Star Trek - Into Darkness
Anbauten waren von ihrem architektonisch bedeutsamen Vorbild nicht zu unterscheiden. Nachdem das Ehepaar den Wagen in einer unterirdischen Parkgarage abgestellt hatte, ging es einen Korridor entlang, der ihnen ebenfalls nur allzu gut bekannt war. Man hatte Dr. Ainsworth über ihre Ankunft informiert, und er erwartete sie. Er blickte den Hasen an, den die Frau an ihre Brust gepresst hielt, als wäre er ein mittelalterlicher Schild. Dann begann er zu sprechen. Leise, wissend, aber nicht beschwichtigend. Er wünschte sich verzweifelt, es gäbe einen Ersatz für die Wahrheit. Das hatten sich wohl alle Mediziner seit Anbeginn der Zeit schon einmal gewünscht. Für dieses Ehepaar hatte er keinen. Keinen Ersatz für die harte, gefühllose Realität.
Während er sprach, glitten Schwebetragen, die von Krankenhausangestellten geschoben wurden, leise an ihnen vorbei. Schwestern gingen von einem Zimmer zum anderen. Seine ruhigen, aber schonungslosen Worte waren für das Paar nichts Neues. Gelegentlich nickten sie, ohne etwas zu sagen, während sie dem Arzt zuhörten. Schon lange nahmen sie die besorgniserregende, unbarmherzige Litanei völlig abgestumpft zur Kenntnis. Keine Veränderung. Keine Verbesserung. Als es nichts mehr gab, was der Arzt tun konnte, überließ er sie ihrer Trauer. In der Medizin gibt es einen Punkt, an dem Worte nicht nur nutzlos, sondern kontraproduktiv sind. Dr. Ainsworth war ein sehr erfahrener Arzt, der wusste, dass dieser Punkt nun erreicht war.
Das Mädchen im Bett war acht Jahre alt. Die Kleine war von den besten und fortschrittlichsten Apparaten umgeben, die die moderne Medizin zu bieten hatte. Sie lag reglos und mit geschlossenen Augen da, atmete langsam und gleichmäßig. Ihre Haut war zart und hatte die Farbe von feinstem Kakao. Die Überreste ihres langen schwarzen Haars hatte man ihr ordentlich aus dem Gesicht gekämmt. Die Krankheit verschlang ihre rabenschwarzen Strähnen gemeinsam mit dem Rest ihres Körpers. Sie war dünner geworden. Sie hielt kaum am Leben fest, würde ihren neunten Geburtstag nicht mehr erleben.
Die Mutter hob den Arm des kleinen Mädchens an und schob den Hasen darunter. Sie wollte glauben, dass ihre Tochter die Berührung der weichen Synthetikfasern spüren konnte. Sie hielt nach einem Lächeln, einem Zucken oder irgendeiner Reaktion Ausschau. Es passierte nichts – nur das leise Summen und gelegentliche Piepen der wachsamen, aber emotionslosen Apparate, die ihre Tochter am Leben erhielten, war zu hören. Sie beugte sich über das Mädchen, streichelte ihre linke Wange und gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Mit der linken Hand griff sie nach den zarten Fingern der rechten Hand des Kindes. Wie immer zeigte die Kleine keine Reaktion. Die Mutter hatte so lange an sich gehalten wie möglich, doch nun begann sie zu weinen. Eine Brise strich durch die Bäume, die draußen vorm Fenster des Krankenzimmers wachten.
Der Vater wurde von seiner Trauer übermannt und konnte nicht länger die Fassung bewahren. Er floh aus dem Zimmer.
Draußen auf der alten steinernen Terrasse vor dem Krankenhaus war es friedlich. In der Entfernung ragten die Hochhäuser des Großraums London am Horizont empor. Hier und da saßen Patienten allein auf Stühlen und genossen die frische Luft. Krankenschwestern und Pfleger schoben die weniger mobilen Patienten durch den sorgfältig angelegten Garten. Sie manövrierten sie zwischen Blumenbeeten und künstlich errichteten Wällen hindurch wie Schiffe durch ein grünes Meer. Die Vögel sangen. Allen Widrigkeiten zum Trotz lebten in England auf dem Land noch wilde Vögel. Doch selbst ihr fröhlicher Chor konnte nicht helfen, den Kummer des Mannes zu lindern. Seine komplette, vollkommene und überwältigende Verzweiflung ging ebenso tief wie das Gefühl von Machtlosigkeit. Seine Tochter wurde ihm genommen. Ihr Leben versickerte so stetig und unaufhaltsam wie die Flüssigkeit aus einer zerbrochenen Flasche. Es gab nichts, was sie tun konnten. Gar nichts.
»Ich kann sie retten.«
Der Vater zuckte erschrocken zusammen und drehte sich um. Es war ihm unangenehm, dass man ihn in einer so intimen Situation erwischt hatte.
»Was haben Sie gesagt?«
Der Fremde, der ihn angesprochen hatte, war etwa im gleichen Alter wie er, obwohl das schwer zu beurteilen war. Sein Haar war ordentlich gekämmt, der Körper unter seiner unscheinbaren Kleidung schlank und fest. Er hatte ein schmales Gesicht und der Blick seiner Augen war bemerkenswert
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