Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
Ihren Arm.»
Eine krachende Musketensalve verkündete, dass Jacksons Virginier den Feind begrüßten. Die Schlacht hatte sich nun auf das Plateau um das Henry House verlagert, eine flache Hügelkuppe mit einem Saum aus Flammen und Rauch. Die bereitstehenden Kanonen der Konföderierten rissen große Lücken in die angreifenden Unionslinien, doch die Nordstaateninfanterie umging die Geschützbatterien an der Flanke und zwang sie zurück, und Kanonen der Nordstaaten wurden abgeprotzt, um von der Seite aus auf die Artilleriegeschütze der Rebellen zu feuern. Auf Captain Imboden, den Anwalt, der zum Kanonier geworden war, wirkte der Boden um seine Kanonen, als wäre er von einer Horde hungriger Trüffelschweine aufgewühlt worden. Die Granaten aus dem Norden bohrten sich tief in die Erde, bevor sie explodierten, aber ein paar fanden auch solidere Ziele. Eine von Imbodens Protzen zersplitterte unter einem Volltreffer, und einer seiner Kanoniere schrie in kurzen, keuchenden Japsern, als ihm die Eingeweide von einem gezackten Stück Granatenhülle aus dem Bauch gerissen wurden. Weitere Kanoniere fielen unter der Treffsicherheit der Scharfschützen aus dem Norden. Imboden bediente eine seiner Kanonen, rammte eine Kartätsche auf eine bereits geladene Kugel in das Rohr, trat dann zurück, als die Abzugsleine gezogen wurde und die tödlichen Geschosse eine blutige Schneise durch ein Infanterie-regiment der Nordstaaten schlugen, das durch Rauch und Gestank vorrückte.
In dem Grau des Rauchs bildeten die Flaggen leuchtende Farbquadrate. Sternenbanner bewegten sich vorwärts, während die drei Streifen der Konföderation zurückwichen, dann aber aufgehalten wurden, als Thomas Jackson, die zerlesene Bibel sicher in der Satteltasche, den Stopp des Rückzugs verfügte. Jacksons Männer blieben im Rauch stehen und entdeckten, dass die Schlacht all die verhassten Stunden des Drills in unbewusste, wirkungsvolle Bewegungen verwandelte und dass ihre Hände immer weiter Kugeln und Ladungen in die Läufe rammten, immer weiter Zündhütchen auf Pistons setzten, weiter zielten, weiter feuerten – trotz des Granatenbeschusses und der Musketensalven von den Nordstaatlern und trotz all der Ängste dieser Männer, die von den Schreien der Verwundeten, dem Schluchzen der Sterbenden, dem Grauen von zerfetztem Fleisch und ausgeweideten Freunden umgeben waren. Und sie feuerten immer weiter. Sie hatten Todesangst, aber sie waren gedrillt, und der Mann, der sie gedrillt hatte, blickte sie finster an, sodass sie wie eine Steinmauer quer über die Hügelkuppe stehen blieben.
Und der Angriff der Nordstaaten brandete gegen diese Mauer.
Jacksons Virginier hätten geschlagen werden müssen. Sie hätten weggewischt werden müssen wie ein schmaler Grat aus Sand, über den das Meer hinwegschwemmt. Aber sie wussten nicht, dass die Schlacht verloren war, und so kämpften sie weiter, rückten sogar stückchenweise vorwärts, und die Nordstaatler fragten sich, wie sie diese Bastarde schlagen sollten, und die Angst nistete sich in den Herzen der Nordstaatler ein, und die Südstaatler schoben sich einen weiteren Schritt über das trockene, von brennenden Patronen-Schusspflastern versengte Gras nach vorn. Die Soldaten der Union sahen sich nach Verstärkung um.
Diese Verstärkung für die Nordstaatler kam auch, aber auch die Südstaatler bekamen neue Unterstützung, als Beauregard endlich klarwurde, dass sein gesamter Schlachtplan völlig falsch gewesen war. Aber jetzt wetzte er die Scharte wieder aus, indem er Männer von seiner rechten Flanke, auf der nicht gekämpft wurde, eilig zu dem Plateau um das Henry House verlegte. Irvin McDowell, verärgert über den hartnäckigen Widerstand, der den süßen Augenblick des Sieges hinauszögerte, befahl mehr Männer den Hang hinauf und damit in Sicht Captain Imbodens und mitten in das grausige Blutbad, das Matthäus, Markus, Lukas und Johannes anrichteten, sowie in die Reichweite von General Thomas Jacksons Infanterielinie.
Und so begann das eigentliche große Sterben an diesem Tag.
Es begann, weil aus einer Schlacht der Bewegung, der Flankenmanöver, des Vorrückens und des Rückzugs ein Stellungskampf geworden war. Auf der Hügelkuppe standen weder Bäume, noch gab es Gräben oder Mauern, sie war nur ein offenes Gelände für den Tod, und der Tod schlug gierig zu. Männer luden und feuerten, fielen und bluteten, fluchten und starben, und immer neue Männer rückten auf das Plateau vor, um in die Hände des Todes zu
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