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S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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bereits ein gutes Stück hinter uns gebracht, als ich meine Hand hob und die Gruppe zum Stehen brachte.Meine Jungs blieben wie angewurzelt stehen und schwiegen: In den Katakomben war das Gehör der Hauptsinn des Anführers. Und es ließ mich nicht im Stich — vor uns hinter der Ecke erklangen undeutliche Geräusche, die an das Gemurmel von Bürern erinnerten.
    Ich behielt die Hand oben und schickte Mischa vor. Als er heil an der Ecke ankam, gesellte ich mich zu ihm. Hier hörte man schon, dass das Raunen menschliche Sprache war. Ich ging in die Hocke, stützte mich auf ein Knie und streckte vorsichtig meinen Kopf vor —so waren die Chancen besser, nicht gleich entdeckt zu werden.
    Zwanzig Meter von meiner Position entfernt bot mir ein Militärstalker in Tarnuniform sein Profil dar. Die Uniform war ihm zu groß und hing wie ein Sack an ihm herunter. Um den Kopf hatte er einen alten dreckigen, durchgeschwitzten Verband gewickelt. In der einen Hand hielt er ein automatisches Gewehr und in der anderen ein Funkgerät, beides amerikanische Fabrikation. Ab und zu murmelte er etwas in das Walkie-Talkie.
    Ich sah mir den dunklen Haufen zu seinen Füßen genau an. Es handelte sich um eine Leiche in Schutzausrüstung. Ich vermochte keine Zugehörigkeit zu irgendeinem Clan festzustellen — ich sah nur seine Beine. Die Leiche war schon alt, die Bürer hatten sie längst bearbeitet: Aus dem rechten Hosenbein ragte, von blutigem Fleisch umgeben, der nackte Knochen heraus.
    Hinter mir spürte ich eine leichte Luftbewegung und wusste, dass der neugierige Mischa an mir vorbeilugte. In dieser Haltung hätte ich ihm blind, mit einer einzigen Bewegung des Ellbogens, die Nase brechen können — und, hey, so schlimm wäre das gar nicht, manchen wurden ihre Nasen komplett abgerissen, wenn sie so naseweiß waren. Allerdings würde er bestimmt schreien, und das konnten wir nicht gebrauchen.
    Der Stalker stand unter einer Glühbirne, und wir waren im Schatten. Er konnte uns unmöglich sehen. Also glotzte Pustelga neugierig weiter, ohne auch nur zu ahnen, welcher Gefahr er gerade entronnen war.
    „Sokol, hier Kretschet!", wiederholte der Stalker mit weinerlicher Stimme ins Mikro. „Sokol, hier Kretschet! Wir wurden angegriffen!Schickt Hubschrauber!"
    Es war sinnlos. In dieser Tiefe waren selbst PDAs unbrauchbar —die massiven Betonplatten und die dicke Erdschicht schirmten jedes Signal erfolgreich ab. Folglich konnten auch die amerikanischen Walkie-Talkies kein Signal empfangen. Zudem hing von seinem Gerät ein zwanzig Zentimeter langes Kabel ab, das nirgendwohin führte.
    „Sie fressen uns bei lebendigem Leib auf!" Der Mann fing heiser an zu schreien und zu husten.
    Das war eine der Zonenlegenden — der Geist des Verlorenen Stalkers. Er wanderte durch die unterirdischen Gänge des Dunklen Tals,seit die Militärstalker einst versuchten, die Tiefen der Katakomben zu ergründen und dabei kläglich scheiterten. Damals ließen sie drei Viertel ihrer Truppen zurück.
    Außer einem — diesem hier! — überlebte keiner in der Tiefe. Und bei ihm war auch unklar — hatte er tatsächlich überlebt, oder irrte nur seine tote Hülle in den Kasematten umher.
    Seine zusammenhanglosen Schreie und sein Husten nervten die Stalker schon seit Jahren. Wenn er Menschen hörte, feuerte er auf sie oder rannte ins Innere des Labyrinths. Niemand wusste, woher er seine Munition bekam. Obwohl — die Antwort lag eigentlich auf der Hand:
    Die Munition brachten die Stalker hierher, die hier starben. Und die Bürer schleppten auch alles Mögliche heran, was sie im Dunklen Tal fanden, unter anderem auch Munition, die sie aus Depots entwendeten.
    Neue Kleidung zog er wahrscheinlich auch den Leichen aus. Trotzdem blieb unklar, wovon er sich seit so langer Zeiternährte. Wohl kaum von den Bürern. Nein, er musste ein Gespenst sein.
    Er beugte sich über die Leiche, und ich hatte einen Geistesblitz —eine Sekunde, bevor der Verrückte auf die Knie ging und aus seinem Stiefel ein Messer zog.
    „Bürer ...", schluchzte der Militärstalker und schnitt mit einer routinierten Bewegung dünne, durchsichtige Fleischscheiben vom Bein seines ehemaligen Kameraden ab. Wie ein professioneller japanischer Koch beim Zubereiten eines Sashimis. „Verfluchte Biester ...",jammerte er, schob sich das Stück in den Mund und fing sorgfältig an zu kauen.
    Mischa Pustelga gab ein kurzes würgendes Geräusch von sich. Der verrückte Militärstalker hob sofort den Kopf, horchte, sprang

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