Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
weitere Offiziere und Sergeants.
Die Männer brachten sich ihre Verpflegung selbst mit. Manchmal bereitete Priscilla einen Salat oder einen Teller Gebäck vor, doch im Wesentlichen ging es an diesen Abenden darum, Musik zu machen oder Birds unordentlichen Bücherhaufen nach Passagen zum Vorlesen zu durchstöbern. Anschließend debattierten sie, bis die Nacht hereinbrach, führten Weltverbesserergespräche, ganz so, wie es Adam und Starbuck in Yale getan hatten, wenn auch diese neuen abendlichen Diskussionen von Kriegsgerüchten begleitet waren. In West-Virginia, wo der Vorstoß des Colonels so schmählich im Regen untergegangen war, hatte die Konföderation neue Niederlagen eingesteckt. Die schlimmste davon bei Philippi, wo die Kräfte des Nordens einen beschämend leichten Sieg davongetragen hatten, den die Zeitungen der Nordstaaten als «Hetzjagd von Philippi» titulierten. Thomas Jackson, der fürchtete, in Harper’s Ferry eingekesselt zu werden, gab die Stadt am Fluss auf, und dieses Ereignis ließ es den jungen Offizieren in Faulconer Court House so erscheinen, als sei der Norden unbesiegbar. Doch dann, eine Woche später, kamen Berichte von einem Gefecht an der Küste Virginias, wo Nordstaatentruppen von einer Küstenfestung aus ins Landesinnere eingedrungen waren, nur um auf den Feldern um Bethel Church blutig zurückgeschlagen zu werden.
Nicht alle diese Nachrichten stimmten. Es gab Gerüchte über Siege, die nie errungen wurden, und über Friedensgespräche, die nie stattgefunden hatten. An einem Tag wurde verbreitet, die europäischen Mächte hätten die Konföderation anerkannt, worauf der Norden ein Friedensgesuch eingereicht habe, doch das stellte sich als Falschmeldung heraus, obwohl Reverend Moss auf einen ganzen Stapel Bibeln geschworen hatte, sie sei so wahr wie das Amen in der Kirche. Bird amüsierte sich nur über all diese Aufregung. «Es ist ein Spiel», sagte er, «nichts weiter als ein Spiel.»
«Der Krieg ist wohl kaum ein Spiel, Onkel», tadelte ihn Adam.
«Natürlich ist er ein Spiel, und die Legion ist das Spielzeug deines Vaters, und ein recht teures noch dazu. Deshalb hoffe ich auch, dass wir nie in einer Schlacht eingesetzt werden, denn dann geht das Spielzeug kaputt, und dein Vater wird untröstlich sein.»
«Hoffst du das wirklich, Thaddeus?», fragte seine Frau. Sie saß gern bis zum Dunkelwerden im Garten, dann aber, da sie nun die alleinige Verantwortung für die Schule übernommen hatte, ging sie gewöhnlich zu Bett und überließ die Männer ihren Debatten bei Kerzenlicht.
«Gewiss hoffe ich das», sagte Bird. «Niemand, der bei klarem Verstand ist, will eine Schlacht.»
«Nate aber schon», sagte Adam neckend.
«Ich sagte, ‹der bei klarem Verstand ist›.» Diesen Köder ließ sich Bird nicht entgehen. «Ich achte sehr auf eine genaue Ausdrucksweise, möglicherweise weil ich nie in Yale war. Wollen Sie wirklich eine Schlacht erleben, Starbuck?»
Starbuck lächelte vage. «Ich will den Elefanten sehen.»
«Unnötig groß, grau, mit seltsamen Hautfalten und beschwerlichem Stuhlgang.»
«Thaddeus!» Priscilla lachte.
«Ich hoffe, es gibt Frieden», änderte Starbuck seinen Wunsch, «aber ich wäre trotzdem neugierig auf eine Schlacht.»
«Hier!» Bird warf Starbuck ein Buch zu. «Darin steht ein Bericht über die Schlacht von Waterloo, ich glaube, er beginnt auf Seite achtundsechzig. Lesen Sie das, Starbuck, danach sind Sie von Ihrem Verlangen kuriert, den Elefanten sehen zu wollen.»
«Bist du denn gar nicht neugierig darauf, Thaddeus?», ging ihn seine Frau an. Sie nähte eine Flagge zusammen, eines der vielen Banner, mit denen am vierten Juli die Stadt geschmückt werden sollte. Es waren nur noch zwei Tage bis dahin, und auf Seven Springs war eine große Feier geplant. Es würde ein Festmahl geben, eine Parade, Feuerwerk und Tanz, und von jedem Einwohner der Stadt wurde ein Beitrag zu der Feierlichkeit erwartet.
«Ein wenig neugierig bin ich natürlich schon.» Bird hielt inne, um sich eine der dünnen, übelriechenden Zigarren anzustecken, die er bevorzugte. «Ich bin an allen Extremformen der menschlichen Existenz interessiert, denn ich neige zu der Überzeugung, dass sich die Wahrheit am deutlichsten in solchen Extremen zeigt, ob es nun die Exzesse der Religion, der Gewalt, der Zuneigung oder der Habgier sind. Eine Schlacht ist nur ein Symptom für einen dieser Exzesse.»
«Ich würde es bei weitem vorziehen, wenn du dich dem Studium der exzessiven Zuneigung
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