Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Starke Frauen

Starke Frauen

Titel: Starke Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Horáková
Vom Netzwerk:
meisterliche Technik verlangen. Aber sie selbst sieht sich kritisch: »Warum mich die anderen lieben, das weiß ich nicht, ich bin kalt, nicht hübsch.«
    Das beginnende 19. Jahrhundert versetzt Europa in einen Maschinenrausch. Dampfwagen, Walzwerke, Metronom – angesagt sind Tempo und Technik. Dichter und Denker lassen sich auf das neue Lebensgefühl, das seit der Französischen Revolution in den Alltag und seit Beethoven in die Musik eindringt, voll ein: Pathos, Passion, Wahn. Trommelwirbel, Trompeten. Großartige Solisten, die ihre Instrumente fast »gespenstig« beherrschen, faszinieren das Publikum, noch sind Konzertabende nicht reproduzierbare Events – das ist die Welt, in der Clara bestehen muss.
    Robert Schumann übt, um Virtuose zu sein, nicht nur sieben Stunden täglich, sondern benutzt auch eine »Hände-Dehnungsmaschine«, die seinen rechten Ringfinger lähmt. Aus der Traum von internationaler Karriere. Also profiliert er sich als Journalist und nimmt Musikunterricht bei Claras Vater, will komponieren. Seit 1830 wohnt er bei der Familie Wieck zur Miete, Backfisch Clara ist verzaubert. Als würde sie spüren, dass Roberts Gefühlsüberschwang genau das ist, was sie entpanzern kann: als Künstlerin und Frau.
    Sie ist 16, als er sie erstmals küsst, 14 Tage später der zweite Kuss. Aber dann – die nächste Tournee. Und Robert beginnt, sie zu vermissen,da sie seine Musiksucht wie kaum ein anderer versteht. An Claras 18. Geburtstag bittet er Wieck um Claras Hand. Der lässt ihn abblitzen und untersagt dem Paar jeglichen Kontakt: »Ehe ich zwei solche Künstler zusammen häuslich unglücklich und beschränkt sehe, opfere ich lieber meine Tochter!« Sein »Meisterstück« ist schließlich seine Altersversorgung.
    »Sie müssen mir sagen, was ich tun soll. Ich bin angegriffen an der Wurzel meines Lebens«, fleht der um neun Jahre ältere Robert Clara an. Sie, härter im Nehmen, antwortet: »Eine starke Seele habe ich – sie sei Ihnen genug, um jeden Zweifel zu unterdrücken.« Aufgewühlt, wie sie ist, spielt sie plötzlich anders, gefühlvoll. Genießt die Ovationen. Und sie weiß genau, was sie will: Musik und diesen Mann – vielleicht sogar in dieser Reihenfolge.
    Am 15. Juli 1839 reicht Robert einen Antrag am Appellationsgericht ein, der Wieck zwingen soll, ihre Heirat zu erlauben. Der Prozess dauert über ein Jahr. Wieck schreibt, Schumann sei »träge, unzuverlässig, kindisch, unmännlich ...«. Das entscheidende Argument erwähnt er nicht. Oder ahnte er es nicht, im Unterschied zu seiner Tochter? Robert ist bisexuell. Clara bittet ihn brieflich, »das eine tue nicht, da zu schrecklich, um es bei Namen zu nennen«. Robert antwortet, diesem »Drang bin ich nicht gewachsen. Was soll ich von mir denken? Dies hast du gesagt – u. ich thue es dennoch ...« Er »thut« es mit seinen »Sonnenjünglingen«, zum Beispiel mit Goethes Enkel Walther.
    Dennoch besprechen sie ihre Zukunft: »Bleib ich ein Jahr in Dresden, so bin ich als Künstlerin vergessen«, meldet sie ihre Bedenken an. Er verspricht ungeahnte Freude, sobald er sie »zum Weibe macht«. – »Das erste Jahr unserer Ehe sollst du die Künstlerin vergessen ... das Weib steht doch noch höher als die Künstlerin.« Sie glüht vor Ungeduld, hakt dennoch nach: »Ich will nicht Pferde, nicht Diamanten ... doch aber will ich ein sorgenfreies Leben führen ... Also, Robert, prüfe dich, ob du imstande bist, mich in eine sorgenfreie Lage zu versetzen. Die Liebe ist sehr schön, aber ...!« Im Grunde genommen ist sie selbstsicherer, als ein Mann der Biedermeierzeit ertragen konnte. Denn: Sie ist es gewohnt, Geld zu verdienen. Robert, der Erbe eines vermögenden Verlegers, ist es nicht.
    ----
    »Wenn Robert zufrieden ist, mir dies lieber ist, als läge mir ein ganzes Publikum zu Füßen«
----
    Am 1. August 1840 erteilt das Gericht die Zustimmung zur Eheschließung. Clara hat endlich einen Partner, der sie auf Augenhöhe behandelt. Und Robert sieht in ihr tatsächlich seinen »Doppelgänger«: »Du vervollständigst mich als Komponisten wie ich dich. Jeder deiner Gedanken kommt aus meiner Seele, wie ich ja meine ganze Musik dir zu verdanken habe.« Sie veröffentlichen gemeinsam einen Liederzyklus – keiner soll wissen, wer welches Stück komponierte.
    Andererseits hält er es für selbstverständlich, dass sie das Haus führt, Gäste bewirtet und ihre »ehelichen Pflichten« erfüllt. Sie darf auch nicht üben, wenn er komponiert (zu laut!), und muss

Weitere Kostenlose Bücher