Star Wars™ Das Verhängnis der Jedi-Ritter 8: Aufstieg (German Edition)
zuvor wie unbedeutende Streitereien. Selbst in den schlimmsten Momenten hatte Ben nie die Art von Furcht erfahren, mit der sich Vestara in jedem wachen Augenblick konfrontiert sah – mit dem Wissen, dass man keine Lektion und kein Seufzen erntete, wenn man seinen Vater enttäuschte, sondern ein Lichtschwert in die Eingeweide.
Sie hatte sich eine fiktive Beziehung zu dem Vater zusammengesponnen, der später tatsächlich versuchen würde, sie zu töten – den sie erschlagen musste, um selbst zu überleben.
»Ich habe genug gesehen«, sagte Ben und fing an, die Briefe zu löschen.
»Nein.« Jetzt war Vestara wieder wütend auf ihn, und er konnte es ihr nicht im Mindesten verübeln. Er war … verlegen. Er schämte sich, weil er vorsätzlich so tief in ihre Privatsphäre vorgedrungen war. Vestaras wehmütige Sehnsucht nach den Dingen, die Ben sein ganzes Leben lang als selbstverständlich betrachtet hatte, beschämte ihn. Er hätte nicht herumschnüffeln sollen – aber woher hätte er das wissen sollen?
»Du wolltest sie doch lesen. Dann lies sie auch. Alle!«
»Das … sollte ich nicht tun. Ich möchte nicht, dass du dich unwohl fühlst.«
Sie lachte rau. »Zu spät«, sagte sie. »Lies sie.«
Also kam er der Aufforderung nach.
Und manchmal frage ich mich, wie ich wohl wäre, wenn ich mit einem Vater aufgewachsen wäre, der kalt und gleichgültig gewesen wäre oder entschlossen, mich auf ein hartes Schicksal in einer noch kälteren und gleichgültigeren Welt vorzubereiten. Ich bin mir nicht sicher, dass ich mich dann selbst leiden könnte, und ich bin so froh, dass du mir gegenüber stets freundlich und unterstützend warst.
Da war noch ein zweiter Brief, in dem Vestara ihre Dankbarkeit für die beschützende Natur ihres »Papas« zum Ausdruck brachte. Der letzte Brief, der, den Vestara gerade geschrieben hatte, als er sie überrascht hatte, war der Verblüffendste von allen. Gavar Khai, ein Jedi-Ritter? Vestara, seine ihn liebende Tochter und hingebungsvolle Schülerin? In diesen Briefen, die eine vollkommen falsche Realität beschrieben, lagen eine Wärme und Leichtigkeit, die er im wahren Leben nie zwischen Vater und Tochter gesehen hatte. Schweigend schaltete er den Computer aus, erhob sich und drehte sich um, um sie anzuschauen.
Er hatte die Laken freigegeben, die sie umschlangen, und jetzt lag sie unbedeckt da, zusammengerollt, das Gesicht von ihm abgewandt. Worte verstopften seine Kehle, zu viele, um sie alle auf einmal auszusprechen. Ben stand eine Weile da, bis das Schweigen unbehaglich wurde, murmelte dann: »Ach, zur Hölle damit«, und legte sich neben sie. In dem Wissen, dass er einen Ellbogen in den Magen oder Schlimmeres kassieren würde, falls er gerade das Falsche tat, schlang er einen Arm um ihre schlanke Taille und schmiegte seinen Körper beschützend an den ihren.
Sie lag still da, steif in seiner Umarmung, und dann spürte er, wie sie von stummen Schluchzern geschüttelt wurde. Das brach ihm schier das Herz, und er legte seine Wange auf ihr Haar.
»Es tut mir so leid, Ves. Ich hatte ja keine Ahnung. Woher hätte ich das denn wissen sollen …«
Vestara nickte, noch immer schweigend, noch immer zitternd. Ben streckte die Hand aus und streichelte ihr sanft übers Haar, als wäre diese unerschütterliche junge Frau ein Kind, das Trost bedurfte, und sie ließ es geschehen. Ben schloss die Augen und schmiegte sich eng an sie. So lagen sie für lange Zeit da. Ben war schon fast eingeschlafen, als sie sich in seiner Umarmung umdrehte.
»Ben?« Sie hob ihr Gesicht zu seinem. »Denkst … denkst du, ich könnte es?«
»Könntest was?«
Ein langes, langes Schweigen folgte. Sie hatte ihre Deckung vollkommen fallen gelassen. Er konnte sie auf eine Art und Weise wahrnehmen, wie er es noch nie zuvor getan hatte, und wusste, dass das, worüber auch immer sie sprechen wollte, ihr extrem wichtig war. Er fühlte, dass sie so voller Hoffnung und Furcht war, dass diese Gefühle sie beinahe überwältigten und dass sie wusste, dass sie sich ihm vollends öffnete. Er wartete geduldig. In diesem Moment, der sich ewig hinzuziehen schien, wurde Ben bewusst, dass er alle Geduld des Universums besaß, wenn es um Vestara ging.
Dann sagte sie leise, mit zittriger Stimme, die Worte, die dafür sorgten, dass Bens Herz einen Satz machte. Die Worte, die er schon so lange hören wollte.
»… eine Jedi werden.«
Einen Moment lang konnte er nicht sprechen. Er spürte, wie ihre Angst wuchs – die Angst vor
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