Starcraft II - Flashpoint (German Edition)
für die Zerg geworden waren. Für ihre Zerg.
Ihre Zerg, die sich auf eine entsetzte, aber entschlossene Frau gestürzt hatten, die ihre schreiende Tochter hochheben und in Sicherheit bringen wollte.
„Mama! Mama!“ Das Mädchen wollte nicht fort, wollte nicht in die starken Arme eines Fremden übergeben werden, der ihr das Leben zu retten versuchte. Sie wehrte sich.
Vergebens, alles vergebens. Mutter und Tochter und der freundliche Fremde – sie alle würden in ein paar Sekunden tot sein …
Jim wollte glauben, dass es die Königin der Klingen gewesen war, die das alles getan hatte, jenes Wesen, das weder ganz Sarah Kerrigan noch ganz Zerg war, sondern eine perverse Mischung aus beidem. Und vielleicht hatte er ja recht.
Nur glaubte Sarah das nicht.
Sie drehte sich langsam im Bett herum, und es überraschte sie und überraschte sie zugleich auch nicht, dass auf dem Stuhl neben ihr eine zusammengesunkene Gestalt saß. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und den Mund leicht geöffnet. Ein leises Schnarchen war zu hören. Sie schloss die Augen.
Ich verspreche es.
Und doch hatte er die Dunkelheit, als Sarah in ihre fürchterliche Gewalt geraten war, nicht aufgehalten. Unter keinen Umständen.
Hatte er sein Versprechen gebrochen? Oder hatte er einfach nur erkannt, dass die Dunkelheit sie – egal, was sie geworden war und gedacht und getan hatte – nicht völlig verschlungen hatte?
Plötzlich schnitt Wut durch sie hindurch wie eine Klinge, heiß und scharf. Sie wusste nicht, auf wen oder was. Von irgendwoher ertönte ein lautes Krachen, und ihre Lider schnappten förmlich auf, als sie den gedämpften Fluch eines Angehörigen der Nachtschicht des Pflegepersonals hörte.
„Was ist passiert?“, vernahm sie eine erschrockene Stimme.
„Verdammt, ich weiß es nicht“, antwortete eine andere.
Sarah wusste es.
Sie war es gewesen. Sie hatte gespürt, wie ihre Wut sich im Zimmer wahllos irgendetwas ausgesucht – sie wusste selbst nicht, was – und sich darauf konzentriert hatte, bis es … zerbrochen war? Explodiert?
Jim wachte augenblicklich auf. Er war sofort voll da und einsatzbereit. Seine Hand fuhr zu der Pistole an seiner Hüfte.
„Bist du in Ordnung?“
Fangfrage , dachte Sarah, nickte aber. „Es ist irgendwas kaputtgegangen.“ Sie ging nicht weiter ins Detail, weil sie nicht weiter darüber nachdenken wollte.
Jim schaute sich um, sah, dass das Malheur bereits beseitigt wurde, und nickte. Dann wandte er sich wieder an sie.
„Ich weiß, du hast mich gebeten zu gehen, aber … ich möchte gern hierbleiben. Ich werde dich nicht stören, wenn du weiterschlafen willst.“
„Ist schon gut“, sagte Sarah. Der telekinetische Ausbruch hatte den Druck etwas gelindert. „Ich … habe an die Nacht damals gedacht. Was passiert ist. Was ich gesagt habe.“
„Ja“, sagte Jim leise. „Ich auch.“ Er schwieg und versank einen Moment lang in Gedanken. „Arcturus missfiel die Vorstellung, dass wir beide zusammen waren, weißt du das?“
„Natürlich missfiel ihm das.“ Sarahs Stimme klang giftig. „Weil wir, wenn wir einander hatten, nicht mehr von ihm abhängig waren. Er konnte uns nicht mehr manipulieren. Er hatte Angst, wir könnten einen schlechten Einfluss aufeinander haben.“
„Wenn du mit schlecht gut meinst in dem Sinn, dass wir eigenständig gedacht haben – dann ja. Das hat er mir sogar fast so gesagt, als einer seiner kleinen Spione dich aus meiner Unterkunft kommen sah.“
Sarah wurde ganz still, als lauschte sie mit ihrem ganzen Körper. „Was hat er gesagt?“
„Typischen Scheiß à la Mengsk“, antwortete Jim mit jener Unverblümtheit und Ehrlichkeit, die sie so anziehend fand. „Er sagte, er wolle mir nur helfen. Mich warnen, damit ich nicht verletzt würde.“ Jim hielt inne, wartete offenbar darauf, dass sie eine sarkastische Bemerkung machte, aber sie schwieg. Nach einem Moment fast peinlicher Stille fuhr er fort: „Er sagte, du seist nicht die Art Frau, in die sich ein Mann wie ich verlieben sollte. Dass du kein unschuldiges kleines Mädchen wärst, das gerettet werden müsste, sondern …“ Er unterbrach sich abrupt. Sarah brauchte ihre telepathischen Fähigkeiten gar nicht zu bemühen, um zu wissen, was los war. Er war noch vom Schlaf benommen und hatte nicht wirklich durchdacht, was er da sagte.
„Erzähl weiter!“, forderte sie ihn auf.
„Ist nicht wichtig. Es war nur, na ja, wie gesagt, das Übliche eben.“
„Jim. Was hat er gesagt?“
Er seufzte.
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