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Starkes Gift

Starkes Gift

Titel: Starkes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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jetzt geht’s mir besser, und ich geh jetzt lieber nach Haus für den Fall, daß es wiederkommt.‹ Und damit lüftete er den Hut – er war wirklich ein Herr –, und weg war er.«
    »Was schätzen Sie, wieviel von dem Pulver er ins Glas getan hat?«
    »Oh, das war ’ne ganze Menge. Er hat es nicht abgemessen oder so was, sondern einfach aus dem Päckchen geschüttet. Es könnte fast ein Teelöffel voll gewesen sein.«
    »Und was ist mit dem Päckchen passiert?« half Parker nach.
    »Ja, jetzt kommt’s!« Mrs. Bulfinch warf einen Blick in Wimseys Gesicht und schien mit der Wirkung, die sie erzielt hatte, zufrieden zu sein.
    »Wir hatten gerade den letzten Gast rausgelassen – das muß so gegen fünf nach elf gewesen sein –, und George schloß eben die Tür ab, da sehe ich was Weißes auf dem Schemel liegen. Erst dachte ich, da hat einer sein Taschentuch verloren, aber wie ich es aufhebe, sehe ich, daß es ein Papierpäckchen ist. Ich sage zu George: ›Du, da hat dieser Herr seine Medizin vergessen.‹ George fragt, welcher Herr, und ich sag’s ihm, worauf er fragt: ›Was ist es denn?‹ Ich wollte nachsehen, aber das Etikett war abgerissen. Es war so eines von diesen Apothekerpäckchen, wissen Sie, wo die Enden hochgeklappt sind und das Etikett darübergeklebt wird, aber von dem Etikett war kein Fetzen mehr übrig.«
    »Konnten Sie nicht einmal feststellen, ob es schwarz oder rot beschriftet war?«
    »Hm – nein.« Mrs. Bulfinch überlegte. »Nein, das könnte ich nicht sagen. Jetzt, wo Sie danach fragen, kommt es mir so vor, als ob an dem Päckchen etwas Rotes gewesen wäre, irgendwo, aber mit Sicherheit kann ich mich da nicht erinnern. Ich könnte es nicht beschwören. Ein Name oder sonst etwas Gedrucktes war jedenfalls nicht drauf, denn ich hab ja versucht, nachzusehen, was es war.«
    »Sie haben wohl nicht gekostet?«
    »Ich nicht! Das hätte doch Gift oder so was sein können. Ich sage Ihnen nämlich, das war schon ein komischer Kunde.« (Parker und Wimsey wechselten einen Blick.)
    »Haben Sie das damals gleich gedacht?« erkundigte sich Wimsey. »Oder ist Ihnen der Gedanke erst später gekommen – nachdem Sie über den Fall gelesen hatten, verstehen Sie?«
    »Ich hab es natürlich gleich damals gedacht«, versetzte Mrs. Bulfinch ein wenig schnippisch. »Hab ich Ihnen nicht eben erst gesagt, daß ich deshalb nicht davon gekostet habe? Außerdem hab ich’s auch noch zu George gesagt. Und schließlich, wenn es kein Gift war, könnte es ja auch ›Schnee‹ gewesen sein. ›Rühr das Zeug besser nicht an‹, hab ich zu George gesagt, und er hat gemeint: ›Wirf’s doch ins Feuer.‹ Aber davon hab ich wieder nichts gehalten. Der Herr hätte ja wiederkommen können, um es zu holen. Also hab ich’s auf das Regal hinter der Bar gelegt, wo die Spirituosen stehen, und hab dann nicht mehr daran gedacht, bis gestern, als Ihr Polizist deswegen kam.«
    »Man hat dort schon nachgesehen«, sagte Parker, »aber anscheinend ist es nirgends zu finden.«
    »Dazu kann ich nichts sagen. Ich hab’s dahin getan, und im August bin ich von den Neun Ringen weg, daher weiß ich natürlich nicht, was daraus geworden ist. Wahrscheinlich haben sie’s beim Aufräumen weggeworfen. Moment mal – ganz stimmt das nicht, daß ich seitdem nicht mehr daran gedacht habe. Ich hab mal kurz daran gedacht, als ich in den News of the World über den Prozeß gelesen habe, und ich hab zu George gesagt: ›Es würde mich nicht wundern, wenn das der Herr wäre, der da eines Abends in die Neun Ringe gekommen ist und so elend aussah – stell dir das nur mal vor!‹ hab ich gesagt – nur so. Und George hat gemeint: ›Phantasier dir nichts zusammen, Gracie. Du willst doch sicher nichts mit der Polizei zu tun haben, oder?‹ Sehen Sie, George hat sich immer aus allem herausgehalten.«
    »Es war aber schade, daß Sie sich nicht gemeldet haben«, sagte Parker streng.
    »Na ja, woher sollte ich denn wissen, daß es wichtig war? Der Taxifahrer hat ihn ja kurz darauf gesehen, und da war er schon so krank, also kann es mit dem Pulver gar nichts zu tun gehabt haben, wenn es der überhaupt war, was ich ja auch nicht einmal sicher wußte. Und außerdem hab ich sowieso erst davon gehört, als der Prozeß schon vorbei war.«
    »Es wird einen neuen Prozeß geben, und dort müssen Sie wahrscheinlich aussagen«, sagte Parker.
    »Sie wissen ja, wo Sie mich finden«, antwortete Mrs. Bulfinch tapfer. »Ich laufe schon nicht weg.«
    »Jedenfalls sind wir

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