Starkes Gift
angeknackst war, worauf er noch gesagt hat: ›Dann nehmen wir das heute abend fürs Omelett, Hannah‹, und ich hab eine frische Schüssel aus der Küche geholt und sie sofort hineingelegt, das angeschlagene und drei andere, und danach hab ich sie nicht mehr angerührt, bis ich sie abends an den Tisch brachte. ›Und außerdem, Sir‹, hab ich gesagt, ›sind die restlichen acht von dem Dutzend noch da, und Sie können sich selbst überzeugen, daß sie alle gut und vollkommen frisch sind‹. Hab ich das nicht gesagt, Köchin?«
»Stimmt, Hannah. Und das Hühnchen, das war wirklich ein Gedicht. So jung und zart, daß ich damals zu Hannah gesagt habe, es ist eigentlich zu schade zum Schmoren, das wäre gebraten viel besser. Aber Mr. Urquhart ist nun mal ganz versessen auf geschmortes Hühnchen; er sagt, so hat es ein viel besseres Aroma, und ich muß zugeben, daß da was Wahres dran ist.«
»In einer guten Rinderbrühe gegart«, erklärte Mr. Bunter sachkundig, »die Gemüse in Schichten übereinander, als Grundlage nicht zu fetten Speck und das Ganze gut gewürzt mit Salz, Pfeffer und Paprika, dann geht kaum etwas über ein geschmortes Hühnchen. Ich persönlich empfehle noch ein ganz klein wenig Knoblauch, aber das ist natürlich nicht jedermanns Geschmack, das weiß ich.«
»Ich kann das Zeug nicht sehen oder riechen«, gestand Mrs. Pettican ehrlich, »aber ansonsten bin ich ganz Ihrer Meinung, und in die Brühe müssen unbedingt die Innereien mit rein, und ich persönlich bin außerdem auch noch für Pilze, je nach Jahreszeit, aber keinesfalls aus Dosen, denn die sehen zwar hübsch aus, aber sie haben nicht mehr Geschmack als Stiefelknöpfe, wenn überhaupt soviel. Aber das Geheimnis liegt in der Zubereitung, wie Sie ja auch wissen, Mr. Bunter: den Deckel schön fest zu, um das Aroma zu halten, und langsam garen, damit die Säfte schön ineinanderlaufen und sich gut vermischen können. Ich will nicht leugnen, daß so was eine Köstlichkeit ist, wie Hannah und ich auch festgestellt haben, obwohl ich Brathühnchen ja auch sehr gern mag, wenn es eine gute Füllung hat, damit es nicht so trocken ist. Aber von Braten wollte Mr. Urquhart nun mal absolut nichts wissen, und da er schließlich alles bezahlt, hat er auch das Recht, zu bestimmen.«
»Eins steht jedenfalls fest«, sagte Bunter, »wenn an dem Hühnchen etwas nicht gestimmt hätte, wären Sie und Miss Westlock bestimmt nicht so davongekommen.«
»Allerdings«, sagte Hannah. »Ich will nämlich nicht verschweigen, daß wir beide mit einem guten Appetit gesegnet sind und alles restlos aufgegessen haben, bis auf ein kleines Stückchen, das ich der Katze gegeben habe. Mr. Urquhart wollte am nächsten Tag die Reste sehen und war anscheinend ganz schön ärgerlich, daß nichts mehr davon da war, und das Geschirr war auch schon gespült – als ob in dieser Küche jemals das Geschirr über Nacht gestanden hätte!«
»Ich könnte mich ja selbst nicht ertragen, wenn ich den Tag mit schmutzigem Geschirr anfangen müßte«, erklärte Mrs. Pettican. »Ein paar Tropfen Suppe waren noch übrig – nicht viel, nur ein Löffelvoll, und damit ist Mr. Urquhart nach oben gegangen, um sie dem Doktor zu zeigen, und der hat davon gekostet und gesagt, daß sie sehr gut ist; das hat uns Schwester Williams gesagt, obwohl sie selber nicht davon gekostet hat.«
»Und der Burgunder«, sagte Hannah Westlock, »der war ja das einzige, von dem Mr. Boyes allein was genommen hat, und da hat mir Mr. Urquhart gesagt, ich soll ihn wieder fest verkorken und aufheben. Wie gut, daß wir das getan haben, denn die Polizei wollte ihn dann natürlich sehen.«
»Das war aber sehr weitblickend von Mr. Urquhart, solche Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen«, meinte Bunter, »wo doch um diese Zeit noch alle geglaubt haben, daß der arme Kerl eines natürlichen Todes gestorben ist.«
»Das hat auch Schwester Williams gesagt«, erwiderte Hannah, »aber wir haben es uns damit erklärt, daß er doch Rechtsanwalt ist und weiß, was zu tun ist, wenn jemand plötzlich stirbt. Und wie genau er’s genommen hat – ich mußte sogar ein Stück Heftpflaster drüberkleben und meine Anfangsbuchstaben draufschreiben, damit sie keiner versehentlich öffnete. Schwester Williams hat immer gesagt, er hat von vornherein mit einer Untersuchung gerechnet, aber nachdem Dr. Weare ja auch da war und gesagt hat, daß Mr. Boyes solche Anfälle schon sein ganzes Leben lang gehabt hat, war es natürlich gar keine
Weitere Kostenlose Bücher