Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Starke Frauen

Starke Frauen

Titel: Starke Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Horáková
Vom Netzwerk:
»an die Front«, nach Oberschlesien – das Ergebnis lässt sich sehen: In »Rosas« Wahlkreis kann die SPD ihren Stimmanteil mehr als verdoppeln.
    Rosa, beifallumtost, meldet an Leo: »In Berlin geht es mir gut, das heißt, ich arbeite sehr viel.« Sie schreibt Artikel, diskutiert, agitiert, hält Vorträge. Die Genossen bieten ihr die Leitung der wichtigen Sächsischen Arbeiter-Zeitung an. August Bebel hält sie für »ein sehr gescheites Frauenzimmer«. Genossin Rosa wird Chefredakteurin. Und fungiertüberdies als Kontaktperson zwischen polnischen, russischen und europäischen Sozialisten. Die linksradikale, kritische Intellektuelle wird zur kühnsten Mittlerin zwischen Ost und West. Ab Dezember 1898 wird die »Rote Rosa« auf Schritt und Tritt von Spitzeln begleitet.
    ----
    »Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden«
----
    Rosas Ziele: Internationalismus (weil Nationalismus Konflikte heraufbeschwört), Antimilitarismus (weil Rüstung zum Krieg führt), Diktatur des Proletariats (weil nur die Arbeiterklasse die »kapitalistische Profitwirtschaft als das falsche Bewusstsein« abschaffen kann) und Revolution (weil sie allein zur Verwirklichung gesellschaftlicher Utopien führt). »Die Revolution ist großartig«, sagt sie, »alles andere ist Quark.« Rosas Selbstvertrauen wächst, ihre Ausstrahlung hypnotisiert die Massen, der Erfolg verschönt sie. Leo Jogiches verfolgt ihren steilen Aufstieg mit mürrischem Misstrauen.
    1904 ist es so weit: Das mächtige Preußen fühlt sich gezwungen, dieses »hysterische, zänkische Frauenzimmer« einzusperren. Sie wird in Leipzig zu drei Monaten Haft wegen Majestätsbeleidigung verurteilt. In ihren Augen ein Ritterschlag. Rosa schwört sich: »Ich bin entschlossen, noch mehr Strenge, Klarheit und Keuschheit in mein Leben zu bringen.« Und verliebt sich in Konstantin Zetkin, den um 14 Jahre jüngeren Sohn ihrer Freundin Clara Zetkin. Seit Anfang 1907 sind sie ein Paar. Sie nennt ihn »Juju«, »süßer Duda«, »Ninuniusch« – und sich selbst »Niunia«.
    »Du willst mich immer lieben, kleiner Bub?«, fragt sie am 20. Juni 1908. Eine eher rhetorische Frage. Denn sie macht sich keine Illusionen über ihre Beziehung, obwohl sie wie geschaffen füreinander sind: Beide lieben Spaziergänge im Mondschein, Natur, Musik. Leo droht, Rosas Geliebten umzubringen. Die sonst durch nichts zu erschütternde Frau kauft eine Pistole, um Kostja zu schützen: »Kleiner geliebter Bubi, nimm dich in Acht, ich flehe dich an, du hast noch ein ganzes Leben vor dir.« Einen Tag zuvor an Leo: »Es stimmt, ich habe verdammte Lust, glücklich zu sein!« Als sie merkt, dass sich Kostja nach fast drei Jahren zu einer anderen hingezogen fühlt, gibt sie ihn frei: »Ich habe selbst genug unterinnerer Unfreiheit gelitten und möchte dich immer frei wie ein Vögelein wissen.«
    Sie wird sich noch öfter verlieben: in Paul Levi, Sozialdemokrat wie sie und ihr Rechtsverteidiger, 12 Jahre jünger. Am 24. März 1914 schreibt sie, einmal mehr im Gefängnis: »Liebling! Friede ist nur, wenn wir wieder zusammen sind!« Erhalten sind 57 Briefe. Seinem Nachfolger, dem um 13 Jahre jüngeren Arzt Hans Diefenbach, schickt sie ihr Selbstporträt; er überlässt ihr auf Lebenszeit die Zinsen aus 50 000 Mark.
    Die nur 1,50 Meter kleine Rosa Luxemburg ist zur anerkannten Stimme der internationalen Arbeiterbewegung geworden. Lenin schätzt sie so sehr, dass er ihr 1907 eines der beiden russischen Mandate für eine Tagung der Parteiführer anbietet. Sie mokiert sich über seinen großrussischen Chauvinismus und kritisiert seine Machtansprüche: »Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.« 1916, mitten im Ersten Weltkrieg, wird Rosa Luxemburg erneut verhaftet und kommt in die Festung Wronka. Aus Rosas Gefängniskalender von 1918: »16. März: Um 9 Uhr früh Wendehals lange gerufen. Nachmittags 4 wieder. Krähen sind fort. 17. März: Buchfink gesungen. Pirol ist da, Wendehals um ½ 5 abends gerufen. 18. März: Um 10 Uhr Buchfink. Nr.7 Brief von Mathilde. Brief von Martha. Haubenlerchen liefen im Hof. 20. März: Paket an Kostja, Gewitterwolken und Donner um 5 Uhr nachmittags. 29. März: 51 Kilo. 1. April: Den kleinen Fuchs gesehen. Star singt immerzu bis 7 Uhr abends. 2. April: 22 Grad C im Schatten um 4 Uhr.« (Matilde Jacob ist Rosas Haushälterin, die ihr »Wertvollstes«, ihre Katze Mimi, versorgt.)
    ----
    »Ich fühle mich in der ganzen Welt zu Hause, wo es Wolken und Vögel und Menschentränen

Weitere Kostenlose Bücher