise, denn er sah erst jetzt, unter welchen Schmerzen der Major litt.

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