Stark gegen Stress
(und später grossen) Menschen aus. Anders verhält es sich, wenn seine Bedürfnisse mehrheitlich ignoriert, falsch interpretiert oder in unzulänglicher Weise beantwortet werden.
HINWEIS Die Erfahrungen im Säuglingsalter werden sozusagen auf einem Konto «vermerkt» und summieren sich zu einer Überzeugung, die im späteren Leben relevant bleibt, sofern nicht andere Lernerfahrungen sie überschreiben.
Signale wahrnehmen
Babys machen sich bemerkbar, wenn sie gestresst sind und etwas brauchen; mit ihren Verhaltenssignalen lösen sie bei der Mutter das Pflege-bzw. Fürsorgeverhalten aus. Damit wird eines der ersten Stressregulationssysteme in der Biografie jedes Menschen aktiviert. Denn Hunger, Durst, Müdigkeit, aber auch Unsicherheit oder Angst oder das Bedürfnis nach Nähe sind für das Baby erste Stresserfahrungen. Sie veranlassen es dazu, Verhaltenssignale (Bindungsverhalten) auszusenden. Weil Babys nicht in der Lage sind, sich bei Stress selber zu beruhigen, sind sie darauf angewiesen,dass jemand sich um sie kümmert (Fremdberuhigung). Nun ist es wichtig, dass die Mutter bzw. die Bezugsperson verlässlich reagiert: Nur so können die Kleinen Vertrauen entwickeln und machen damit verbunden eine Erfahrung der Wertigkeit: «Ich zähle, ich bin wichtig, man nimmt mich wahr.»
Je präziser und verlässlicher die Bezugsperson auf das Baby eingeht, desto einfacher gestaltet sich in der Regel die Interaktion: Das Baby ist leichter zu beruhigen. Reagiert die Bezugsperson hingegen nicht oder nicht den Bedürfnissen des Kindes entsprechend, so wendet es mehr Energie auf und wird lauter, es fängt an zu weinen und zu schreien und steigert sich in etwas hinein. Wenn auch das nicht zum Ziel führt und das Kind die Erfahrung macht, dass es nicht das bekommt, was es benötigt, wird es mit der Zeit wieder weniger schreien; es wird passiv und lethargisch. Denn was nützt Schreien, wenn die Umwelt nicht darauf reagiert? Dies sind erste Erfahrungen von Kontrollverlust («Ich habe keinen Einfluss») und Hilflosigkeit. Sie sind für das spätere Leben relevant.
INFO Studien zeigen: Babys von sensitiven Müttern sind pflegeleichter. Sie haben gelernt, dass sie mit geringem Aufwand ans Ziel gelangen: Es reicht, wenn sie wimmern. Diese Babys entwickeln einen guten Selbstwert, sie lernen früh, wozu sie fähig sind.
Mit den Reaktionen der Umwelt auf die Verhaltenssignale des Babys bildet sich das Fundament des Stresshauses aus. Der Säugling lernt: Ich kann mit meinen Signalen etwas bewirken. Das beeinflusst entscheidend die eigenen späteren Annahmen darüber, wie viel Einfluss man im Alltag im Leben nehmen kann (mehr zu den sogenannten Kontrollüberzeugungen siehe Seite 95):
▪ Machen Babys die Erfahrung, dass es Zufall, Glück oder Pech ist, ob die Bezugsperson auf ihre Bedürfnisse reagiert oder nicht, dann bildet sich eine external-passive (fatalistische) Kontrollüberzeugung aus (mehr dazu auf Seite 96).
▪ Macht ein Baby die Erfahrung, dass es vor allem von der Bezugsperson abhängt, wann und wie sie reagiert, dann bildet sich eine external-defensive Kontrollüberzeugung aus (mehr dazu auf Seite 96). Das passiert, wenn eine Bezugsperson manchmal reagiert, wenn das Baby schreit, manchmal aber auch nicht; und wenn sie auch dann reagiert, wenn dasBaby nicht schreit, einfach weil sie gerade Lust hat, es zu halten oder zu füttern. Das Baby lernt, dass vor allem andere Personen darüber entscheiden, was es bekommt.
Mit weiteren späteren Lernerfahrungen zu Hause, in der Schule und Freizeit wird das Fundament des Hauses weiter positiv oder negativ ausgeformt und gefestigt.
INFO So zentral diese ersten Lernerfahrungen des Säuglings sind, sie determinieren das Fundament nicht. Sie geben zwar eine erste Richtung vor und sind insgesamt sehr wichtig, doch sind es all die weiteren Lernerfahrungen, welche bis zum aktuellen Zeitpunkt das Fundament des Stresshauses bilden.
Erfahrungen im Kindes- und Jugendalter
Neben diesen frühen Erfahrungen spielen auch alle späteren eine Rolle und bilden erst im Zusammenspiel den Selbstwert als Fundament des Stresshauses aus. Wie reagierten die Eltern, Lehrkräfte oder andere wichtige Bezugspersonen auf die Bedürfnisse des heranwachsenden Kindes und Jugendlichen, auf seine Leistungen, seine Erfolge oder Misserfolge beim Spielen, beim Sport, in sozialen Situationen und in der Schule? Wenn das Kind zum Beispiel mit Klötzchen einen Turm baute, der einstürzte, wenn es auf einen Baum kletterte
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