Stardoc 01 - Die Seuche
Vollgas.
Durch den dichten Rauch, der in Schwaden aus einem brennenden Gleiterbus stieg, entdeckte ich jemanden, der parallel zu meinem Gleiter lief. Die Frau wurde von einer weiteren Plünderergruppe verfolgt. Ich riss die Augen auf, als ich sie erkannte. Dann sah ich nach vorne und entdeckte ein Sicherheitsteam aus der anderen Richtung auf sie zukommen. Sie würde zwischen den beiden Gruppen gefangen sein, also machte ich eine Vollbremsung und öffnete die Beifahrertür.
»Ana«, rief ich. Sie stolperte und schaute mich ungläubig an. »Komm schon, beeil dich!«
Sie duckte sich unter der Salve eines Pulsgewehres und rannte auf das Gefährt zu. Ich packte ihren Arm, zog sie hinein und gab dann Vollgas. Wir zischten davon. Als ich den Blick von der Windschutzscheibe lösen konnte, sah ich, dass sie stark zitterte. Ein böser Schnitt verunstaltete ihre Wange, und auf der Vorderseite ihrer Uniform waren Blutflecken zu sehen.
»Cherijo.« Sie versuchte ein Lächeln, aber ihre Lippen zitterten ebenfalls. »Gott sei Dank, dass du in diesem Moment dort vorbeikamst.«
»Bist du verletzt?« Sie schüttelte den Kopf. »Was ist passiert?«
»Jemand hat dem Verwaltungspersonal vorgeworfen, dass es gesunde Kolonisten infizieren wolle – oder ein anderer verrückter Unsinn dieser Art. Die Sicherheit konnte sie nicht aufhalten.« Sie wischte sich eine Strähne ihres zerzausten, blonden Haares aus dem Gesicht. »Du siehst aus, wie ich mich fühle.«
»Ich fühle mich noch schlimmer.« Ich fuhr zur Grenze der Kolonie, in der Hoffnung, dass der selten benutzte Pfad leer wäre. Das war er, und ich fuhr langsamer. »Ich muss zurück zur Isolationsklinik. Kennst du einen sicheren Ort, zu dem ich dich vorher bringen kann?«
»Ich wollte selbst gerade in die Klinik, als wir angegriffen wurden. Doktor Mayer hatte mich angerufen und mir von Duncan berichtet. Ich dachte, vielleicht kann ich helfen. Wie ist sein Zustand?«
Ich gab die Umstände meiner erfolglosen Versuche wieder, Reever aufzuwecken und mit seiner Hilfe mit dem Erreger zu kommunizieren.
»Deine Theorie ist, gelinde gesagt, radikal.« Ana hustete, wurde sehr still, dann lachte sie unsicher. »Wie dumm von mir, ich hatte begonnen zu glauben, dass ich nicht krank werden würde.«
»Oh, Ana.« Ich fühlte mich selber krank. »Vielleicht funktioniert das mit Reever. Hab keine Angst.«
»Habe ich nicht, nicht richtig. Nachdem Elars starb, erschien mir mein Leben nicht mehr sehr wichtig. Ich habe nicht aufgegeben, aber ich habe meinen Frieden mit dem Tod gemacht.« Sie schaute auf die Überreste der Kolonie hinaus, und Tränen strömten über ihre Wangen.
»Warum weinst du dann?«
»Ich war eine der Ersten, die hierher nach K-2 kamen. Wir hatten so viele Pläne für diese Welt. So viele Träume. Alles weg, alles zerstört.«
»Gib nicht auf. Noch nicht.«
Wir erreichten die Isolationsklinik, wo die Zahl der Fälle sich beinahe verdoppelt hatte. Es mussten um die tausend Kolonisten sein, die auf ihre Behandlung warteten. Einige konnten noch herumlaufen, aber die meisten saßen oder lagen auf dem Boden, und alle hatten Atemschwierigkeiten.
Ana blickte ausdruckslos auf die erschreckende Wirklichkeit der Epidemie. Während ich ihre Wunde versorgte, wurde sie immer blasser. Bis ich fertig war, war ihr Gesicht fast so weiß, wie der Verband auf ihrer Wange.
»Hey.« Ich nahm ihre Hand und drückte sie. »Noch leben sie. Es gibt immer noch Hoffnung.«
Die Anspannung schlug sich in ihrer Stimme nieder. »Bring mich bitte zu Duncan.«
Sie folgte mir durch das improvisierte Krankenhaus bis in den Teil, der für die Komatösen und Sterbenden abgetrennt worden war. Bei jedem Stöhnen oder Husten wand sie sich, und ich bemerkte, dass sie ihren Blick sorgfältig von den Gesichtern der Leidenden abwandte. Ich legte ihr den Arm um die Schulter und dachte: Für einen Empathen musste das hier die Hölle sein.
Reever war immer noch betäubt, als wir ankamen. Ich ließ sie lang genug mit ihm allein, um nach Kao zu sehen und mich zu vergewissern, dass sich sein Zustand nicht verschlechterte.
»Eine Schwester hat mir gesagt, dass der Rat dich zu sich bestellt hat«, sagte Kao, nachdem ich meinen Scan beendet hatte. Die Werte wiesen kein Zeichen der Krankheit auf, aber seine Lebenszeichen waren etwas schwächer. Vielleicht war er gerade erst aufgewacht. »Was haben sie von dir gewollt?«
Ich war versucht, ihm das ganze Debakel zu schildern, aber es waren heute zu viele Waffen auf
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