Star Trek Voyager02 - Die Flucht
dunkel, kalt, und bedrückend. Er fragte sich, wie jemand in ihnen arbeiten konnte.
»Hallo, Drickel – es ist viel Echtzeit vergangen.« Ein untersetzter Mann, der eine mindestens hundert Zentimeter hohe rote Perücke trug, stellte sein Zuckerwasserglas neben einen kleinen Baum und streckte die Hand aus.
»Etwa dreizehn Jahre, Rot.« Drickel klemmte sich die Reisetasche unter den anderen Arm, ergriff die dargebotene Hand und drückte fest zu. Er hatte ganz vergessen, wie sein Name klang, wenn ihn eine andere Person aussprach. Rot war ein alter Bekannter. Den Spitznamen verdankte er seiner Vorliebe für rote Perücken. »Sie sehen jung aus. Leben Sie noch immer in Eins bei den Massen?«
Rot lachte. »Meine Güte, das sind vielleicht Erinnerungenc
Nach der Beförderung ließ ich mich in Acht-Sieben nieder, in der Südlichen Stadt. Auch dort ist es recht eng, aber nicht so wie in Eins.«
»Sie sollten einmal das Leben in der Wildnis ausprobieren«, meinte Drickel. Er vermißte es bereits.
»Das sagt auch meine Frau. Tja, wer weiß?« Rot zuckte mit den Achseln und sah sich um. »Sie haben eine Menge Aufregung verpaßt. Heute morgen hatten wir einen echten Zeitalarm.«
»Soll das ein Witz sein?« erwiderte Drickel. In all seinen Dienstjahren war nie ein richtiger Zeitalarm ausgelöst worden.
Kein Wunder, daß niemand arbeitete. Von einem solchen Tag konnte man noch den Enkeln erzählen. »Was ist passiert?«
»Mehrere Verstöße gegen die Verordnungen«, antwortete Rot.
»Gleich vier, wie ich hörte.«
»Vier Personen?«
»Nein. Vier Verstöße, bevor die betreffenden Leute zur Kontrolle gebracht werden konnten. Es geht dabei auch um ein Achthunderter-Vergehen.«
Drickel spürte, wie es ihm kalt über den Rücken lief.
Achthunderter-Vergehen waren sehr ernst. »Physische Gewalt?«
»Und ob. Es ging richtig rund.« In Rots normalerweise ruhig blickenden Augen funkelte es – solche Aufregung hatte es hier noch nie gegeben. »Drei Planetenspringer versuchten, ein Ärashuttle zu stehlen. Wir haben eine aus sechzig Wächtern bestehende Einsatzgruppe in die Vergangenheit geschickt, um ihren Plan zu vereiteln. Die Mittlere Zeitkontrolle transferierte die Gefangenen sofort zur Ersten – nach einem Zwischenstopp bei uns.«
»Es dauerte lange genug, um den Fremden Gelegenheit für zwei weitere Vierhunderter-Verstöße zu geben!« rief jemand. Offenbar war der Zwischenfall hier schon seit einer ganzen Weile Thema Nummer Eins.
Drickel schüttelte verwundert den Kopf. Ein kurzer Transfer in die Vergangenheitc Dieses Mittel brachte erhebliche Risiken mit sich und wurde daher nur selten verwendet. Offenbar hatte man die Situation bei der Zeitkontrolle für sehr gefährlich gehalten. Er fragte sich, ob er die Einzelheiten erfahren konnte.
Wahrscheinlich nicht. Er setzte den Weg fort, lehnte höflich ab, als man ihm ein Glas anbot, und näherte sich einem Tunnel.
Rot blieb an seiner Seite. Drickel legte keinen großen Wert auf Freundschaften; andernfalls hätte der Mann mit der roten Perücke ein guter Freund sein können.
»Was führt Sie zur guten alten Achthundertneunundachtzig?«
fragte Rot.
»Ein Problem in der Vornzeit. Ich soll dabei helfen, es zu lösen.«
Rot sah sich um – niemand lauschte. »Ich bin jetzt auch befugt, mich mit Vornzeit-Problemen zu befassen. Kommen Sie.« Er führte seinen Begleiter zum rückwärtigen Bereich des großen Raums, an Computern und Bäumen vorbei.
»Die Beförderung hat Ihnen einen Platz im Hinterzimmer beschert, wie?« So nannte man den Hochsicherheitstrakt der Zeitkontrolle: Hinterzimmer. Dabei handelt es sich um den Teil der Kontrolle, für den auch Drickel arbeitete. Nur wenige Personen in jeder Ära wußten um die Beschaffenheit der Echtzeitzukunft. Auch aus diesem Grund waren Reisen innerhalb einer fünfhunderttausend Jahre umfassenden Epoche verboten.
Wenn Dinge über die nahe Zukunft bekannt wurden, bestand große Gefahr für die Stabilität der Gesellschaft.
»Ja.« Rot schüttelte den Kopf. »Manchmal bedauere ich, daß man mir von der Geschichtsstruktur in der Zukunft und so weiter erzählt hat. Wenn ich nichts davon wüßte, könnte ich bestimmt besser schlafen.«
Drickel nickte stumm, obgleich er genug Aufträge in der Vornzeit erledigt hatte, um die Nahe Zukunft nicht mehr zu fürchten. Jetzt klagte er nur noch darüber, in Gedanken – es war verboten, mit jemandem darüber zu reden, der keinen Zugang zum Hinterzimmer hatte.
Rot verharrte an einer
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