Stark im Job
das gesund?
Urform menschlichen Daseins
Schon weit vor unserer Geburt spüren wir Rhythmus: den Herzschlag der Mutter, das gleichmäßige Heben und Senken ihres Bauches beim Ein- und Ausatmen – ein Grund dafür, dass wir uns schon als Kleinkinder am besten durch rhythmisches Wiegen oder Schaukeln beruhigen lassen.
Auch für uns Erwachsene hat ein stabiler Lebensrhythmus etwas Beruhigendes. Er sorgt für innere Ausgeglichenheit und gibt uns Halt. Er entspricht unserem ursprünglich von der Natur angelegten Programm: In der Urzeit gingen Menschen auf die Jagd, erlegten ein Tier, schleppten es zur Höhle, tanzten während der Garzeit ums Feuer, aßen das Tier – dann hatten sie Sex, und dann schliefen sie. Soweit der Prototyp. Er basierte auf einem Wechsel von Anspannung und Entspannung.
Der menschliche Organismus ist nicht darauf ausgerichtet, permanent Höchstleistungen abzuliefern. Er kann das eine Zeit lang, aber irgendwann sind die Muskeln müde, der Blutzucker ist verbraucht, die Konzentration lässt nach. – Der Mensch möchte sich nach der Anspannung entspannen.
Das Grundbedürfnis nach Rhythmus wird missachtet
Im Grunde sind wir in physischer Hinsicht noch immer auf den Wechsel von Spannung und Entspannung programmiert – aber wir folgen ihm nicht mehr. Der heutige Arbeitstag ist für viele Menschen geprägt von pausenlosem Durcharbeiten, von Arbeiten auch nach Feierabend, ja sogar von Arbeiten im Urlaub. Eine Befragung von monster.de von über 12.000 Menschen ergab, dass 17 % überhaupt nie mit dem Arbeiten aufhören. Zwei Drittel bleiben auch im Urlaub erreichbar, ein Viertel fragt im Urlaub die E-Mails und den Anrufbeantworter ab.
Echte arbeitsfreie Intervalle verschwinden zunehmend. Die Freizeit wird regelrecht „getränkt“ durch Arbeit. Wissensarbeiter und kreativ Tätige finden das oft gar nicht schlimm; sie sprechen sich gegen eine künstliche Trennung von Arbeit und Freizeit aus, weil sie ihre Arbeit lieben. Trotzdem brauchen auch sie Zeiten, in denen Arbeit mal keine Rolle spielt. (Es spricht ja nichts dagegen, sich eine Notiz zu machen, wenn einem während des Spiels mit den Kindern eine gute Idee kommt.)
Folgen für die Gesundheit
Zumindest eine erzwungene Durchmischung von Arbeit und Freizeit ist problematisch im Hinblick auf die psychische Gesundheit. Dabei muss „erzwungen“ nicht gleichbedeutend sein mit „steht so im Arbeitsvertrag“. Entscheidend sind vielmehr die unausgesprochenen Normen, die in einem Team herrschen. Wer etwa angepflaumt wird, weil er auf eine E-Mail auch nach drei Tagen (Urlaub) noch nicht geantwortet hat, der wird sich in Zukunft überlegen, ob er nicht doch fortan abends seine Mails checkt.
Der fehlende Wechsel von Energieverbrauch und Energieaufladung hat Folgen für die Gesundheit: Eine Untersuchung der Techniker Krankenkasse zeigte beispielsweise, dass bei 57 % der befragten Männer beruflicher Stress Ursache von Schlafstörungen war. Wenn die Schlaffähigkeit leidet, leidet auch die Erholungsfähigkeit. Und unerholt kann niemand gute Leistungen bringen. Man muss sich umso mehr anstrengen – ein Teufelskreis, der beginnt, sobald der Rhythmus gestört ist.
Umgekehrt ausgedrückt: Wer rhythmisch lebt, tut seiner Gesundheit damit etwas Gutes. Der physischen und der psychischen. Ohne Auftanken, Luftholen, Zur-Ruhe-Kommen gehen Körper und Psyche auf Dauer kaputt – beim Leben im Wechsel hingegen werden Körper und Psyche stärker. Man spricht auch vom Stress-Impfungs- oder Stress-Immunisierungseffekt, der immer dann einsetzt, wenn man auf eine Stressphase bewusst eine Erholungsphase folgen lässt. So wird man noch fitter für die Auseinandersetzung mit dem nächsten Stressor.
Anspannung – Entspannung
Sie brauchen also einen Wechsel von Anspannung und Entspannung. Genauso könnte man auch schreiben: Energie investieren – Energie auftanken. Oder eben: Stressoren – Ressourcen. Wichtig ist, dass Sie diesen Wechsel möglichst bewusst gestalten, sich also nicht als Opfer der Anspannung fühlen, sondern sich zum Beispiel sagen: „Das ist okay, dass ich im Moment diesen Stress erlebe – solange ich danach wieder auftanken kann, macht mich das umso stärker.“
Abbildung 3: Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung
Problematisch für die Gesundheit wird Stress erst dann, wenn Sie die „grüne Phase“ danach unter den Tisch fallen lassen. Wenn Sie also weiterhin auf Hochtouren fahren. Dafür sind wir nicht gemacht. Dann wird über kurz oder lang
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