Star Wars™ Der Vergessene Stamm der Sith: Storys (German Edition)
Lichtschwert hinter ihm als Korsins zeremonielle Leibwache – allerdings wirkte der einstige Schütze inzwischen, als sei er derjenige, der Schutz bedurfte. Er war der letzte Nichtmensch, der von der ursprünglichen Besatzung der Omen noch übrig war. Mit ihm würde eine Epoche zu Ende gehen.
»Die Tochter der Himmelsgeborenen, Adari Vaal«, verkündete Gloyd. Sofort gab Korsin jeden Gedanken an Architektur und schlaue Houks auf. Adari, ihre einheimische Retterin von einst, trat zurückhaltend vor sie und verbeugte sich.
Korsin verfolgte die kalte Begrüßung, die Seelah ihr zuteilwerden ließ. Hätten sie nicht vor halb Kesh gestanden, wäre sie noch unterkühlter ausgefallen. Immer, wenn er die beiden zusammen sah, konnte er nur staunen. Sie hatten nicht das Geringste gemeinsam. Seelah war attraktiv, aber das wusste sie – und sorgte dafür, dass niemand es je vergaß. Sie fand die Keshiri hässlich – ein weiterer Beleg dafür, dass man ihrem Urteilsvermögen nicht trauen konnte.
Als Keshiri hatte Adari einen so viel geringeren Stand als Seelah – und doch hatte sie so ungleich mehr zu bieten. Sie war nicht von der Macht berührt, aber sie besaß einen wachen Verstand, der sich mit Dingen beschäftigte, die weit über die offenkundig begrenzten intellektuellen Fähigkeiten ihres Volkes hinausgingen. Und sie hatte die Willensstärke einer Sith, wenn auch nicht ihren Glauben. Bloß zweimal war er Zeuge geworden, wie ihre Kraft sie im Stich gelassen hatte – am bedeutendsten davon war das erste Mal gewesen, als sie eingewilligt hatte, ihr Wissen über Devores Tod für sich zu behalten. Ein Geheimnis, das sie miteinander teilten. Das hatte so viele Dinge möglich gemacht – für sie beide.
Adari trat vor ihn und musterte Korsin mit ihren dunklen, bohrenden Augen, so voller Rätsel und sprühend vor Intelligenz. Er ergriff ihre Hand und lächelte. Zur Hölle mit Seelah.
Fünfundzwanzig Jahre. Er hatte seine Leute gerettet. Heute war ein guter Tag.
Du kannst meine Gedanken lesen. Weißt du nicht, wie unbehaglich ich mich gerade fühle? Kümmert dich das denn gar nicht?
Adari zog ihre Hand aus Korsins Griff und brachte ein Lächeln zustande. Seelahs »Begrüßung« hatte ihr lediglich einen schwachen Schauder beschert. Yaru Korsin jedoch sah sie stets wie einen Karren an, den er gleich für den halben Preis erwerben würde. Sie versuchte, zurückzutreten und weiter der Gratulantenschlange zu folgen, doch Korsin zog an ihrem Arm.
»Dies ist auch dein Tag, Adari. Gesell dich zu uns.«
Na großartig , dachte sie. Sie versuchte, Seelahs Blick zu meiden, nicht sicher, ob Korsins Leib genügen würde, um ihn von ihr fernzuhalten. Aber zumindest das war eine Unannehmlichkeit, mit der sie tagtäglich umzugehen gelernt hatte. An öffentliche Spektakel wie dieses hier würde sie sich hingegen niemals gewöhnen.
Alles war so gut für sie gelaufen, ganz gleich, ob in Bezug auf ihr Alter oder auf ihren Status. Genau hier, an diesem Ort, war sie einst als Ketzerin angeklagt worden. Doch dann, nur wenige Tage später, stand sie hier und wurde als Heldin gefeiert – ohne Rücksicht darauf, dass sie in Gestalt der Sith gerade eine Seuche über ihr Volk gebracht hatte.
Und nun, wo der alte Platz unter diesem neuen Bauwerk begraben war, war sie wieder hier und ließ den Blick über ein Meer der Ignoranz schweifen. Die Keshiri feierten unbekümmert ihre eigene Versklavung, ignorierten die unzähligen Brüder und Schwestern, die seit der Ankunft der Sith den Tod gefunden hatten. Viele waren im Zuge der Seestadt-Katastrophe umgekommen – doch noch viel mehr waren an harter Arbeit verreckt, in dem Bemühen, ihre Besucher von oben zu erfreuen. Die Sith hatten den Glauben der Keshiri so verdreht, dass nichts davon eine Rolle spielte. Jede vergebliche Hoffnung, die ihr Volk jemals hatte, setzten sie in die Sith.
Selbst Adari war nicht immun dagegen. Ihre Gedanken schweiften zurück zu ihrem armen Sohn Finn – blutüberströmt und zerquetscht. Als er sein dreizehntes Jahr vollendet gehabt hatte, hatte er darauf bestanden, sich den Arbeitstrupps anzuschließen. Eigentlich brauchte kein Kind der Tochter der Himmelsgeborenen arbeiten, aber Zhari Vaals Jüngster hatte genau nach Plan rebelliert und sich mit einem Arbeitstrupp davongestohlen.
Ein hastig errichtetes Baugerüst war eingestürzt. An jenem Tag hatte Adari ebenfalls versagt. Sie hatte ihr zerschmettertes Kind zum Tempel geflogen und ihn vor Korsins Füße gelegt.
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