Starker als dein Tod
und ihr sagen, dass er dies alles nicht gewollt hatte. Er hatte niemals gewollt, dass ihr etwas zustieß …
Doch als das Schneemobil in den freien Fall überging, konnte Zack nichts anderes mehr tun, als zu beten.
Emily war nicht sicher, wie und wann sie den Griff um Devlin gelockert hatte. Bis vor einem Moment hatte sie sich noch fest an ihn geklammert. Nun segelte sie durch die Luft und sah einem unvermeidlichen Aufprall entgegen, der sie vermutlich beide umbringen würde. Verdammter Häftling. Wenn sie ihre Waffe dabei hätte, würde sie sie ziehen und ihn erschießen.
Sie prallte krachend auf harten Untergrund, sodass ihr die Luft wegblieb. Nebenan hörte sie ein weiteres Krachen, danach wurde es ganz still in der Welt. Mehrere Sekunden lang lag sie einfach nur da und rang nach Atem. Als sie die Augen öffnete, nahm sie als Erstes wirbelnde Schneeflocken wahr. Die Spitzen der Pinien wogten im Sturm. Sie hörte, wie der Wind durch das Geäst heulte.
Sie war in Tiefschnee gefallen, der ihren Aufprall gedämpft hatte. Sie bewegte sich ein wenig, um zu überprüfen, wie viel sie abbekommen hatte. Im Großen und Ganzen war sie unverletzt. Stöhnend rollte sie sich auf die Seite, setzte sich auf und schaute sich um.
Sie befand sich auf einer ziemlich steilen Schräge, auf der der Schnee gut einen halben Meter hoch lag. Neben ihr stand ein abgebrochener Pinienschössling, neben dem ein großes Stück von der Verschalung des Schneemobils gelandet war. Es musste beim Aufprall abgerissen worden sein. Etwa sechs Meter weiter unten lag der Motorschlitten auf der Seite. Der Motor zischte und qualmte.
Langsam kam Emily auf die Füße. Ihre Arme und Beine zitterten, als sie sich den Schnee von der Kleidung abklopfte. Sie schaute nach oben und stellte fest, dass sie über die Felskante gefahren und ungefähr sechs Meter nach unten gestürzt waren. Ein tiefer Fall. Sie hatte Glück, dass sie das heil überlebt hatte, und fragte sich, ob Devlin ebenfalls verschont geblieben war.
„Devlin?“, rief sie laut.
Bewegungslos verharrte sie und lauschte auf eine Antwort, doch nichts regte sich. Obwohl Devlin ein entflohener Häftling war, der sie als Geisel genommen und sie fast zu Tode gefahren hatte, war der Gedanke beunruhigend, hier ganz allein mitten im Nirgendwo zu sein. Zumal sie mehr und mehr davon überzeugt war, dass bei
Lockdown
irgendetwas Finsteres und Todbringendes vor sich ging.
Sie musste sich nach unten zu dem Schneemobil vorarbeiten, um nach Devlin zu sehen. Emily bewegte sich auf die Felsplatte zu. „Du bist besser am Leben, Devlin“, murmelte sie keuchend, während sie durch den tiefen Schnee stapfte. „Weil ich dir den Hals mit bloßen Händen umdrehen …“
Das Geräusch eines knackenden Zweiges ließ sie verstummen. Erschrocken drehte Emily sich um – und stand vor Zack Devlin, der sie anstarrte. Zum ersten Mal, seit er sie gekidnappt hatte, wirkte er erschüttert. Die Blässe seines Gesichts wurde durch das schwarze Haar noch betont. Blut sickerte aus einer Wunde an seiner Schläfe. Wie schwer war er verletzt?
„Bist du verletzt?“, fragte er.
Die Frage verblüffte sie. Sie hatte nicht erwartet, dass er sich irgendwelche Gedanken über ihr Wohlbefinden machte. „Wenn man bedenkt, dass du mich gerade durch einen Sturz von der Felskante hast umbringen wollen, würde ich sagen, dass es mir besser als erwartet geht. Was zum Teufel hat dich da geritten?“
„Vielleicht hättest du lieber eine Kugel in den Rücken bekommen.“
Dem hatte sie nichts entgegenzusetzen. Wer auch immer in dem Hubschrauber gesessen hatte,
hatte
gezielt auf sie geschossen. Und es schien ihn nicht allzu sehr gekümmert zu haben, wen von beiden er traf. Eine zutiefst verstörende Tatsache.
„Wenn ich nicht gewesen wäre, hätten deine Kumpels im Gefängnis Schweizer Käse aus dir gemacht“, meinte er.
„Sie haben auf dich gezielt“, erwiderte sie. „Nur für den Fall, dass du es nicht weißt: Das ist der Standardbefehl, wenn ein Insasse einen Officer als Geisel nimmt und flüchtet.“
Er wandte den Blick von ihr ab und blickte nach oben in den Himmel, als wolle er die Stärke des Sturms abschätzen. Sein Profil war markant mit der geraden Nase und dem fein konturierten Mund. Emily wusste nicht, warum, doch der Anblick seiner Lippen ließ sie an den Kuss im Umkleideraum denken. Sich ausgerechnet jetzt daran zu erinnern war auf lächerliche Art und Weise unpassend, wenn man die Situation bedachte. Aber nichts daran
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