Starke Frau, was nun?
müsste sie aufstehen und dazu ist sie derzeit nicht in der Lage. Jetzt laufen nämlich die Nachrichten und von ihm fehlt jede Spur. Die Amis haben echt eine Menge zu berichten, interessanterweise aber immer über die gleichen Themen:
Ungeschlagen: die Banken …
Rang zwei belegt der amerikanische Präsident …
Rang drei: die Börse … und die Banken
Rang vier: diesmal die Rating -Agenturen … und selbstverständlich die Banken. Randthema ist die übrige Wirtschaft.
Noch einmal der Präsident, diesmal dessen private Seite.
Und dann hat man noch ungefähr dreißig Sekunden aufgespart, um über die eher unwichtigen Vorgänge in der Welt zu erzählen:
Kriege, Verarmung der Weltbevölkerung, Hungersnöte, Aufstände, Umweltkatastrophen, der Beginn der hiesigen Walfangsaison.
Also auch nicht anders als in Deutschland.
Offenbar hat Lisa nicht lange genug im Flugzeug geschlafen, denn ihre Lider drohen zunehmend, einfach zuzufallen. Mandy, so heißt Miss Bunny-doppel-D, scheint die drohende Gefahr zu wittern, denn irgendwann steht sie auf und holt eine Cola light – logisch.
Selbst zum Ablehnen ist Lisa zu demoralisiert, dabei stammt das Gesöff ihrer Ansicht nach direkt aus der Hölle – also, bildlich gesprochen.
Angewidert würgt sie es hinunter, und als dann ganz plötzlich jene, so lange erwartete und bereits vergessen geglaubte weiche, charmante, jedoch leicht spöttische Stimme ertönt, verschluckt sie sich doch glatt an dem Höllenpunsch.
»Yeah, everybody. It`s a wunderful day in a wunderful country. Here`s Chris Scout, fresh back from old Berlin in germany.«
Prompt landet ein großer Anteil des schwarzen Getränkes in der Luftröhre. Und während Chris im Hintergrund auf das schöne Wetter hinweist, einen dämlichen Kalauer reißt und schließlich den nächsten Titel ankündigt, kämpfen die beiden Frauen vereint und verzweifelt um Lisas Überleben.
Das ist nach einigen Minuten gesichert … doch der Preis fällt ziemlich hoch aus: Ihre Klamotten sind versaut, Mandys Parkett benötigt dringend eine Reinigung und Lisas Rücken eine Neujustierung. Zwischenzeitlich hatte Bunny nämlich vermutet, sie würde ehrlich krepieren und prügelte daher mit aller Macht, die ihre Hände hergeben, auf ihr Rückgrat ein.
Und als sie sich endlich beruhigt haben, ist Chris verschwunden und Elvis singt.
Elvis singt!
Scheiße!
Um sich von allen Schocks insgesamt zu erholen, gehen noch einmal einige Minuten ins amerikanische Sonnenland. Schon allein deshalb, weil Lisa sich in Mandys herrlichem Bad umzieht, wofür sie erst einmal ihren Trolley holen muss. Bei der Gelegenheit überzeugt sie sich übrigens davon, dass es tatsächlich einen Pool gibt. Verdammtes Klischee!
Als sie wieder ins Wohnzimmer tritt, wird ihr schlagartig übel und Mandy – offensichtlich Krankenschwester von Beruf – legt ihr fürsorglich einen Arm um die Schulter.
»Are you okay?«
»Yeah ...«, murmelt Lisa und tappt mit wackeligen Knien zu der Anlage. Dabei neigt sie argwöhnisch den Kopf zur Seite, als bestünde die Gefahr, dass Chris sich genau dahinter versteckt hält. Das ist nicht der Fall, weshalb sie erschöpft auf den soeben gesäuberten Parkettfußboden sinkt. Und dann lauscht sie hingerissen jener Stimme, von der sie bis vor wenigen Stunden nicht einmal ahnte, was sie ihr bedeutet.
Erst in diesen Minuten bricht die Sehnsucht tatsächlich mit voller Wucht über sie herein, einschließlich grauenhaften Kummers, all die verheerenden Zweifel nicht zu vergessen und die Enttäuschung, weil er sie zurückließ. Mit einem Mal schmerzt ihr Herz grandios und in einer Intensität, die sie bisher nicht für möglich hielt. Sie will nur noch eines – und das innerhalb einer Nanosekunde.
Zu ihm!
Sofort!
Dennoch bewegt Lisa sich nicht, der Blick ist wieder aus dem Fenster gerichtet, doch sie erkennt weder die strahlende Sonne noch die einsame Wolke, die das Idyll perfekt unperfekt macht.
Mit etwas Mühe könnte sie ihn sogar verstehen, auch wenn sein Amerikanisch verdammt schnell und auch noch mit deutlichem Dialekt behaftet ist. Doch instinktiv weiß sie, dass dies dem Effekt nur schaden würde. Was interessieren sie Small Talk, irgendwelche Bemerkungen über Football oder einen anderen sprichwörtlichen Reissack, der unlängst in China zu Boden gegangen ist?
Ihr ist, als würde hinter jedem seiner so banalen Worte eine Botschaft stecken – exklusiv, nur für sie. Mit jener ausdrucksstarken Stimme, jovial und dennoch nicht
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