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Starkes Gift

Starkes Gift

Titel: Starkes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Murchison. Daran haben wir nicht gedacht. Die Wasserflasche – ja doch – die Idee ist Gold wert. Du erinnerst dich, Charles, wie in dem Fall Bravo der Verdacht geäußert wurde, ein unzufriedener Dienstbote habe Brechweinstein in die Wasserflasche getan. Ah, Bunter – da sind Sie ja! Wenn Sie das nächstemal mit Hannah Händchen halten, fragen Sie sie doch mal, ob Boyes vor dem Abendessen Wasser aus der Flasche in seinem Zimmer getrunken hat.«
    »Verzeihung, Mylord, diese Möglichkeit war mir bereits in den Sinn gekommen.«
    »So?«
    »Ja, Mylord.«
    »Sie übersehen nie etwas, Bunter?«
    »Ich bemühe mich, Eure Lordschaft zufriedenzustellen.«
    »Dann reden Sie nicht wie Butler Jeeves. Das kann ich nicht vertragen. Was ist nun mit der Flasche?«
    »Ich wollte, als die Dame eintraf, Mylord, gerade sagen, daß ich bezüglich der Wasserflasche einen etwas eigentümlichen Umstand festgestellt habe.«
    »Jetzt kommen wir endlich irgendwohin«, sagte Parker und klappte eine neue Seite in seinem Notizbuch auf.
    »Soviel würde ich noch nicht sagen, Sir. Hannah hat mir berichtet, sie habe Mr. Boyes bei seiner Ankunft auf sein Zimmer geführt und sich sofort zurückgezogen, wie es ihr zukam. Sie habe jedoch kaum die Treppe erreicht gehabt, da habe Mr. Boyes den Kopf zur Tür herausgestreckt und sie zurückgerufen. Dann habe er sie gebeten, seine Wasserflasche zu füllen. Sie habe sich über diese Bitte sehr gewundert, da sie sich noch genau erinnern konnte, die Flasche gefüllt zu haben, als sie das Zimmer in Ordnung brachte.«
    »Könnte er sie selbst geleert haben?« fragte Parker gespannt.
    »Jedenfalls nicht in seinen Magen, Sir – dazu hätte die Zeit nicht gereicht. Auch war das Trinkglas nicht benutzt. Außerdem war die Flasche nicht nur leer, sondern innen ganz trocken. Hannah hat sich für ihre Nachlässigkeit entschuldigt und die Flasche sofort ausgespült und neu gefüllt.«
    »Merkwürdig«, sagte Parker. »Aber es ist wohl anzunehmen, daß sie die Flasche doch nicht gefüllt hatte.«
    »Verzeihung, Sir. Hannah war von dem Vorfall so überrascht, daß sie darüber mit Mrs. Pettican, der Köchin, gesprochen hat, die ihr sagte, sie könne sich genau erinnern, Hannah die Flasche morgens füllen gesehen zu haben.«
    »Nun denn«, sagte Parker, »dann muß Urquhart oder jemand anders die Flasche geleert und ausgetrocknet haben. Aber warum? Was tut einer denn normalerweise, wenn er seine Wasserflasche leer vorfindet?«
    »Er läutet«, sagte Wimsey prompt.
    »Oder ruft um Hilfe«, ergänzte Parker.
    »Oder«, sagte Miss Murchison, »wenn er nicht gewöhnt ist, bedient zu werden, nimmt er sich etwas Wasser aus der Waschkaraffe.«
    »Ach ja! … Natürlich, Boyes führte doch eigentlich ein mehr oder weniger bohemehaftes Leben.«
    »Das wäre allerdings ein ziemlich idiotischer Umweg«, fand Wimsey. »Es wäre viel leichter gewesen, gleich das Wasser in der Flasche zu vergiften. Warum erst die Aufmerksamkeit darauf lenken, indem man es etwas schwieriger macht? Außerdem war kein Verlaß darauf, daß das Opfer die Waschkaraffe nehmen würde – was er ja auch prompt nicht getan hat.«
    »Und vergiftet wurde er«, sagte Miss Murchison, »demnach war also das Gift weder in der Karaffe noch in der Flasche.«
    »Nein – ich fürchte, aus der Flasche wie der Karaffe ist nichts herauszuholen. Eitel, eitel, eitel alle Freude – Tennyson.«
    »Trotzdem«, sagte Parker, »überzeugt mich dieser Vorfall restlos. Irgendwo ist mir das zu perfekt. Wimsey hat recht; so ein unangreifbares Alibi ist unnatürlich.«
    »Mein Gott«, rief Wimsey, »wir haben Charles Parker überzeugt! Mehr brauchen wir nicht. Er ist ein härterer Brocken als jede Geschworenenbank.«
    »Stimmt«, meinte Parker bescheiden, »aber ich denke eben auch logischer, glaube ich. Und ich lasse mich nicht von Staatsanwälten ins Bockshorn jagen. Mir wäre jedenfalls wohler, wenn wir ein paar handfestere Beweise hätten.«
    »Versteht sich. Du willst echtes Arsen sehen. Nun, Bunter, wie steht’s damit?«
    »Die Apparaturen stehen bereit, Mylord.«
    »Sehr schön. Dann wollen wir mal hingehen und sehen, ob wir Mr. Parker geben können, was er haben will. Geh voran, wir folgen.«
    In einem kleinen Appartement, das gewöhnlich Bunters fotografischen Arbeiten diente und über ein Waschbecken, eine Bank und einen Bunsenbrenner verfügte, war die für die Marshsche Arsenprobe notwendige Apparatur aufgebaut. Das destillierte Wasser blubberte schon still im

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