S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
haben schon einiges über die Sümpfe gehört. Das wäre zu riskant. Gibt es denn keinen anderen Ausweg? Wenn wir He-He zum Beispiel hier neben dem Lager liegen ließen und die Rettungskräfte rufen ?"
„Ja, tatsächlich", sagte Donahugh mit hoffnungsvoller Stimme. „Hierher werden doch bestimmt Rettungskräfte geschickt?"
„Also gut", seufzte ich. „Mit mir hättet ihr sicher nur eine geringe Chance, hier wieder heil raus zu kommen. Mir scheint, es wäre besser, wenn ihr alle hier auf die Rettungskräfte warten würdet. Da ihr berühmte Persönlichkeiten und Bürger einer Supermacht seid, werdet ihr keine hohen Strafen aufgebrummt bekommen. Stattdessen wird man euch wegen guter Führung auf Drängen der amerikanischen Botschaft schon bald zurück in die Heimat deportieren ... Unseren slawischen Brüdern droht praktisch auch kein Ungemach, bei uns herrscht ja allenthalben Korruption in den Militärorganen. Ich beneide euch, Jungs! Noch einen guten Aufenthalt ..."
Ich warf Mischas Gewehr ins Gras, hob den stöhnenden He-He auf, schlang seinen Arm um meinen Nacken und schleppte meinen Kameraden zum Wald. Zusammen mit seinem Rucksack war He-He unglaublich schwer, aber den Rucksack zurücklassen wollte ich auch nicht. Sollte irgendein Notfall eintreten, hätten wir zu zweit nur eine komplette Schutzausrüstung gehabt.
Gut, dann mach ich eben öfter Pause. Hauptsache, die Zigaretten gehen uns nicht aus, He-He hält durch und stirbt nicht in meinen Armen.
Nach zehn Metern holte mich Donahugh ein. Er schnappte sich den anderen Arm von He-He und verlagerte einen Teil des Gewichts auf sich.
„Dank dir, Bruder", sagte ich.
Noch einige Meter später legte mir Camacho die Hand auf den Rücken. „Komm, lass das lieber mich machen. Konzentriere du dich auf das Führen und sei aufmerksam. Nicht dass wir in eine Falle tappen."
Ich widersprach ihm nicht.
Die Touristen wechselten sich oft ab. Zwei schleppten He-He, einer lief vorne, zwei bildeten die Nachhut und zogen den Rucksack meines Helfers hinter sich her.
Ich ging einige Schritte voraus und sondierte die Umgebung. Wir kamen nur langsam voran und blieben nach fast jedem Schrittstehen — das Ufer des Bernsteinsees, das zu den Sümpfen führte, war übersät mit Anomalien.
Eine vorbeifliegende Krähe beispielsweise geriet zu unserem Glück in die aktive Zone eines Vogelkarussells. Sie krähte verzweifelt, ruderte zitternd mit den Flügeln und versuchte zu entkommen, während die Zentrifugalkraft der Anomalie sie immer schneller in der Luft drehte und immer mehr hineinzog. Die Federn wurden von der Luftströmung herausgerissen und stoben in alle Richtungen. Schließlich erklang ein hässliches Knacken und der Vogelkörper regnete in Fetzen zu Boden. Die Überreste bedeckten ein paar Quadratmeter der Umgebung.
In einem solchen Fall brauchten wir keine Detektoren und auch nicht unsere Intuition, wir konnten dem Zentrum jener Anomalie leicht ausweichen.
Der Rucksack wurde langsam schwerer — die „Wolfstränen", die ich vom Gravitationskonzentrat trennte, verloren nach und nach ihre Wirkung. Sie verwandelten sich einfach in eine der Wissenschaft unbekannte Gesteinsart, die außerhalb der Zone wertlos war. Für einige Zeit reichte ihre Wirkung jedoch noch, und das war immerhin etwas.Und die Touristen konnten sie als Erinnerungsstücke behalten.
Auf einem Ast saß noch eine Krähe, die den Tod ihrer Freundin verfolgt hatte. Eine Krähe stellte übrigens ein nahrhaftes Mal dar, man musste sie nur erschießen und über heißer Glut grillen. Ihr Fleisch speicherte fast keine Strahlung, sodass Krähen und Ratten das einzige genießbare Fleisch der Zone lieferten. Ich hatte mal gehört, dass im Falle eines nuklear geführten Weltkriegs Krähen, Ratten, Küchenschaben und Löwenzahn in der Lage sein würden, zu überleben und sich an die neuen, strahlenverseuchten Lebensbedingungen anzupassen. Das waren Lebewesen und Pflanzen, die sich durch besondere Langlebigkeit, Widerstandskraft und einen unglaublichen Vermehrungstrieb, ganz gleich unter welchen Bedingungen, auszeichneten.
Ich hatte schon mehrere Male eine Krähen-Ratten-Diät ausprobiert, notgedrungen natürlich, weil ich in entlegenen Zonenwinkeln feststeckte und mir meine Vorräte ausgegangen waren. Darum besaß ich genügend Erfahrung, um notfalls eine Krähe so zuzubereiten, dass die Amerikaner nur noch mit den Zungen schnalzen konnten.
Nur wer, bitte schön, würde jetzt eine Krähe wollen, wenn die
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