S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse
zuließen, und drängte den Kittelträger mit sanftem, aber äußerst bestimmtem Druck zurück.
„Nein", sagte er dazu.
„Nein?" Sein Gegenüber sah so aus, als würde ihm gleich das Essen aus dem Gesicht fallen. Mit weit aufgerissenen Augen plusterte er sich auf. „Was heißt hier nein, Agent Wronski? Sie wissen wohl nicht, wen Sie vor sich haben?"
„Boris Kochow", antwortete der Tätowierte. „Biochemiker ohne anerkannten Abschluss."
Das Gesicht des Kittelträgers lief knallrot an, wurde aber sofort wieder bleich, als er die auf seinen Brustkorb gerichtete MP5-Mündung sah.
„Was ... was erlauben Sie sich?", stammelte er überrascht.
„ Befehl oberster Priorität”, klärte ihn Wronski auf. „Die Auserwählte obliegt ausschließlich der Bewachung durch Agenten."
Die brünierte Mündung der entsicherten Waffe blieb auf den Brustkorb gerichtet. Kochow brauchte einen Moment, um die Fassung wiederzuerlangen. Schließlich rang er sich doch ein verbindliches Lächeln ab und sagte: „Ähem, in diesem Fall ist natürlich alles in Ordnung. Weitermachen, Männer."
Während Kim noch überlegte, ob sie diese Szene amüsieren sollte oder nicht, wurde sie bereits von ihren Wächtern an den Armen gepackt und weitergezerrt. Durch ein zweiflügeliges Stahltor ging es hinüber in den nächsten Trakt. Dort erwartete sie keine Halle, sondern ein schmaler Gang, von dem verschiedene Türen abgingen. Je weiter sie marschierten, desto stärker wuchs in Kim ein Verdacht, was sie am Ende des Weges erwarten mochte.
Als sie plötzlich in einem lang gestreckten Waschraum stand, in dem fünf Duschköpfe aus der Wand ragten, wurden ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Auf einem Hocker nahe der Tür lag ein Stapel Damenunterwäsche in verschiedenen Größen. Feinripp von eher minderer Qualität. Genau die Art Wäsche, die sie nie im Leben aus freien Stücken wählen würde. Aber das war im Moment wohl ihr geringstes Problem.
„Was soll das hier werden?", herrschte sie die beiden Wachen an, die hinter ihr eingetreten waren. „Ihr glaubt doch wohl nicht, dass ich mich vor euren Augen ausziehe, oder?"
Die beiden Stalker sahen sie ohne jede Gefühlsregung an.
„Dekontamination", leierte Wronski, als könnte er das Wort selbst nicht mehr hören. Die Waffe im Anschlag blieb er neben seinem Kameraden stehen.
Kim ballte ihre Hände zu Fäusten, um ihre Gefühle im Zaum zu halten.
Verzweifelt sah sie sich in dem gekachelten Raum um, der von der Außenwelt hermetisch abgeschottet war. Die Entlüftung lief über eine mit Filtern versehene Absauganlage. Tageslicht fiel nur durch eine doppelte Reihe Glasbausteine ein.
„Ihr braucht mich hier drinnen nicht zu bewachen", erklärte sie den beiden Stalkern mit aller Bestimmtheit, zu der sie fähig war. „Es gibt für mich nicht den geringsten Fluchtweg. Es reicht also, wenn ihr draußen wartet."
Die beiden Wächter starrten sie wortlos an, ohne ein einziges Mal mit den Augen zu zwinkern. Es wirkte nicht im Geringsten so, als ob sie über ihre Worte nachdenken würden. Sie kommunizierten auch nicht miteinander. Trotzdem fällte Wronski plötzlich eine Entscheidung.
„Akzeptiert", sagte er. „Sie haben zehn Minuten, dann treten wir wieder ein."
Kim sah den beiden hoch erhobenen Hauptes hinterher, doch in der gleichen Sekunde, da die Tür ins Schloss fiel, erschlaffte sie, als hätte jemand die Luft aus ihr herausgelassen. Sie musste sich sogar an der gefliesten Wand abstützen, um nicht zusammenzusacken. Tränen stiegen in ihr auf und brannten heiß in ihren Augen. Am liebsten hätte sie einfach losgeheult, doch sie wusste, dass sie für mehr als zehn Minuten zusammenbrechen würde, wenn sie ihren Gefühlen jetzt freien Lauf ließ. Mühsam drängte sie ihre Verzweiflung zurück und wischte sich die Tränen aus den Augen.
„Ihr kriegt mich nicht klein", flüsterte sie dabei, „ihr nicht!"
DAS WÄCHTERLAGER
Alexander Marinin wischte seine Hände an der Hose ab, bevor er den Hügel hinaufstapfte. Sein Monolith-Anzug lag nun drei Handbreit unter einer Grasnarbe verborgen. Nur den Helm, der vor der schädlichen Strahlung im Zentrum der Zone schützte, hatte er in seinem Rucksack deponiert.
Der Dreck, der sich unter seinen Fingernägeln und in den tiefen Rillen seiner rissigen Haut festgesetzt hatte, ließ sich nicht durch einfaches Reiben entfernen. Was er dringend brauchte, war eine Dusche. Schon allein, um eventuelle Strahlenrückstände, die sich beim Entkleiden
Weitere Kostenlose Bücher