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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ebenso wie zwei Dutzend andere Nordstaaten-Sympathisanten, sein Material an Thorne, und dieser fügte solche Schreiben der großen Flut von Informationen hinzu, die sein ohnehin schon mit abteilungsfremden Pflichten überlastetes Büro zu überschwemmen drohte. Aufgrund dieser Pflichten hielt sich Thorne, als Delaneys jüngster Brief eintraf, nicht einmal in der Nähe Washingtons auf, sondern leitete in Massachusetts eine Inspektionstour durch die Küstenfestungen der Nordstaaten, die voraussichtlich bis weit über Mitte Mai hinaus dauern sollte, und so wartete Delaneys Brief in Washington, während Colonel Thorne in Fort Warren die Löschkübel und Latrinen zählte. Dafür, sagte sich Thorne, war er nicht in die Armee eingetreten, aber er lebte in der Hoffnung, eines Tages über ein rauchverhangenes Feld galoppieren und sein Land vor einer Katastrophe retten zu können. Colonel Thorne konnte, trotz seines harten Gesichtsausdrucks, seines eisernen Blicks und seines Rückens, der so gerade war wie ein Ladestock, immer noch Soldatenträume träumen und Soldatengebete sprechen, und in seinen Gebeten bat er darum, wenigstens eine Schlacht für sein Land schlagen zu dürfen, bevor der neue Napoleon Amerika einen dauerhaften Frieden brachte.
    Und auf den Briefen sammelte sich der Staub.
     
    Die Landmine war nicht gesprengt worden, damit der Kommandant der Potomac-Armee mit eigenen Augen sehen konnte, zu welch erbärmlichen Niederungen die Rebellenkräfte gesunken waren. «Es ist nur dem Allmächtigen zu verdanken, dass wir die hier entdeckt haben, bevor sie hochgegangen ist, allerdings sind weiß Gott zu viele andere ohne Vorwarnung explodiert.» Der Sprecher war ein kleiner, barscher Major aus dem Pionierskorps, über dessen Hemd sich Hosenträger spannten und der eine sachkundige Tüchtigkeit ausstrahlte, die Starbuck an Thomas Truslow erinnerte.
    Major General McClellan glitt von seinem Pferd und ging steifbeinig zu der Landmine hinüber, die man in einem Fass gefunden hatte, das zwar mit Buchstabenschablonen, aber dennoch fehlerhaft beschriftet war: «Getrognete Austern, Messrs Moore und Carline, Mt. Folly, Va.» McClellan, makellos in einem blauen Gehrock mit einer Doppelreihe Messingknöpfe und einem schönen, vergoldeten Gürtel, näherte sich dem Fass zögernd.
    «Wir haben es gesichert, Sir, wie Sie feststellen werden.» Der Major musste die Nervosität des Generals bemerkt haben. «Aber es war eine scheußliche Vorrichtung, wahrhaftig, das war es, Sir.»
    «Eine Schandtat», sagte McClellan, der sich weiter in einiger Entfernung von dem Austernfass hielt. «Eine echte Schandtat.»
    «Wir haben das Fass dahinten in dem Haus gefunden.» Der Major deutete auf ein kleines Bauernhaus, das verlassen etwa hundert Schritt von der Straße entfernt stand. «Wir haben es hierhergebracht, damit Sie es sich ansehen können, Sir.»
    «Und das war auch recht so, damit alle Welt es sehen kann!» McClellan stand sehr steif aufgerichtet, eine Hand hatte er vor der Brust in eine nicht zugeknöpfte Öffnung seines Gehrocks geschoben, und er sah mit besorgtem Stirnrunzeln vor sich hin. Dieses besorgte Stirnrunzeln schien, wie Starbuck festgestellt hatte, der ständige Gesichtsausdruck des jungen Generals zu sein. «Ich hätte nicht geglaubt», sagte McClellan laut und langsam, damit die Reiter, die sich an der Straße gesammelt hatten, jedes Wort verstanden, «dass sich Männer, die in den Vereinigten Staaten von Amerika geboren und aufgewachsen sind, selbst wenn es Männer sind, die von der Sezession angesteckt wurden, zu derart verachtenswerten Tricks und bösartigen Apparaturen herablassen.» Viele der berittenen Offiziere nickten ernst, während Pinkerton und James, die Starbuck auf dem Ritt mit dem General nach Westen begleiteten, laut und missbilligend mit der Zunge schnalzten. Die ausländischen Zeitungsreporter, an die McClellans Bemerkungen in Wahrheit gerichtet waren, kritzelten auf ihren Notizblöcken. Der einzige Mann, der weder überrascht noch schockiert über die versteckte Bombe in dem Austernfass wirkte, war ein narbenübersäter, einäugiger französischer Militärbeobachter, der, wie Starbuck fand, eindeutig belustigt von dem schien, was er hier sah, selbst von diesem teuflischen Gerät.
    Das Austernfass war halb mit Sand gefüllt worden, in den man aufrecht eine Dreieinhalb-Zoll-Granate gesteckt hatte. Der kupferne Aufschlagszünder war von der Spitze der Granate abgeschraubt worden, sodass eine schmale Röhre

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