Star Wars™ Der Vergessene Stamm der Sith: Storys (German Edition)
Schlimmes.«
Korsin blickte verärgert auf. Auch er konnte etwas in der Macht wahrnehmen – etwas Chaotisches –, doch er vermochte nicht zu sagen, worum genau es sich dabei handelte. Und das war genau der Grund dafür, warum sie niemals hätten zulassen dürfen, dass ihre Kommunikatoren bei einem früheren Fluchtversuch irreparabel den Geist aufgaben.
Seelah blickte zum Turm empor und raunte: »Stirbt … stirbt Ravilan?«
»Nein«, sagte der Bote, der ihre Worte kaum zu hören schien. »Aber alle anderen.«
3. Kapitel
Den Sith ging es um die Glorifizierung ihrer selbst und die Unterwerfung anderer. Zumindest das machte Sinn, während die junge Seelah in Ludo Kresshs Palast heranwuchs.
Was hingegen keinen Sinn ergab, war, warum so viele ihres Volkes – so viele ihrer eigenen Familie! – sich die Sith-Lehren zu eigen machten, obgleich sie ihnen keine Möglichkeit zum Aufstieg boten. Warum sollte ein Sith leben wie ein Sklave?
So empfanden jedoch nicht alle. Was den Großen Plan betraf, so hatte das Sith-Imperium viele Jahre lang geruht, doch ein Imperium der Sith ist ein Imperium der kleinen Pläne. Unter Kresshs Befehl hatte die gerade erwachsen gewordene Seelah erlebt, wie ihr Meister angesichts der Machenschaften von Naga Sadow in Rage geriet. Sie hatte Sadow bei mehreren Treffen in Kresshs Begleitung gesehen, die praktisch alle im Zorn geendet hatten. Die beiden Anführer waren in allem anderer Meinung, und das bereits lange, bevor die Entdeckung einer Raumroute ins Herz der Republik dafür sorgte, dass sie über die Entscheidung, in welche Richtung sich das Sith-Imperium künftig entwickeln sollte, in erbitterten Streit gerieten.
Sadow war ein Visionär. Er wusste, dass dauerhafte Isolation in einem Imperium, das aus so vielen Systemen und so vielen potenziellen Hyperraumrouten bestand, eine praktische Unmöglichkeit war. Die Stygische Caldera war für ihn ein Schleier, keine Mauer, und er konnte die Möglichkeiten sehen, die jenseits davon auf sie warteten. Und in Sadows Gefolge hatte Seelah viele Menschen und Angehörige anderer Spezies gesehen, die offenkundig einen gewissen Stand genossen. Einmal war sie sogar Korsins Vater begegnet, der als Kapitän diente.
Für Sadow war der Kontakt zu Neuem höchst wünschenswert – und Fremde konnten in ihrem Innern ebenso sehr Sith sein, wie jeder, der im Imperium geboren worden war. Was hingegen Kressh anging, der seine Tage mit Kampf zubrachte und des Nachts an einem magischen Gerät herumhantierte, das seinen jungen Sohn vor allem Schaden bewahren sollte, so gab es kein schlimmeres Schicksal, als der kosmischen Wiege der Sith zu entfliehen.
»Weißt du, warum ich dies tue?«, hatte Kressh sie eines Nachts gefragt. Sein betrunkener Zorn hatte jeden im Haushalt getroffen, auch Seelah. »Ich habe die Holocrone gesehen – ich weiß, was jenseits der Caldera wartet. Mein Sohn sieht so aus wie ich – genauso wie die Zukunft der Sith. Doch das nur so lange, wie wir hier sind. Dort draußen«, spie er zwischen blutigen Schlägen hervor, »dort draußen sieht die Zukunft so aus wie du .«
Einst hatte Adari Vaal Korsin gesagt, dass die Keshiri keine Zahl hätten, die groß genug sei, um ihr eigenes Volk zu erfassen. Die Besatzung der Omen hatte versucht, in ihren ersten Jahren auf Kesh entsprechende Schätzungen anzustellen, bloß, um jenseits des Horizonts auf immer neue Ortschaften zu stoßen. Tetsubal mit seinen achtzehntausend Einwohnern war eine der letzten Städte gewesen, die gezählt worden waren, bevor die Sith den Versuch schließlich aufgaben.
Nun hatten sie abermals aufgegeben. Die Mauern von Tetsubal waren so voller Leichen, dass es unmöglich war, sie alle auf die Schnelle zu zählen. Als sie in jener Nacht auf Uvak-Rücken eintrafen, konnten Seelah, Korsin und ihre Begleiter die toten Keshiri bereits vom Himmel aus sehen, wie sie auf den unbefestigten Straßen verstreut lagen wie Zweige nach einem Unwetter. Einige waren auf den Schwellen ihrer aus Hejarbotrieben gebauten Hütten zusammengebrochen. Sie stellten bald fest, dass es in den Gebäuden nicht anders aussah.
Was sie hingegen nicht zu Gesicht bekamen, waren Überlebende. Falls es welche gab, verbargen sie sich gut. Von achtzehntausend Leichen auszugehen, schien durchaus Sinn zu ergeben.
Was auch immer hier geschehen war, es hatte sie ganz plötzlich überkommen. Eine stillende Frau war gestürzt und lag zusammen mit ihrem Säugling in einer unheilvollen Umarmung vereint am Boden.
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