Starke Frau, was nun?
SicherheitsFRAU, die überprüft, ob sie unter ihrem Strickkostüm nicht zufällig eine Bombe deponiert hat.
Klasse!
Nach einer weiteren Ewigkeit im Abflugbereich darf sie endlich an Bord stiefeln, wo die Flugbegleiterinnen sie mit ähnlich debilem Grinsen empfangen wie diese gleichgeschaltete Tussi hinter dem Counter. Scheiße, wo ist sie nur gelandet? Und nach einem weiteren Äon sitzt Lisa in einem unbequemen Sitz, freut sich, dass ihr Nachbar ungefähr fünfzig und übergewichtig ist, und starrt angewidert aus dem Fenster.
Tut sie das Richtige?
Zum ersten Mal wagt sie offiziell, ihre Entscheidung infrage zu stellen; bisher hat sie diesen Gedanken immer wüst von sich geschoben. Ist es tatsächlich richtig, ihm nachzulaufen, ohne die geringste Sicherheit? Was, wenn er sie davonjagt – wie Mechthild es so nett ausgedrückt hat? Verdammt! Was, wenn er verheiratet ist? Nach allem, was sie von Chris weiß, kann der Kerl Mormone sein!
Nach dem Start schaut sie auf die Landschaft hinab, die in rasanter Geschwindigkeit immer kleiner wird. Die Abendsonne erscheint mit einem Mal so befremdlich nah, während Berlin unter ihr zu einer Spielzeugstadt verkommt.
Dabei horcht sie in sich hinein und versucht, an all den widrigen Erlebnissen innerhalb der vergangenen achtundvierzig Stunden vorbei in ihr Herz zu blicken.
Nein … sie muss ihn sehen. Was danach kommt … sie weiß es nicht. Aber es gibt Dinge, die Lisa unbedingt zu klären beabsichtigt und sie beschließt, an all ihren Prinzipien vorbei ausschließlich aufgrund ihrer Empfindungen zu agieren.
Richtig oder falsch?
Ganz ehrlich, selten war sie ratloser und unsicherer. Doch da existiert dieses rasante Klopfen jenes Organs, dem sie bisher stets so wenig Beachtung schenkte. Es erhebt sich immer dann in ihrer Brust, wenn sie sich überlegt, dass sie auf dem Weg zu ihm ist. Jenes interessante, weil absolut unbekannte Gefühl, endlich eine richtige Entscheidung getroffen zu haben, nach all den vielen falschen, lässt sich ebenfalls nicht leugnen.
Obwohl es nicht ganz überzeugt.
Während die Sonne immer dunkler wird und sich damit zum Untergehen präpariert, fordert die Anspannung endlich ihren Tribut. Lisa schläft ein und bemerkt nichts vom Service, der auf dem langen Flug stattfindet; die Stewardessen versuchen vergebens, sie zu wecken, denn Lisa träumt sich über den fernen Ozean in jenes Einwanderungsland, das sie eigentlich niemals in ihrem Leben betreten wollte …
* * *
Als sie aufwacht, befindet sich der Flieger im Landeanflug und grellster Sonnenschein empfängt sie vor dem kleinen Fenster. Orientierungslos sieht sie sich um und strandet in dem grinsenden Gesicht des übergewichtigen Kerls neben ihr.
Na herrlich!
Der Ärger nimmt kein Ende, denn ein Toilettenbesuch wird ihr mit Hinweis auf die baldige Landung verwehrt. Als das Flugzeug endlich festen Boden unter sich hat, wird es langsam dringend.
Der Check-in in dem imperialistischen Staat dauert auch seine Zeit, wenn man deutscher Staatsbürger ist. Nachdem sie auch endlich ihren Trolley in Empfang nehmen durfte und ihre schönen Euros in hässliche, abgegriffene Dollarnoten getauscht hat, geht sie durch den Terminal und tritt hinaus auf die Straße.
Warmer Sonnenschein blendet sie, und Lisa findet auf Anhieb mindestens zehn Klischees erfüllt: Der gängige Teint ist tiefbraun, die Haarfarbe der meisten Frauen platinblond, hinzu kommen bauchfreie Shirts, selbst das erste Skateboard macht sie bereits aus, und sie befindet sich noch immer am Airport!
»Ich hoffe, du weißt, was mich das kostet!«, murmelt sie, während ihr fassungsloser Blick immer wieder die seltsame, unfassbare Szenerie begutachtet. Das Ganze macht den Eindruck, als entstamme es einem dieser bunten Filme aus den 80er Jahren. Jedenfalls gab Lisa sich bisher der Illusion hin, dass so etwas Aufgesetztes, Bonbonfarbenes ja nicht wirklich existieren kann.
Irrtum!
Dieser gesamte verdammte Sonnenstaat scheint eine einzige Kitschfassade! Alles wirkt fremd, wie in einem besonders miesen Albtraum. Merken diese verdammten Amis denn nicht, wie dämlich sie sich aufführen? Wie abartig, jenseits aller Realitäten? Das ganze Volk ist eine verdammte Karikatur und niemanden außer Lisa Radtke fällt es auf!
Ha! Das wird sie in der nächsten Sendung mal zum Besten geben; dann kann Chris …
Seufzend erinnert sie sich daran, dass es keine nächste Sendung geben wird, und ihr Kopf senkt sich um ein beachtliches Stück – einschließlich
Weitere Kostenlose Bücher