Starbuck. Der Verräter (German Edition)
explodierten Granaten der Rebellen. Gewehrsalven erklangen unregelmäßig, als würden die Tirailleure beider Seiten das Gelände erkunden. Die Legion wartete, während die Sonne immer höher stieg. Irgendwo vor ihnen hing ein großer Staubvorhang in der Luft, der zeigte, dass viele Fuhrwerke auf der Straße unterwegs waren, aber ob es die Yankees auf dem Rückzug oder die Rebellen auf dem Vormarsch waren, konnte niemand sagen. Der Vormittag verging, und die Legion nahm ein kaltes Mittagessen aus Hartkeksen, vorgekochtem Reis und Wasser zu sich.
Bird kam kurz nach zwölf Uhr zurück und rief seine Offiziere zusammen. Eine halbe Meile vor der Legion, sagte er, liege ein Waldgürtel. Die Bäume verdeckten ein steiles Tal, durch das sich ein Marschengebiet und ein Bach zögen, der in den Chickahominy mündete. Die Yankees hätten sich am anderen Ufer des Flusses eingegraben, und die Aufgabe der Legion bestünde darin, die Hundesöhne von dort zu verjagen. «Wir sind die Frontlinie», erklärte Bird seinen Kompanieoffizieren. «Die Jungs aus Arkansas gehen links von uns, der Rest der Brigade kommt hinter uns.»
«Und dahinter kommt der Brigadier», sagte Captain Murphy mit seiner weichen irischen Aussprache.
Bird tat so, als hätte er die Stichelei nicht wahrgenommen. «Der Chickahominy liegt nicht weit hinter den Yankees», sagte er, «und Jackson ist schon unterwegs, um ihnen den Weg abzuschneiden, also können wir sie heute vielleicht ein für alle Mal besiegen.» Stonewall Jackson hatte seine Armee auf die Halbinsel gebracht, nachdem er die Yankees aus dem Shenandoah Valley vertrieben hatte. Die Nordstaatentruppen im Shenandoah Valley waren in der Überzahl gewesen, aber Jackson hatte zunächst einen Haken um sie geschlagen und ihnen dann blutig zugesetzt, und jetzt standen seine Einheiten unter Lees Befehl und würden gegen McClellans schwerfällige und zögerliche Armee kämpfen. Diese Armee war nach dem Kampf bei Seven Pines weder weiter vorgerückt, noch hatte sie sich zurückgezogen, stattdessen hatte sie sich mit der Einrichtung einer neuen Versorgungsbasis am James River beschäftigt. Voller Verachtung hatte Jeb Stuart zwölfhundert Kavalleristen der Rebellen in einem Bogen um die gesamte Nordstaatenarmee geführt, sich damit über McClellans Unfähigkeit lustig gemacht und jedem Patriot des Südens einen neuen Helden geschenkt. Colonel Lassan war mit Stuart geritten und hatte Starbuck davon erzählt. «Es war prachtvoll!», schwärmte Lassan. «Der französischen Kavallerie ebenbürtig!» Er hatte drei Flaschen erbeuteten Brandy mitgebracht, die er mit den Offizieren der Legion teilte, während er sie mit Erzählungen von Schlachten in fernen Ländern unterhielt.
Doch McClellan sollte nicht von Reitern geschlagen werden, so brillant sie auch sein mochten, sondern von Infanteristen wie denen, die Bird nun zu dem Wald oberhalb des Bachs führte. Es herrschte drückende Hitze. Der Frühling hatte sich zum Sommer gewandelt, die Blütenpracht war verschwunden, und die morastigen Straßen der Halbinsel waren zu einer harten, zerfurchten Kruste geworden, die in dicke Staubwolken aufbrach, wo immer Mann oder Pferd entlangkamen.
Bird formierte acht Kompanien der Legion in zwei Rängen. Das kleine Bataillon aus Arkansas stellte sich links der Legion neben Starbucks Männern auf. Sie hoben ihre Fahnen. Die eine war eine alte Konföderiertenflagge mit den drei Streifen, die andere ein schwarzes Banner mit der groben Darstellung einer Schlange, die sich in der Mitte zusammengerollt hatte. «Das ist eigentlich nicht unsere Flagge», vertraute der Major aus Arkansas Starbuck an, «aber sie hat uns gefallen, und deshalb haben wir sie uns einfach genommen. Vorher gehörte sie einer Einheit aus New Jersey.» Er spuckte einen üblen Strahl Tabaksaft aus, dann erklärte er Starbuck, wie er und seine Männer ganz zu Beginn des Krieges als Freiwillige in Richmond angekommen waren. «Ein paar von den Jungs wollten nach der Schlacht bei Manassas zurück nach Arkansas, und das habe ich gut verstanden, aber ich habe ihnen immer gesagt, dass es hier mehr lebendige Yankees gibt als zu Hause, also sind wir geblieben, um noch ein paar von ihnen umzubringen.» Sein Name war Haxall, und sein Bataillon bestand aus etwas über zweihundert Männern, die allesamt so hager und ungepflegt waren wie Haxall selber. «Viel Glück, Captain», sagte er zu Starbuck und schlenderte zu seinem kleinen Bataillon zurück, als Swynyard gerade den Befehl
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