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Stars & Stripes und Streifenhörnchen

Titel: Stars & Stripes und Streifenhörnchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Streck
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wieder eine Eingebung. »Wisst ihr, dass in der Verfassung von New Mexico steht, dass Idioten hier nicht wählen dürfen? Artikel sieben, Ehrenwort.« Wussten wir nicht. Es ist bei näherer Betrachtung vielleicht das sinnvollste Gesetz im Land. Wir wünschten uns noch auf den Treppen des Senatsgebäudes dieses fabelhafte Gesetz nicht nur für New Mexico, sondern Idioten-Wahlverbot für ganz Amerika. Es hätte dieser wundervollen Nation und der ganzen Welt gleich zweimal viel Kummer erspart.





»Danke und bis bald«
Gäste, Grünkohl und blaue Pillen
    Wir haben viel Besuch. Viel Besuch ist gar kein Ausdruck. Besuch ist immer. Wir haben so viel Besuch, dass die Frau des Hauses beschloss, ein Gästebuch zu führen, um den Überblick zu behalten. Zwei Gästebücher sind inzwischen voll. Wir teilen die Gäste – inoffiziell – in die Kategorien »liebe Freunde«, »Freunde«, »enge Familie«, »Verwandte«, »gute Bekannte«, »Bekannte«, »flüchtige Bekannte« und hernach in die vier Unter-Kategorien »ganz easy«, »easy«, »okay« und »anstrengend« ein, die sich dann noch einmal gabeln in die vier Unter-Unter-Kategorien: »Dürfen gerne wieder kommen«, »Dürfen wieder kommen«, »Dürfen in Notfällen wieder kommen« und »Bloß nie wieder«.
    Grundsätzlich ist gegen Besuch aus Deutschland nichts einzuwenden, »Bloß nie wieder« passiert eher nie. Es ist nur so, dass sich irgendwann der Reiz verliert, dem lieben Besucher aus Deutschland zu erklären, wie und wo er in New York Broadway-Tickets kauft, wie die U-Bahn funktioniert, was ein Express-Zug ist, wie man auf das Empire State Building und das Rockefeller Center gelangt und wie man in Restaurants die korrekte Summe Trinkgeld errechnet, »double the tax«. Diesen Teil des Vortrags könnten wir uns eigentlich sparen, weil wir meistens zahlen im Restaurant. Der Vortrag für New Yorker Erstbesucher beinhaltet auch einen kleinen Exkurs für den Fall, dass sich der Besuch in Manhattan verirren sollte. Die Frau fasst das unnachahmlich schön zusammen: »Amerikaner sind im Gegensatz zu Deutschen ungeheuer freundliche und hilfsbereite Menschen. Solltet ihr euch verlaufen, stellt euch an eine Straßenecke, blättert in einem Stadtführer, macht ein ratloses Gesicht und zählt bis zehn. Spätestens bei fünf steht ein freundlicher New Yorker neben euch und bietet Hilfe an.«
    Manchmal spielen wir das Kinderspiel »Schere, Stein, Papier«, und der Verlierer muss dann den Einführungsvortrag für New-York-Neulinge halten. Meistens verliert der Mann des Hauses, weil er »Schere, Stein, Papier« schon als Kind nicht besonders gut konnte und regelmäßig verlor, wenn wir beim Fußball darum spielten, wer Anstoß hat. Die ältere Tochter regte sogar an, wir sollten einfach Kassetten besprechen wie jene, die sie in New York in Museen verteilen. Sie sagte, damit könne man sogar ein Geschäft machen, »wir bieten das auf Englisch und Deutsch an, und Tante Rieke lebt doch in Frankreich und könnte den französischen Teil übernehmen.«
    Wir verwarfen diese Idee, aber schlecht war sie nicht.
    Zuweilen wohnten bis zu zehn Gäste gleichzeitig in unserem Potemkinschen Haus, vier Erwachsene und sechs Kinder, unsere nicht eingerechnet. Nichts gegen Kinder. Alle sollten welche haben. Es ist nur so, dass vier Erwachsene und sechs Kinder, davon drei Kleinkinder, nach einem langen Arbeitstag im Büro die Chancen auf Erholung erheblich reduzieren.
    Unsere amerikanischen Freunde fragen uns gelegentlich, wie wir das durchstehen mit den vielen Menschen bei uns im Haus, wenn wieder mal ein Leihwagen neben unserer Garagenhütte steht, und Nachbar David konstatierte: »Ihr habt kein Haus, ihr habt ein Hotel.« Der einzige Unterschied ist, dass wir keine Zimmerschlüssel haben, aber dafür Vollpension, freie Minibar und sogar Taxi-Service.
    Unser allererster Gast, im folgenden P. genannt, kam am 9. September 2001. Wir schliefen noch auf Matratzen, wir hatten einen Tisch und vier Stühle, aber schon einen Grill, weil ein Grill in Amerika genau so wichtig ist wie ein Auto oder ein Fernseher. Ohne Grill, ohne richtig großen Grill, bist du ein Nichts in Amerika. Wir kauften einen richtig großen Grill, und das war eine kluge Entscheidung. Also grillten wir, saßen auf Holzstufen und aßen Wurst von Papptellern und fütterten mit Brotresten die niedlichen Streifenhörnchen, bis die Nachbarskatze »Bad Cat« zum Dinner erschien und ein Streifenhörnchen verzehrte.
    Der Besucher zählte zur

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