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Starkes Gift

Starkes Gift

Titel: Starkes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Frage, daß der Totenschein ausgestellt wurde.«
    »Natürlich nicht«, sagte Bunter, »und dann hat sich ja gezeigt, was für ein Glück es war, daß Mr. Urquhart so genau wußte, was er zu tun hatte. Wie oft hat Seine Lordschaft schon erlebt, daß ein Unschuldiger fast an den Galgen gekommen wäre, nur weil er solche einfachen kleinen Vorsichtsmaßnahmen nicht ergriffen hatte.«
    »Und wenn ich mir vorstelle, wie wenig gefehlt hätte, und Mr. Urquhart wäre um die Zeit gar nicht zu Hause gewesen, kriege ich jetzt noch Zustände«, sagte Mrs. Pettican. »Er war nämlich weggerufen worden, zu dieser lästigen alten Frau, die immerzu im Sterben liegt und doch nie stirbt. Jetzt ist er ja auch wieder dort – bei Mrs. Wrayburn oben in Windle. Stinkreich soll sie sein, und niemandem mehr zu etwas nütze, weil sie schon ganz kindisch ist, wie es heißt. Und als junge Frau soll sie überhaupt nichts getaugt haben, so daß alle andern Verwandten nichts mit ihr zu tun haben wollten, nur Mr. Urquhart, und ich glaube, er würde sich auch nicht mit ihr abgeben, wenn er nicht ihr Anwalt wäre, und da hat er nun mal die Pflicht.«
    »Ja ja, Pflicht und Neigung passen nicht immer zusammen, wie Sie und ich am besten wissen, Mrs. Pettican«, bemerkte Mr. Bunter.
    »Die Reichen«, sagte Hannah Westlock, »finden immer welche, die ihre Pflicht für sie tun. Ich gehe soweit, zu behaupten, daß Mrs. Wrayburn auch keinen gefunden hätte, wenn sie arm wäre, Großtante hin, Großtante her; ich kenne doch Mr. Urquhart.«
    »Aha!« machte Bunter.
    »Ich will ja nichts gesagt haben«, fuhr Miss Westlock fort, »aber Sie und ich, Mr. Bunter, wissen doch, wie es auf der Welt zugeht.«
    »Dann darf ich wohl annehmen, daß Mr. Urquhart nicht schlecht dabei fahren wird, wenn die alte Dame sich aus dem Staub macht«, mutmaßte Bunter.
    »Das mag sein, wie es will; er redet ja nicht viel«, sagte Hannah, »aber man kann sicher sagen, daß er nicht immer seine Zeit opfern und nach Westmoreland reisen würde, wenn für ihn nichts dabei herauskäme. Obwohl ich mir ja nicht die Finger an Geld schmutzig machen würde, das einer nicht sauber verdient hat. Da liegt kein Segen drauf, Mr. Bunter.«
    »Du hast gut reden, Mädchen, solange du nicht damit rechnen kannst, in Versuchung geführt zu werden«, sagte Mrs. Pettican. »Es gibt so manche große Familie im Königreich, von der man nie was gehört hätte, wenn da nicht mal einer es etwas weniger genau genommen hätte, als unsere Erziehung es erlaubt. Wenn man die Wahrheit wüßte, hätte da noch so mancher eine Leiche im Schrank.«
    »O ja«, sagte Bunter, »das glaube ich Ihnen gern. Ich habe schon Diamantkolliers und Pelzmäntel gesehen, da hätte ›Sündenlohn‹ draufstehen müssen, wenn das, was im Dunkeln geschah, von den Dächern gerufen worden wäre, Mrs. Pettican. Und da gibt es Familien, die tragen den Kopf Gott weiß wie hoch, obwohl es sie gar nicht gäbe, wenn nicht der eine oder andere König sich im falschen Bett amüsiert hätte, wie man so sagt.«
    »Es heißt auch, daß mancher von den feinen Herrschaften sich nicht zu fein war, ein Auge auf Mrs. Wrayburn zu werfen, als sie noch jung war«, ergänzte Hannah düster. »Königin Victoria hat ihr nie erlaubt, vor der königlichen Familie aufzutreten – sie wußte zuviel über ihren Lebenswandel.«
    »Ach, war sie Schauspielerin?«
    »Ja, und sehr schön soll sie gewesen sein; mir fällt nur nicht mehr ein, wie sie mit Künstlernamen hieß«, überlegte Mrs. Pettican. »Er war komisch, das weiß ich noch – so was Ähnliches wie Hyde Park. Dieser Mr. Wrayburn, den sie geheiratet hat, war ein Niemand – den hat sie sowieso nur geheiratet, um einen Skandal zu vertuschen. Zwei Kinder hatte sie – aber von wem, das würde ich mich nicht zu sagen trauen –, und die sind beide an der Cholera gestorben, was jedenfalls eine Strafe Gottes war.«
    »So hat Mr. Boyes es nicht ausgedrückt«, sagte Hannah mit selbstgerechtem Schnauben. »Der Teufel sorgt für die Seinen, hat er gesagt.«
    »Na ja, er hat so leichtsinnig dahergeredet«, sagte Mrs. Pettican, »was ja kein Wunder war, wenn man sich seinen Umgang ansieht. Aber er wäre schon noch ruhiger geworden, wenn er am Leben geblieben wäre. Er konnte sehr nett sein, wenn er wollte. Manchmal kam er hier zu uns rein und unterhielt sich über dies und das – richtig lustig war das.«
    »Sie haben ein viel zu weiches Herz für die Herren der Schöpfung, Mrs. Pettican«, sagte

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