Star Trek - Vanguard 04 - Offene Geheimnisse
sie für ihn empfand und ertrug. Und die Erschöpfung, welche sich hinter ihren Schutzschichten aus Pflichtbewusstsein und Protokoll verbarg. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit Spires zu, der ebenfalls aufgestanden war, sein Gesicht eine Maske der Empörung.
„Verzeihen Sie, Captain“, sagte Spires, „aber ich befinde mich mitten in einer Besprechung mit meinem Mandanten.“
Anstatt auf ihn einzugehen, drehte sich Desai zu Reyes. „Ich bin gekommen, um Ihnen meine Dienste als Verteidigerin anzubieten, Commodore.“
Reyes war vollkommen überrascht. „Meinst du das ernst?“
„Entschuldigung“, warf Spires ein, und Reyes sah, dass ihm buchstäblich der Mund offen stand. „Werde ich etwa entlassen ?“
Desai schüttelte den Kopf. „Ganz und gar nicht“, antwortete sie. „Allerdings hat der Angeklagte das Recht, selbst darüber zu entscheiden, wer ihn vor Gericht vertritt.“ Abermals sah sie Reyes an. „Commodore?“
Reyes war sich nicht sicher, was er denken oder glauben sollte. Seine eigene Lebensgefährtin marschierte in den Raum und riss offensichtlich die Kontrolle über die Situation an sich. Anstatt sofort zu antworten, schloss Reyes die Augen und schüttelte den Kopf, als wolle er vertreiben, was doch eindeutig nur eine Halluzination sein konnte. Doch als er die Augen wieder öffnete, stand Desai immer noch vor ihm. Ungläubig runzelte er die Stirn.
„Ich verstehe das nicht“, sagte er. „Rana, die Gerüchteküche funktioniert selbst hier unten leidlich gut. Du hast den letzten Monat damit verbracht, meine Anklage vorzubereiten. Ich weiß, dass du nur deine Pflicht machst, aber willst du mir wirklich sagen, dass du so einfach eine Kehrtwendung machen kannst?“
Desai rollte mit den Augen. „Diego, du weißt, dass ich dich liebe – aber manchmal kannst du ein echter Vollidiot sein. Ich habe all diese Zeit damit verbracht, herauszufinden, was man dir vorwerfen kann, damit ich dich
verteidigen
kann.“
„Das ergibt keinerlei Sinn“, murmelte Reyes verwirrt.
„Unter normalen Umständen“, erläuterte Desai, „wäre ich als leitende JAG-Offizierin der Station während einer Verhandlung vor dem Militärgericht automatisch als Vertreterin der Anklage eingesetzt. Es stand außer Zweifel, dass mich die Sternenflotte nicht gegen dich vor Gericht ziehen lassen würde. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis man mich ersetzte. Aber was kann ich dafür, dass die Flotte dafür so lange gebraucht hat?“ Sie hob die Schultern. „Also habe ich meine Mitarbeiter eine Anklage vorbereiten lassen und die Nächte damit verbracht, Entgegnungen für alles zu finden, das wir tagsüber ausgearbeitet haben.“
„Und was zum Teufel glauben Sie, habe ich in den letzten Wochen getan?“, fragte Spires und machte keine Anstalten, seinen Zorn zu verbergen. Der Commander fühlte sich in seiner Ehre verletzt, das war deutlich zu sehen. Reyes konnte es ihm nachfühlen. Niemand sah sich gerne als ersetzbar oder austauschbar an. Reyes und Spires hatten eine Weile gebraucht, um miteinander warm zu werden, doch seitdem hatte der junge Anwalt viel Zeit und Mühe auf die Verteidigung des Commodore verwendet. Dass ihn der Gedanke, ersetzt zu werden, wütend und abweisend reagieren ließ, war da nur verständlich.
Desai wandte sich Spires zu. „Bei allem gebührenden Respekt, Commander, denke ich doch, dass ich am qualifiziertesten bin, Commodore Reyes vor Gericht zu vertreten. Mein Wissen über die vertraulichen Aspekte von Operation Vanguard übersteigt das Ihre, nicht zu sprechen von meinem Wissen über die entsprechend informierten Besatzungsmitglieder dieser Station.“
Als Spires antwortete, lag Bitterkeit in seinen Zügen. „Ich vermute, Ihre Beziehung mit dem Commodore kommt dabei auch recht günstig.“
„Ja, Commander“, sagte Desai schlicht. „Das dürfte ebenfalls von Nutzen sein.“ Zu Reyes gewandt, fügte sie hinzu. „Aber da ist noch etwas. Er glaubt nicht daran, dass du gewinnen kannst. Vielleicht kannst du das auch nicht – aber
ich
bin noch nicht bereit, das einzusehen.“ Mit ihrem Daumen deutete sie auf Spires. „Er hat es längst.“
„Wie bitte?“, fuhr Spires auf. Sein Gesicht war vor Zorn gerötet, und Reyes sah, dass es den Mann alle Selbstkontrolle kostete, nicht auszurasten. „Bei allem Respekt, Captain. Wie können Sie es wagen …“
„Sie
haben
eingesehen, dass Sie nicht gewinnen können“, sagte Desai und schnitt ihm das Wort ab. „Vielleicht noch nicht mit Worten, aber
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