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Starkes Gift

Starkes Gift

Titel: Starkes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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– ich habe gerade gedacht, daß die Vorsehung ruhig einmal eine Rinderkeule wachsen lassen könnte, an der eine alleinstehende Person sich nicht tot ißt.«
    »Ja – man wird der ewigen Steaks und Koteletts allmählich überdrüssig.«
    »Und Schweinefleisch ist so schwer verdaulich.«
    »Ganz recht. Nun, dann sollten Sie das Junggesellinnendasein eben aufgeben, Miss Murchison.«
    Miss Murchison kicherte.
    »Das kommt aber plötzlich, Mr. Urquhart.«
    Mr. Urquhart errötete unter seiner sonderbar fleckigen Haut.
    »Gute Nacht«, sagte er abrupt und eisig.
    Miss Murchison lachte sich eins, während er davonstolzierte.
    »So, den wäre ich los. Es ist immer ein Fehler, sich bei Untergebenen anzubiedern. Das nutzen sie aus.«
    Sie sah ihm nach, bis er auf der anderen Seite des Platzes verschwand, dann ging sie durch die Princeton Street zurück, überquerte die Bedford Row und betrat von neuem das Bürohaus. Eben kam die Putzfrau die Treppe herunter.
    »Tja, Mrs. Hodges, ich bin’s schon wieder! Könnten Sie mich noch mal reinlassen? Ich habe ein Seidenmuster liegenlassen. Wahrscheinlich ist es in meinem Schreibtisch, oder ich hab’s auf dem Flur verloren. Haben Sie es zufällig gesehen?«
    »Nein, Miss, ich war noch nicht in Ihrem Büro.«
    »Dann werde ich noch einmal danach suchen. Dabei wollte ich vor halb sieben damit bei Bourne Hollingworth sein. Es ist einfach ärgerlich.«
    »Ja, Miss, und wo die Busse immer so voll sind. Hier, bitte, Miss.«
    Sie öffnete die Tür, und Miss Murchison schlüpfte hinein.
    »Soll ich Ihnen suchen helfen, Miss?«
    »Danke, nein, Mrs. Hodges, machen Sie sich keine Umstände. Es kann ja nicht weit sein.«
    Mrs. Hodges nahm ihren Eimer und ging ihn am Hahn im Hinterhof füllen. Kaum waren ihre schweren Schritte wieder in den ersten Stock gegangen, verschwand Miss Murchison im hinteren Büro.
    »Ich will und muß sehen, was hinter diesem Paneel steckt.«
    Die Häuser in der Bedford Row sind alle im Hogarth-Stil gebaut, groß, symmetrisch und von besseren Tagen zeugend. Die Wandtäfelungen in Mr. Urquharts Büro waren durch häufige Anstriche entstellt, aber hübsch im Muster, und über dem Kaminsims verlief ein für diese Periode etwas zu blühendes Feston mit Blumen und Früchten und einem bebänderten Körbchen in der Mitte. Wenn das Paneel von einer versteckten Feder geöffnet wurde, befand sich der Knopf dafür bestimmt in diesem Schnitzwerk. Miss Murchison zog einen Stuhl zum Kamin und ließ ihre Finger rasch über das Feston gleiten, schob und drückte mit beiden Händen, während sie die Ohren nach Störenfrieden spitzte.
    So eine Suche ist leicht für einen Experten, aber Miss Murchison kannte Geheimverstecke nur aus Romanen; sie fand nicht den richtigen Dreh. Nach fast einer viertel Stunde war sie der Verzweiflung nahe.
    Stampf – stampf – stampf – Mrs. Hodges kam die Treppe herunter.
    Miss Murchison sprang so schnell von der Täfelung zurück, daß der Stuhl wegrutschte und sie sich nur vor einem Sturz bewahren konnte, indem sie sich mit Macht gegen die Wand warf. Sie stellte den Stuhl an seinen Platz, sah auf – und da stand das Paneel weit offen.
    Zuerst glaubte sie an ein Wunder, aber dann begriff sie, daß sie sich im Fallen seitlich an dem Paneel abgestützt hatte. Die Holzverkleidung war ein Stück zur Seite gerutscht, und dahinter befand sich ein Innenpaneel mit einem Schlüsselloch in der Mitte.
    Sie hörte Mrs. Hodges im Vorzimmer, aber sie war zu aufgeregt, um sich groß zu sorgen, was Mrs. Hodges denken könnte. Sie schob einen schweren Stuhl vor die Tür, so daß niemand ohne Lärm und Schwierigkeiten hereinkommen konnte. Im nächsten Augenblick hatte sie Blindekuh-Bills Dietriche in der Hand – welch ein Glück, daß sie sie noch nicht zurückgegeben hatte. Welch ein Glück auch, daß Mr. Urquhart sich ganz auf das Versteck verlassen und es nicht für nötig gehalten hatte, auch noch ein Sicherheitsschloß anzubringen!
    Ein paar rasche Handgriffe, und das Schloß drehte sich. Sie zog das Türchen auf.
    Drinnen lag ein Bündel Papiere. Miss Murchison überflog sie – zuerst schnell, dann noch einmal, und machte ein verwundertes Gesicht. Es waren Quittungen für Wertpapiere – Aktien – Megatherium Trust – die Namen dieser Fonds kamen ihr doch so bekannt vor – wo hatte sie nur …?
    Plötzlich mußte Miss Murchison sich setzen, das Bündel Papiere in der Hand. Ihr wurde ganz schwindlig.
    Schlagartig war ihr klar geworden, was aus

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