Stardoc 02 - Der Klon
langsamer zu atmen, und wischte eine Schweißspur von meiner Wange. »Aber sie kriegen vorher wenigstens eine Gerichtsverhandlung, richtig?«
»Nein.«
»Woher wisst ihr dann, dass sie schuldig sind?«
»Die Drohung muss in Anwesenheit eines Mitglieds des Haus-Clans wiederholt werden.«
»Das ist alles?« Ich drehte mich um. »Das ist alles?«
»Es ist mehr als genug, um die Ausrufung zu rechtfertigen.«
»Ich verstehe.« Ich wollte ihn ohrfeigen. »Jemand sagt etwas Falsches, und dafür weidet ihr ihn aus. Ganz normales Verhalten. Was habe ich mir nur gedacht?«
»Cherijo.« Xonea stand auf, kam zu mir und nahm meine Hand. Er packte so hart zu, dass ich nach Luft schnappte. »Du musst mir sagen, ob du weißt, von wem Roelm gesprochen hat. Sofort.«
»Ich weiß es nicht.« Ich zog meine Hand zurück. Wenn er damit nicht aufhörte, würde ich möglicherweise selbst als ClanBeute enden. »Ich weiß gar nichts, Xonea.«
Etwas Seltsames leuchtete in seinen fahlen Augen auf. »Ich habe deinen Gesichtsausdruck gesehen, als Tonetka für Roelm sprach.«
»Was soll das denn heißen?« Ich schleuderte die Arme in die Luft. »Sicher, ich war aufgewühlt. Ich wusste, dass ihre Worte niemanden zu Begeisterungsstürmen hinreißen würden.«
Jetzt legte er mir die Hände auf die Schultern – alles andere als sanft. »Cherijo, du darfst kein Wissen über den Verräter vor uns verbergen.«
Ich knirschte mit den Zähnen. »Ich verberge überhaupt nichts. Lass mich los.«
Er tat es nicht. »Du warst zu erpicht darauf, die Zeremonie zu verlassen.«
»Du hast mich da rausgezerrt, erinnerst du dich? Abgesehen davon, warum sollte ich bei sechshundert verärgerten Jorenianern bleiben wollen? Einer von denen hätte ja auf die Idee kommen können, mir eine zu verpassen.«
»Niemand hätte es gewagt, dich anzufassen!« Er schüttelte mich heftig. »Unprovozierte Angriffe sind seit Jahrhunderten verboten!«
»Wirklich? Und wie nennst du das, was du da grad machst?«, schrie ich zurück. »Energisches Kuscheln?«
Xoneas ließ die Hände so schnell sinken, als hätte er sich verbrannt. Dann atmete er einige Male tief durch und sagte: »Ich wollte dir nicht wehtun.« Als ich die Druckstellen rieb, schaute er zur Seite. »Ich bitte um Entschuldigung, Heilerin.«
»Nun, ich vergebe dir nicht.« Jetzt musste ich selbst tief durchatmen. »Wie würde es dir gefallen, wenn man dich der Sabotage bezichtigen würde? Hast du Roelm getötet, ClanBruder?«
Das erschreckte ihn so richtig. Zwei Meter dreißig purer Jorenianer erstarrten vollständig. Sein Gesicht wurde bleich, und es blieb ein kalkiges Blau zurück.
»Ich würde meinen HausClan niemals so betrügen. Niemals.«
»Nein?« Da ich mich rächen wollte, beschloss ich, auf diesem Punkt noch etwas herumzureiten. »Du weißt aber eine Menge über diesen Puffer, der angeblich niemals zerbricht. Dann schleifst du mich hierher, pflaumst mich an und beschuldigst mich des Verrats. Was versuchst du hier zu verschleiern?«
Seine Hände zuckten an seiner Seite. »Ich habe Roelms Pfad nicht umgelenkt. Ich habe dich aus Sorge um deine Sicherheit hierher gebracht.« Er streckte die Arme nach mir aus, und ich machte automatisch einen Schritt zurück. »Fürchte mich nicht.«
Und das von einem Kerl, der mir beinahe die Zähne aus dem Schädel geschüttelt hatte. »Glaubst du, dein Verhalten würde dafür sorgen, dass ich dir vertrauet«
»Ich bin … sehr bestrebt.« Er presste erschöpft die Hand auf die Augen. »Ich wollte dich nicht erschrecken, Heilerin. Ich bitte um Entschuldigung.«
Obwohl ich immer noch wütend auf ihn war, würde ich ihm das abnehmen. Für den Moment. »Okay, ich verzeihe dir.«
»Ich würde meinen HausClan niemals verraten oder mich dem Pfad eines anderen aufzwingen.«
»Richtig.« Ich wischte mir mit meinem Ärmel das Gesicht erneut trocken. Ich sollte das hier besser zu einem Ende bringen und verschwinden; die stickige Luft hier drin wurde unerträglich. »Schon gut.«
Xonea hörte nicht auf. »Ich finde keine Worte, mit denen ich mein …«
Verflucht sollten die jorenianischen Formalitäten sein.
»Ich habe es begriffen, Xonea. Du bist unschuldig. Ich glaube dir.« Es war ein Glück, dass ich nicht jeden ausweidete, der mir das Leben schwer machte. »Diese Sache mit dem unprovozierten Angriff das hängt mit der ClanBeute zusammen, richtig?«
»Kein Jorenianer würde eine andere Lebensform bedrohen, wenn nicht die ClanBeute ausgerufen wurde. Es ist …«
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