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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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ihrer Stimmung.
    All diese vor Kraft und Energie strotzenden Menschen gehen ihr zunehmend auf die Nerven. Und als sie endlich mal einen Bettler entdeckt, stellt sich leichte Begeisterung ein. Nicht von ungefähr empfindet sie brüderliche Wärme für den Mann, schließlich weiß sie jetzt sehr genau, wie es ihm geht.
    Allerdings darf er nicht lange in seiner Ecke sitzen, denn wie aus dem Nichts erscheinen kurz darauf zwei Sicherheitskräfte, die besser bewaffnet sind als jeder Polizist in Deutschland, und entfernen den Störfaktor. Lautlos und ohne jedes Geschrei – sicher, die Fassade muss ja gewahrt werden.
    Wenigstens die Taxis erinnern an die in ihrem geliebten Berlin. Wie an jedem Airport sind sie zahlreich vertreten. Lisa schwingt sich in das erste der wartenden Umweltmonster – Mist, sie hat Marlene nicht mitgenommen! – und wuselt Meyers Zettel aus ihrer Leinentasche. »Flower sieben, bitte!«
    Die einzige Reaktion des älteren Mannes (braun gebrannt) ist eine verständnislose Miene, die sich jedoch schlagartig aufhellt. »Are you german?«
    »Nee, Sachse!«, faucht sie, winkt dann jedoch müde ab. »Yeah ...« Oh mein Gott, und wie infiziert sie ist!
    Chris, das war alles Absicht!
    Der Fahrer grinst noch einmal und fährt los.
    Wenigstens etwas.
    * * *
    Was Lisa in den kommenden Minuten von Tampa zu Gesicht bekommt, lässt den Airport ziemlich alt aussehen. Palmen – die dürfen ja nicht fehlen –, weite Highways, riesige Tower – das Klischee erreicht immer lichtere Höhen. All das findet unter einem gänzlich blauen Himmel statt, an dem eine glühende, vollkommene Sonne thront.
    Leicht angespannt überlegt sie, in welches High-Society-Viertel sie jetzt gebracht wird, daher macht sich dezentes Erstaunen in ihr breit, als der Wagen schließlich vor einem eher gewöhnlich wirkenden Appartementhaus hält.
    Sicher, seine sonnige Lage ist schon irgendwie bestechend; sie zählt auch nur vier Stockwerke und nicht allzu viele Parteien. Dennoch – Lisa dachte immer an ein riesiges Anwesen, wenn sie mutmaßte, wie der Obermacho wohl wohnt.
    Also, etwas in der Art – häufig nachgedacht hat sie bisher ja nicht über ihn.
    Es gibt einige Balkone – was recht hübsch wirkt – und an etlichen sind Sonnenschirme befestigt. Das Gelände hinter dem Haus kann man von der Straße aus nicht einsehen; dichte Hecken und ein hoher Zaun verhindern zuverlässig jeden Einblick. Alles in allem nichts Weltbewegendes, mit Sicherheit kein Millionenanwesen.
    Lisa bezahlt den Taxifahrer, der immer noch grinst. Vielleicht leidet er an einer ähnlichen Krankheit wie diese Counterfrau und die Flugbegleiter.
    Wenig später steht sie ziemlich einsam und verlassen auf der Straße. Mitten in einem fremden Land, ohne zu wissen, ob man hier wegen eines Stinkefingers ins Gefängnis kommt oder nicht.
    Sehr gefährlich!
    Doch gleichzeitig sucht sie ohne die geringste Vorwarnung extremes Lampenfieber heim. So etwas hat Lisa trotz ihres Jobs noch nie erlebt. Das Herz klopft ihr bis zum Hals und sie kann für einen langen Moment nur dieses amerikanische Haus anstarren – unfähig sich zu bewegen –, oder vielleicht mal irgendwas Sinnvolles zu tun. Zunehmend wächst in ihr die Überzeugung, das Beste wäre es, einfach wieder abzuhauen. Sie war hier, konnte sich mit eigenen Augen davon überzeugen, wie schön Chris doch wohnt, und kann beruhigt wieder nach Hause latschen …
    … fliegen , aber das wie ist wohl eher nebensächlich.
    Wirklich, je länger sie darüber nachdenkt, desto sicherer ist sie, nicht zu ihm zu gehen. Was soll sie sagen, wie erklären, was unerklärlich ist, wie verhindern, ihn wegen seiner Feigheit anzubrüllen, und vor allem: Wie soll sie reagieren, wenn er sie d-a-v-o-n-j-a-g-t? Was, wenn er nicht allein ist?
    Möglicherweise öffnet ihr eine dieser grellen, vollbusigen Blondinen – laut eigener Aussage steht Chris extrem auf diese oberflächlichen Karikaturen ihres Geschlechts.
    Was, wenn er überhaupt nicht mit ihr spricht oder sie womöglich noch auslacht? Geringschätzig den Mund verzieht? Gar nicht reagiert?
    Alles zweifelt sie an – dort, im grellen Sonnenschein, mit einem Trolley, der eigentlich ihrem Vater gehört, schmerzenden Füßen trotz Sandalen und miesem Durst, denn sie hat seit Ewigkeiten nichts getrunken.
    Doch irgendwann fährt ein Cabriolet an ihr vorbei – ha! – und Lisa kommt zu sich.
    Nein!
    Sie weiß, dass sie verlieren wird. Das steht so fest wie das Amen in einer Kirche, die sie zeit ihres

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