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Starke Frauen

Starke Frauen

Titel: Starke Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Horáková
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gewesen sein, als sie vom »gesegneten Brot« kostete. Und hat nie verraten, wer sie entjungferte. Danach jedenfalls genießt sie Sex, diese »anbetungswürdige Tollheit«. Und ihre Umarmungen sollen so »elementar und archaisch« gewesen sein, dass die meisten ihrer Männer nach der Trennung keine andere Frau mehr begeistern konnte.
    Der Dichter Rainer Maria Rilke, der 22-jährig, kaum bekannt, die berühmte Frau 1897 trifft und sie stürmisch umwirbt, ist betört: »Du allein bist wirklich ... Du allein weißt, wer ich bin«, schreibt er. Als sie zu zweit eine Russlandreise unternehmen, merkt Lou, wie stark ihr Begleiter sich von seinen Neurosen treiben lässt: »Ich kann nicht gut lieben, denn ich liebte meine Mutter nicht.« Lou verlässt ihn, Rilke ist fassungslos, wie schon Nietzsche und andere. Lou gibt sich erleichtert: »Erst jetzt darf ich sein, was andere mit 18 Jahren werden: ganz ich selbst!«
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    »Das natürliche Liebesleben ist aufgebaut auf dem Prinzip der Untreue«
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    1901 wird Lou schwanger. Der Vater, der Wiener Arzt Friedrich Pineles, sieben Jahre jünger, sucht Andreas in Berlin auf, in der Hoffnung, ihn zur Scheidung bewegen zu können. Vergeblich. Lou verliert das Kind, als sie beim Apfelpflücken von der Leiter stürzt. Bereut hat sie das nie. Der nächste Geliebte, der schwedische Nervenarzt Poul Bjerre, 15 Jahre jünger, nimmt sie 1911 mit zum Kongress der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung nach Weimar. Hier trifft Lou mit Sigmund Freud zusammen. Lou ist der Psychoanalyse in ihren Romanen ohnehin auf derSpur. Nun hofft sie, in der Lehre des Wiener Professors den Schlüssel zur Lösung ihres Gottesrätsels zu finden.
    Freud, da älter, ist für sie als Mann tabu – und er selbst jenseits aller Triebe. Er lädt sie nach Wien ein, sie lässt sich von ihm sechs Monate lang ausbilden. Freud ist erquickt von ihrem Drang, alles auf der Stelle begreifen zu wollen, Lou findet einige seiner Jünger attraktiv und gönnt sich, mit Freuds Segen, einige Affären. Die gegenseitige Hochachtung wird tiefer, ihre Freundschaft herzlicher.
    Lou, die als 54-Jährige in Göttingen noch eine psychoanalytische Praxis eröffnet, fühlt sich als »Frau ohne Alter«. Bis sie, nach einer seltsamen Grippe, ihr Haar komplett verliert. Jetzt »sehe ich aus wie ein altes Weiberl mit Häubchen«. Aber sie bewahrt ihren Humor, auch nachdem man Krebs diagnostiziert hat (die amputierte Brust ersetzt sie durch ein Polster unter ihrem Kleid). Erst als ihr alter Hund stirbt, verliert Lou die Fassung: »Eins kommt zum andern, bis man sich fragt, aus welcher Freude man noch leben kann.« Jetzt quält sie die Frage: »Warum haben meine spontanen Handlungen so viel Unglück verursacht?« Als sie mal wieder ins Krankenhaus muss, ist es ausgerechnet ihr Ehemann, der sie täglich besucht. Nach Dekaden gegenseitiger Kränkungen und andauernder Sprachlosigkeit kommen sich die beiden wieder näher. Die Zeit der wirklichen Einsamkeit beginnt also erst mit Andreas’ Tod im Oktober 1930.
    Ihre Bücher sind heute vergessen. Aber Lou empfand das Schreiben nicht als ihre Lebensaufgabe, ihr Werk war ihr Leben. Und so wird die Solo-Kämpferin zur Galionsfigur für Generationen von Frauen, denn sie wusste genau, was sie wollte. Nach ihrem Credo leben: »Alles dürfen – nichts bedürfen.«
    Louise Andreas-Salomé hat weder den Gottmenschen gefunden noch das Gottesrätsel gelöst. Aber »für uns Freidenker, welche nichts Heiliges mehr haben, was sie als religiös oder moralisch groß anbeten könnten, gibt es trotzdem noch Größe, welche uns zu Bewunderung, ja zu Ehrfurcht zwingt ... eine Größe der Kraft«. Die hat sie.

Falls einer der Lehrer eine antisemitische Bemerkung fallen lässt, muss Hannah, so die Anweisung ihrer Mutter, wortlos die Klasse verlassen und nach Hause kommen. Dann schreibt Martha Arendt, eine jüdische Akademikertochter, eine ihrer vielen Beschwerden an die Schulleitung. Fanatismus vergifte die Seelen, steht darin. Dabei ist sie gar nicht übermäßig religiös. Als Kind im ostpreußischen Königsberg ist Hannah kein einziges Mal in der Synagoge: »Das Wort ›Jude‹ ist bei uns nie gefallen«, erinnert sie sich später. Aber die Mutter »würde mich rechts und links geohrfeigt haben, wäre sie je dahintergekommen, dass ich etwa verleugnet hätte, Jüdin zu sein«.
    Als Hannahs Vater Paul Arendt 1913 an Syphilis stirbt, tröstet die Sechsjährige ihre Mutter: »Man muss an traurige Dinge so wenig wie

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