Starker als dein Tod
brauchten ein Jahr, doch schließlich gelang es Alisa und mir, uns einzuschleusen. Wir wurden von der Gruppe akzeptiert und fühlten uns relativ wohl.“ Sein Mund verzog sich zu einem humorlosen Lächeln. „So wohl man sich eben fühlen kann mit dreißig Mördern um sich herum, die alle soziopathische Tendenzen haben.“
„Wir wussten, dass etwas Großes über die Bühne gehen sollte, aber der Anführer hielt sich mit den Details zurück und weihte nur einige seiner engsten Vertrauten ein.“
„Es klingt so, als hättet ihr genau das getan, wozu man euch dort hingeschickt hatte“, sagte Emily.
„Ich habe verdammt viel mehr getan als das, wozu man mich dort hingeschickt hatte.“ Zack schüttelte den Kopf. „Alisa suchte immer den Kick. Eigentlich ist jeder Agent bei MIDNIGHT auf die eine oder andere Weise ein Adrenalinjunkie. Doch Alisa war … Es ging bei ihr darüber hinaus. Das Camp lag etwa fünfzig Meilen entfernt von El Paso. Die meisten von uns wohnten in Zelten. Der Anführer war so paranoid, dass er in einem unterirdischen Bunker schlief. Der Großteil der Waffen wurde ebenfalls in unterirdischen Bunkern gelagert. Da waren wir also, mitten in der gottverlassenen Wüste, voller Angst, gelangweilt und umgeben von Killern. Und Alisa … Wir waren Freunde, weißt du? Ich kannte sie gut. Ich mochte sie. Hatte großen Respekt vor ihr als Agentin. Sie war hervorragend in ihrem Job, und wir waren ein gutes Team. Dann tauchte sie eines Abends in meinem Zelt auf. Ich hatte bereits geschlafen. Sowie ich aufwachte und sie hereinkommen sah, dachte ich, dass etwas nicht in Ordnung sei. Ich ging ihr entgegen und im nächsten Moment …“ Bei der Erinnerung presste er die Zähne zusammen. Mit Alisa zusammen zu sein war ungefähr so gewesen, als ob man von einer Klippe sprang und hart landete.
„Zack, ihr habt lange Zeit unter enormen Druck gestanden. Da ist es nicht ungewöhnlich, dass zwei Menschen sich unter diesen extremen Umständen einander zuwenden.“
„Es war nicht nur dieses eine Mal, Emily. Danach kam sie jeden Abend in mein Zelt. Ich wusste, dass ich sie hätte aufhalten müssen und es beenden sollte. Ich war zunehmend abgelenkt. Sie ebenfalls. Ich konnte mich nicht auf die Mission konzentrieren, weil ich ständig an sie dachte. Ich fing an zu … Ich fing an, mich in sie zu verlieben.“ Er fühlte den alten Schmerz, der wie ein stumpfes Messer in sein Herz schnitt, und schloss die Augen. „Aber ich konnte nicht aufhören. Wir waren ausgebrannt. Voller Angst. Allein. Unser Zusammensein war das Einzige, was uns aufrecht hielt.“
Sein Blick traf den ihren. „Als ich begriff, dass ich mich in sie verliebt hatte, war es bereits zu spät.“
VERLIEBT.
Das Wort hallte hohl in der beengten Hütte wider. Emily zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen. Das langsame, quälende Glühen von Eifersucht stieg in ihr auf. Sie wusste, dass es engstirnig und erbärmlich von ihr war, auf eine Frau aus Zacks Vergangenheit eifersüchtig zu sein. Erst recht wenn diese Frau nichts weiter war als ein Geist, der ihn verfolgte. Dennoch empfand sie Eifersucht.
„Was ist mit ihr geschehen?“, fragte sie.
Er wandte sich ab und ging zum Kamin, wo er in die Flammen starrte. „MIDNIGHT hatte uns mit einem Funksender ausgestattet, damit wir gelegentlich einen Bericht abgeben konnten. Wir hatten den Sender in einem wasserdichten Koffer versteckt, den wir mehrere Meilen von dem Camp entfernt vergraben hatten. Wir sollten uns alle zwei Tage melden. Um über alle Aktivitäten und Pläne zu berichten. Um unsere Kontaktperson wissen zu lassen, dass wir wohlauf waren. Weil es sehr riskant war, übernahm ich meistens diese Aufgabe. Ich erledigte das nachts. Schlich mich an den Wachen vorbei und stahl mich aus dem Camp. Ich konnte zwei Meilen in etwa neun Minuten laufen. Eine kleine Schaufel hatte ich neben einigen Felsen versteckt. Ich brauchte ungefähr eine Minute, um den Koffer auszugraben. Dann richtete ich die Antenne aus und verbrachte etwa zwei Minuten damit, alle gesammelten Informationen weiterzugeben. Danach verbuddelte ich den Koffer wieder, legte die Schaufel zurück in ihr Versteck und kehrte unbemerkt ins Camp zurück. Es war ein relativ gutes System.“
„Es klingt unglaublich gefährlich“, meinte Emily.
„Das war es.“ Zack fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Als sie eines Nachts wieder zu mir ins Zelt kam, sagte ich ihr, dass wir damit aufhören müssten. Ich erklärte ihr, dass wir die
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