Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
gebracht werden sollte.
«Gut!», sagte Starbuck. «Sie halten die Lokomotive an und drehen sie um.»
«Wir haben hier keinen Ringlokschuppen.»
«Kann die Lok rückwärts fahren?»
Reynolds nickte. «Ja, Sir.»
«Und wie weit ist es bis Manassas?»
«Hundert Meilen, Sir.»
«Dann ziehen wir eben rückwärts in den Krieg», sagte Starbuck gut gelaunt.
Washington Faulconer, der gegen Mittag an der Spitze der Kavallerie zum Eisenbahndepot kam, war außer sich. Er hatte damit gerechnet, von zwei Zügen erwartet zu werden, von denen einer den Salonwagen des Direktoriums führte, doch stattdessen war da nur ein störrischer Lokführer, mit einer einzelnen, rückwärtsgerichteten Lok und einem Tender, an den siebzehn geschlossene und zwei offene Güterwaggons gekuppelt waren, während der Telegraphist den Leuten in Lynchburg zu erklären versuchte, warum die Lokomotive nicht kommen würde, und Reynolds versuchte, die Strecke Richtung Norden über Charlottsville frei zu bekommen. «Verflucht, Nate!», brüllte der Colonel. «Warum ist das hier so ein Durcheinander?»
«Weil Krieg ist, Sir?»
«Verdammt! Meine Befehle an dich waren schließlich einfach genug! Kannst du denn nicht einmal die simpelste Aufgabe erfüllen?» Damit stürmte er weiter, um den schlechtgelaunten Lokführer zusammenzustauchen.
Adam sah Starbuck schulterzuckend an. «Tut mir leid. Vater ist nicht gerade glücklich.»
«Wie war es bei Miss Pelham?»
«Schrecklich. Einfach schrecklich.» Adam schüttelte den Kopf. «Und bald, Nate, werden Dutzende von Frauen solche Nachrichten erhalten. Hunderte.» Adam drehte sich um und sah die Straße zum Eisenbahndepot von Rosskill hinunter, auf der die ersten Infanteristen der Legion in Sicht kamen. Die Marschkolonne wurde von einer losen Reihe Frauen, Mütter und Kinder flankiert, von denen einige Tornister trugen, um ihren Männern etwas von dem Ausrüstungsgewicht abzunehmen. «Meine Güte, ist das ein Durcheinander», sagte Adam. «Wir hätten schon vor drei Stunden hier abfahren sollen!»
«Ich habe mir sagen lassen, dass im Krieg nichts nach Plan läuft», sagte Starbuck heiter, «und falls es doch passiert, zieht man wahrscheinlich den Kürzeren. Wir müssen uns an das Chaos gewöhnen und lernen, das Beste daraus zu machen.»
«Darin ist Vater nicht besonders gut», bekannte Adam.
«Dann hat er Glück, dass er mich hat.» Starbuck lächelte herzlich zu Ethan Ridley hinüber, der mit der Infanterie geritten war. Starbuck hatte beschlossen, von jetzt an und bis zu Ridleys Todesstunde besonders freundlich mit ihm umzugehen. Ridley ignorierte ihn.
Der Colonel war ursprünglich davon ausgegangen, dass die Legion bis um zehn Uhr vormittags bequem im Zug untergebracht wäre, doch erst um fünf Uhr nachmittags setzte sich der einzelne Zug langsam Richtung Norden in Bewegung. Für die Infanterie war ausreichend Platz, ebenso wie für den Proviant für drei Tage und sämtliche Munitionsvorräte, doch für alles andere gab es herzlich wenig Raum. Die Pferde der Offiziere und Diener fuhren auf den beiden offenen Güterwaggons. Der Colonel sollte im Dienstwagen untergebracht werden, der zusammen mit der Lokomotive angekommen war, während den Männern die geschlossenen Güterwagen zugewiesen wurden. Der Colonel, der sich seiner Pflichten als Direktoriumsmitglied dieser Eisenbahngesellschaft bewusst war, gab strenge Weisung, dass die Waggons unbeschädigt in Manassas Junction ankommen mussten, doch kaum hatte er es gesagt, entdeckte Sergeant Truslow eine Axt und schlug ein Loch in die Seitenwand eines Güterwaggons. «Ein Mensch braucht Licht und Luft», knurrte er zum Colonel hinüber und holte erneut mit der Axt aus. Der Colonel wandte sich ab und gab vor, nichts von dieser Orgie der Zerstörung zu bemerken, als auch andere Legionäre begeistert anfingen, für die Belüftung der hölzernen Güterwaggons zu sorgen.
Für die Kavallerie war kein Platz in dem Zug, und so musste sie zurückbleiben, ebenso wie die zwei Sechspfünder-Kanonen, deren Munitionskästen und Protzen, die gusseisernen Feldöfen und sämtliche Fuhrwerke. Die Zelte der Legion wurden im letzten Moment in die geschlossenen Güterwaggons geschleudert, und Kapellmeister Little ließ sich nicht von seinen Instrumenten trennen und erklärte sie zu medizinischem Bedarfsmaterial. Um ein Haar wären die Regimentsfahnen zurückgelassen worden, doch dann entdeckte Adam die beiden ledernen Flaggenkoffer einsam auf einem Munitionskasten der
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