Starke Kinder
hast. Ich habe auch den Eindruck, dass du dich nicht wirklich konzentrieren kannst. Was könnte dir helfen, dich zu konzentrieren? Magst du dich in ein anderes Zimmer setzen?â
12  Wie kann eine Vertrauensperson ein Kind vor einem Missbrauch schützen?
âNachdem mein Vater früh gestorben war, hat meine Mutter neu geheiratet. Sie war glücklich, wieder jemanden zu haben. Aber ich hatte immer Stress mit meinem Stiefvater. Immer wenn etwas schiefging, war ich schuld. Wenn meine Brüder etwas haben fallen lassen, war es mein Fehler. Als sie gröÃer wurden, haben sie es auch ausgenutzt. Sie haben mir immer schnell die Schuld gegeben. Unser Nachbar war anders. Er sagte auch einmal etwas Nettes zu mir. Ich bin dann auch ganz gerne zu ihm rübergegangen. Bei ihm war es nicht so laut und ich habe nicht ständig Ãrger bekommen. Er hat mich immer wieder mal berührt. Ich habe gedacht, es sei Zufall. Irgendwann, da war ich ungefähr 12 Jahre alt, war seine Hand aber etwas zu lange an meinem Po. Er fing an, mich auf seinen Schoà zu ziehen und meine Beine zu streicheln. Ich fand es blöd. Er meinte, er fände das schön und schenkte mir zum Abschied fünf Euro. Das war sehr viel Geld für mich. Ich bekam eigentlich kein Taschengeld. Als ich das nächste Mal zu ihm kam, zog er mich wieder an sich und griff in meine Hose. Er sagte mir, dass ich es so wollte. Ich musste das auch sagen. Er sagte mir, keiner zu Hause würde mir glauben, dass ich es nicht gewollt hätte. Er schenkte mir wieder Geld. Es wurde immer mehr ⦠Warum ich mir keine Hilfe geholt habe? Ich hätte ja einfach nicht mehr hingehen müssen ⦠Er hatte doch recht. Zu Hause hätte mir keiner geglaubt. Ich hätte wahrscheinlich Schläge bekommen.â
âIm Internat hatte ich einen Hauslehrer. Er war für unsere Gruppe zuständig. Er suchte sich seine Favoriten aus, die dann bei privaten âPartysâ dabei sein durften. Er wählte mich auch aus. Irgendwie war das gut, aber auch wieder nicht. Mit meinen Eltern wollte ich nicht reden. Sie hätten mich vom Internat genommen â und dabei fühlte ich mich dort trotz allem zu Hause. Mit dem Direktor versuchte ich zu reden. Der hat den Lehrer in Schutz genommen und mich beschuldigt, ihn schlecht darstellen zu wollen.â
Anruf eines 14-jährigen Mädchens am Kinder- und Jugendtelefon:
âMeine Eltern haben sich getrennt. Ich bin immer wieder bei meinem Vater. Wenn ich dort bin, fasst er mich an und will, dass ich ihn anfasse. (â¦) Ich weiÃ, dass es nicht richtig ist, dass er es nicht darf. Ich weià aber nicht, was ich tun kann. Ich kann eigentlich über alles mit meiner Mutter reden. Aber sie hat einen so stressigen Job. Sie muss wieder viel arbeiten, seit sie sich von meinem Vater getrennt hat. Ich will sie nicht belasten. Ihr kann ich doch nicht so etwas erzählen.â
Was sollten Sie wissen?
Das Vorhandensein zumindest einer wichtigen Vertrauensperson kann ein Kind sehr effektiv gegen einen sexuellen Missbrauch schützen. Für ein Kind ist es äuÃert schwierig, das Problem âMissbrauchâ allein zu lösen. Enorm hilfreich ist es, einen Menschen zu haben, der ihm mit Rat und Tat beisteht. Bedingung für diesen Menschen wird u. a. sein, dass er selbst keine Bedrohung darstellt, also kein Täter ist, dass er sich Zeit nimmt Vertrauen entstehen zu lassen. Das Kind muss sich auÃerdem darauf verlassen können, dass die Vertrauensperson nur in Absprache mit dem Kind handelt.
Natürlich ist es mehr als wünschenswert, wenn Sie Ihrem Kind als Vertrauensperson zur Verfügung stehen. Eine stabile emotionale Beziehung zu mindestens einer Bezugsperson und deren zuverlässige Verfügbarkeit sind die besten Schutzfaktoren. Sie werden allerdings nicht immer bei Ihrem Kind sein können. Aus diesem Grund kann es hilfreich sein, auch andere Vertrauenspersonen einzubeziehen. Das soziale Netzwerk der erweiterten Familie, Freunde und auch Arbeitskollegen können solche Vertrauenspersonen sein. Bedenken Sie bitte, dass für die Kinder die Anwesenheit einer erwachsenen Vertrauensperson am âOrtâ des Geschehens enorm wichtig ist. Welche anderen Vertrauenspersonen stehen Ihrem Kind zur Verfügung?
Sind Bezugspersonen zwar körperlich anwesend, aber gleichzeitig psychisch gestresst und mit eigenen Problemen beschäftigt, so gilt dies auch als Risikofaktor. Zu
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