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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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der allgemeinen Panik bestand jedoch keinerlei Aussicht darauf, dass diese Befehle ausgeführt würden.
    Truslow hieß einen Nordstaatler sein Gewehr fallen lassen, doch der Mann hörte ihn entweder nicht oder hatte beschlossen, die Aufforderung nicht zu befolgen, und so fuhr das Jagdmesser ein einziges Mal mit grauenvoller Effizienz herab. Eine Gruppe Yankees, denen der Rückzug abgeschnitten war, drehte sich um und rannte blindlings auf ihre Angreifer zu. Die meisten blieben stehen, als sie ihren Irrtum erkannten, und hoben die Hände, um sich zu ergeben, einer allerdings, ein Offizier, hieb mit seinem Schwert wild nach Starbucks Gesicht. Starbuck wich aus, ließ die Klinge vorbeizischen, und dann rammte er sein Bajonett schräg abwärts nach vorn. Er fühlte, wie der Stahl die Rippen des Yankees traf, und fluchte, weil er den Stich abwärts statt aufwärts geführt hatte.
    «Nate!», keuchte der Offizier. «Nein! Bitte!»
    «Gottverdammt!» Die Blasphemie rutschte Starbuck unwillkürlich heraus. Der Mann, den er da angriff, war ein Gemeindemitglied seines Vaters, ein alter Bekannter, mit dem Starbuck ewig lange Stunden in der Sonntagsschule abgesessen hatte. Als Letztes hatte Starbuck über William Lewis gehört, dass er in Harvard studierte, aber jetzt stand er japsend vor ihm, während Starbucks Bajonettklinge an seinen Rippen hinabfuhr.
    «Nate!», fragte Lewis. «Bist du das?»
    «Lass dein Schwert fallen, Will!»
    William Lewis schüttelte den Kopf; nicht aus sturköpfiger Weigerung, sondern weil er es nicht fassen konnte, dass sein alter Freund in der Gestalt eines Südstaatenrebells vor ihm aufgetaucht war. Aber dann, als er Starbucks wilden Gesichtsausdruck bemerkte, ließ er das Schwert fallen. «Ich ergebe mich, Nate!»
    Starbuck ließ ihn bei dem fallen gelassenen Schwert stehen und rannte, um zu seinen Männern aufzuholen. Diese Begegnung mit einem alten Freund hatte ihn verunsichert. Kämpfte er gegen ein Bataillon aus Boston? Wenn ja, wie viele seiner besiegten Feinde würden ihn erkennen? Welche vertrauten Haushalte würde er mit seinen Taten auf diesem Hügel Virginias in Trauer stürzen? Dann vergaß er seine Bedenken, denn er sah einen riesenhaften, bärtigen Mann, der sich den Rebellen brüllend entgegenstellte. Der Mann, in Hemdsärmeln und Hosenträgern, schwang in einer Hand einen Geschützladestock wie eine Keule, während er in der anderen ein Kurzschwert hielt, das zur Standardausrüstung der Kanoniere gehörte. Sein Rückzug war abgeschnitten, aber er wollte sich nicht ergeben, wollte lieber als Held sterben statt klein beizugeben wie ein Feigling. Einen von Starbucks Männern hatte er schon niedergemacht; nun forderte er die anderen zum Kampf heraus. Sergeant Mallory, Truslows Schwager, feuerte auf den riesenhaften Mann, aber die Kugel ging fehl, und der bärtige Kanonier drehte sich wie wild zu dem drahtigen Mallory um.
    «Er gehört mir!», rief Starbuck, schob Mallory zur Seite, stürmte vorwärts und zuckte dann zurück, als der große Mann den Ladestock herumwirbeln ließ. Das hier, fand Starbuck, war seine Pflicht als Offizier. Die Kompanie musste sehen, dass er von allen am wenigsten Furcht empfand und die größte Kampfbereitschaft mitbrachte. Davon abgesehen fühlte er sich an diesem Tag unbesiegbar. Der Kampfschrei rollte durch seine Venen wie ein Feuerball. Er lachte, als er mit dem Bajonett vorstieß, doch die Klinge wurde mit dem Kurzschwert heftig beiseite geschlagen.
    «Bastard!», knurrte der Kanonier Starbuck an, dann ließ er das Kurzschwert immer wieder in schnellen, gefährlichen Stichen vorschnellen, um Starbucks Aufmerksamkeit auf die Klinge zu lenken, während er mit dem Ladestock ausholte. Er glaubte, er hätte den Rebellenoffizier überlistet, und brüllte freudig bei dem Gedanken, seinem Gegner mit dem keulenartigen, hölzernen Kopf des Ladestocks den Schädel zu zerschmettern, aber Starbuck duckte sich hastig, sodass der Hieb über seinen Schlapphut hinwegzischte. Der Schwung des enormen Hiebes brachte den großen Mann aus dem Gleichgewicht. Und nun war es an Starbuck, triumphierend zu brüllen, als er das Bajonett aufwärts rammte, es mit aller Kraft aufwärts durch den erstaunlich kräftigen Widerstand von Haut und Fleisch rammte, und er brüllte immer noch, als der große Mann einknickte und zu Boden stürzte, wo er an der langen Klinge zuckte wie ein sterbender Fisch am Angelhaken.
    Starbuck versuchte keuchend, sein Bajonett freizuziehen, aber das Fleisch

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