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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Artillerie-Stellplatz vorbei, wo Starbuck anhielt, um einfach nur verblüfft hinzustarren. Er hätte nicht geglaubt, dass es auf der Welt so viele Kanonen gab, und schon gar nicht auf einem einzigen Feld in Virginia. Die Kanonen waren Rad an Rad aufgereiht, alle hatten frischlackierte Protzen, alle Rohre waren glänzend poliert, und hinter ihnen standen nagelneue Planwagen für den Proviant der Kanoniere und die Munitionsvorräte. Starbuck versuchte, die Kanonen zu zählen, aber es wurde dunkel, und er sah nicht einmal genug, um eine grobe Schätzung vorzunehmen. Es gab Reihen mit soliden Zwölfpfünder-Napoleon-Kanonen, Reihen von Parrot-Geschützen mit ihren bauchigen Verschlusskammern und ganze Morgen Drei-Zoll-Vorderlader mit ihren schlanken Rohren. Einige der Geschütze hatten rauchgeschwärzte Mündungen, die daran erinnerten, dass die Rebellen ein lebhaftes Verzögerungsgefecht in Williamsburg angestrengt hatten, um den Vormarsch der Union zu verlangsamen. Artilleristen saßen um Lagerfeuer zwischen den abgestellten Geschützen, und der Geruch von röstendem Fleisch sorgte dafür, dass die drei Reiter ihre Pferde antrieben, um die Annehmlichkeiten der Stadt schneller zu erreichen.
    Der erste Lampenschein zeigte sich hinter den Fenstern, als sie nach Williamsburg mit seinem schönen Ensemble historischer College-Gebäude hineintrabten. Sie näherten sich dem College auf einer Straße mit Schindelhäusern. Einige der Häuser waren makellos gepflegt, andere aber, die vermutlich von ihren Besitzern verlassen worden waren, hatten die Yankees durchwühlt. Zerrissene Vorhänge wehten aus zerbrochenen Fensterscheiben, und die Höfe waren mit Porzellanscherben übersät. Eine Puppe lag auf einem Hof im Schlamm, und eine zerfetzte Matratze hing über den gespalteten Ästen eines Kirschbaums. Ein Haus war bis auf die Grundmauern niedergebrannt worden, sodass nur noch zwei dünne, schwarz verkohlte Backsteinschornsteine und ein paar verdrehte, halb geschmolzene Bettgestelle übrig waren. In allen intakten Gebäuden waren Truppen einquartiert.
    Das College of William and Mary hatte ebenso sehr gelitten wie die Stadt selbst. Die Lieutenants banden ihre Pferde an die Stange im Mittelhof und erkundeten das Wren-Gebäude auf der Suche nach dem Hauptquartier des Geheimdienstes. Ein Wachmann am Eingang des College-Geländes hatte ihnen versichert, das Büro habe seinen Sitz im College, nur wo genau, das wusste er nicht, und deshalb wanderten die drei Männer durch laternenbeschienene Korridore, die mit zerrissenen Büchern und zerfetzten Papieren übersät waren. Auf Starbuck wirkte es, als sei eine Barbarenhorde eingefallen, um die Bildung zu zerstören. Jedes Bücherregal war ausgeräumt worden, die Bücher lagen in Haufen auf dem Boden, wurden in den Kaminen verbrannt oder einfach mit einem Fußtritt zur Seite befördert. Gemälde waren aufgeschlitzt und alte Dokumente aus ihren Kisten geschüttet worden, die man zu Feuerholz verarbeitet hatte. In einem Raum war die aufwendig geschnitzte Täfelung von den Stuckwänden gerissen und zu Anmachholz zerkleinert worden, das nun als Asche in dem großen Kamin lag. In den Korridoren stank es nach Urin. Eine grobe Zeichnung von Jefferson Davis mit Teufelshörnern und einem gegabelten Schwanz war mit Kalkfarbe an die Wand eines Hörsaals gemalt worden. In den Räumen mit den hohen Decken kampierten Truppen. Ein paar Männer hatten Professorentalare in den Schränken gefunden und stolzierten nun mit den schwarzen Seidenroben durch die Korridore.
    «Suchen Sie das Hauptquartier?» Ein Captain aus New York mit Whiskey-Atem zeigte den drei Männern durchs Fenster ein paar Häuser, die in kurzer Entfernung in der Dunkelheit zu erkennen waren. «Fakultätsgebäude.» Er bekam Schluckauf, dann grinste er, als das Lachen einer Frau aus dem Raum hinter ihm drang. Jemand hatte mit Kreide «Vereinigungssaal» auf den oberen Türbalken geschrieben. «Wir haben den Alkoholvorrat des Colleges requiriert und vereinigen uns gerade mit den befreiten Küchenmädchen», verkündete der Captain. «Wollen Sie uns nicht Gesellschaft leisten?»
    Ein Sergeant aus dem New Yorker Regiment bot an, Starbuck zu dem Haus zu bringen, in dem seiner Meinung nach die Zentrale des Geheimdienstes war, während sich die beiden Lieutenants aus New Hampshire nach der Erfüllung ihrer Aufgabe der Feier der New Yorker anschlossen. Der Sergeant war wütend. «Die haben keine Ahnung von Pflichterfüllung», sagte er über seine

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